Lotichius Secundus, Petrus (1528-1560)

Leben: Am 2. November 1528 in Niederzell bei Schlüchtern (Hessen) geboren, besuchte P.L.S. die von seinem Onkel Petrus Lotichius (Peter Lotz) gegründete Klosterschule in Schlüchtern. Schon früh wurde er von dem bedeutenden Gelehrten und Dichter Jacobus Micyllus in Frankfurt/M. zum lateinischen Dichten angeleitet. 1544 ging er zum Studium nach Marburg, bald darauf nach Leipzig zu Joachim Camerarius d.Ä. und von hier zu Melanchthon nach Wittenberg. Auch diese Lehrer erkannten sein außerordentliches poetisches Talent. Im Winter 1546/47 diente P.L.S. als Soldat der Schmalkaldischen Liga bei Magdeburg. 1548 Magister Artium in Wittenberg. 1550/51 als Reisebegleiter der Neffen des Würzburger Kanonikus Daniel Stibar in Paris. Ende 1551 begann P.L.S. in Montpellier ein Studium der Medizin und Botanik, das er Ende 1554 in Padua fortsetzte und 1556 in Bologna mit der Doktorpromotion abschloss. 1557 wurde er von Kurfürst Ottheinrich als Professor der Medizin und Botanik nach Heidelberg berufen, wo sich bald ein Kreis jüngerer Dichter um ihn scharte. Seit 1556 von periodischen Fieberanfällen heimgesucht, starb der größte deutsche Lyriker seiner Generation am 7. November 1560.

Werke (in Auswahl): Elegiarum liber; Carminum libellus. Paris, 1551.- Elegiarum liber secundus; Venator. Lyon, 1553.- Carminum libellus. Bologna, 1556.- Poemata. [Vorrede: J. Camerarius] Leipzig, 1563.- Opera omnia. [Mit Vita, verfaßt von Johannes Hagius] Leipzig, 1586.- Poemata omnia. Recensuit, notis et praefatione instruxit Petrus Burmannus Secundus. Amsterdam, 1754. 2 Bde. (ND Hildesheim, 1999). Vgl. außerdem: Delitiae Poetarum Germanorum Bd.3, S.1297, - Karlsruher Virtueller Katalog, - VD 16

Literatur (in Auswahl): Allgemeine Deutsche Biographie Bd.19, S.270-271 (Cuno), - Füssel S.529-544 (Coppel), 545, 548, 550f, - Neue Deutsche Biographie 15, S. 238-240.- DLL 9, Sp. 1693f.- Killy 7, S. 352-355.- Ellinger 2, S. 340-395.- Wiegand, Hodoeporica S. 203-214, 506f.- DDFN S. 529-544 (B. Coppel).- Hum. Lyr. S. 395-497, 1178-1239.- A. Schröter: Beiträge zur Geschichte der neulateinischen Poesie Deutschlands und Hollands. Berlin, 1909, S. 36-128.- W. Ludwig: P.L.S. and the Roman Elegists. In: R.R. Bolgar (Hg.): Classical Influences in European Culture A.D. 1500-1700. 1976, S. 171-190; auch in: Ludwig: Litterae neolatinae, 1989, S. 202-217.- B. Coppel: Bericht über Vorarbeiten zu einer neuen Lotichius-Edition. In: Daphnis 7 (1978), S. 55-106.- S Zon: P.L.S. Neo-Latin Poet. 1983.- B. Henneberg: Die Hirtengedichte des P.L.S. (1528-1560). Text - Übersetzung - Interpretation. Diss. Freiburg i.Br. 1985.- Unsere Heimat (Schlüchtern) 1 (1985), mit Beiträgen von B. Coppel, E. Schäfer, H. Wiegand u.a.- W. Kühlmann: Pagane Frömmigkeit und lyrische Erlebnisfiktion: Präsenz und Funktion des antiken Mythos in P.L.S. Elegie 'Ad Lunam'. Im Druck. - U. Auhagen, E. Schäfer (Hg.), Lotichius und die römische Elegie, [2. Freiburger Symposion zur Rezeption der Antike in der Neulateinischen Literatur], Tübingen 2001 (= NeoLatina ; 2).

Zur vorliegenden Edition: Der unmittelbar nach dem Tod des Dichters unter Mitwirkung seines Lehrers und Freundes J. Camerarius d.Ä. veranstalteten Sammelausgabe (Poemata. Leipzig: Vögelin, 1561. [14], 211, [4] S.) folgte schon 1563 eine vermehrte und verbesserte Ausgabe, die noch mehrmals aufgelegte sog. 'vulgata' ([6] Bl., 242 S.). Die 'Opera omnia' (Leipzig: Steinmann, 1586. [18], 583, [1] S.), von Johannes Hagius, einem Jugendfreund des Dichters, herausgegeben, enthalten zahlreiche weitere Gedichte und Prosatexte des Autors sowie seine Vita aus der Feder des Freundes. Wir reproduzieren ein in der Universitätsbibliothek Mannheim verfügbares Exemplar der Ausgabe von 1603, die der von 1586 entspricht. Noch Pieter Burman legte diesen Text seiner großen, kommentierten Ausgabe zugrunde (s.o.), wobei er Graphie und Interpunktion dem Usus seiner Zeit anpaßte.

Aspekte des poetischen Werks: Das Oeuvre des Lotichius ist als die bedeutendste Erlebnislyrik eines deutschen Autors vor Klopstock bezeichnet worden (G. Ellinger, Geschichte der neulateinischen Literatur Deutschlands im 16. Jh., Bd. 2, 1929). Die 1551, 1553 und 1556 erschienenen Gedichtbücher spiegeln die leidvollen Erfahrungen des Dichters: Kriegsdienst, unglückliche Liebe, Bedrohung durch Räuber und die Inquisition, Krankheit. Zugleich aber zeugen sie von einer Kunst der 'imitatio', mit der L. als 'poeta doctus' sein Erleben im Werk antiker und neuzeitlicher Vorgänger (Tibull, Ovid, Pontano u.a.) spiegelt. Anders als die vielen didaktisch und konfessionell 'engagierten' neulateinischen Poeten schafft P.L.S. eine eigene Sphäre, in der sich Welt- und Selbsterfahrung und poetische Schöpfung durchdringen. Im Lauf seines kurzen Lebens hat P.L.S. die ersten Druckfassungen seiner Gedichte intensiv überarbeitet. Sein Kunstverstand erzielt mit einer klassischen Diktion und unauffälligen Stilmitteln große Wirkungen.

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