Text and Translation submitted by Lothar Mundt.



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AGRICULTURAE SACRAE

Liber primus.

Thoma Naogeorgo authore.


Agricolas nunc deinde sacros artemque canemus
Mortales animos et pectora caeca colendi,
Nempe quid infectis vellendum[4] è cordibus, ante
Laeta Evangelii rectè quàm semina spargas;
Quo sint arva regenda modo, quae cura supersit,
Ne sata dispereant forsan loliumque nocivum
Subserat infernus rector vel germinet ipsum
Nativo arvorum vitio venaeque paternae.
    Hîc mihi tu potius priscis ignote poëtis
Vera Dei soboles expressaque patris imago,
Christe, fave: omnis namque tuum sapientia donum est,
Praestantesque tuo scripserunt munere vates.
Hîc tua res agitur, sancti tu causa laboris;
Tu das agricolas, tu spes quoque firma coloni,
In tua condentur felices horrea messes.
    Vos quoque magnanimi proceres lectique senatus
Conscripti patres, longè hoc iam tempore primi
Sanae doctrinae simul Aonidumque patroni,
Quod patria ipsa probat Berna et latissima vestris
Subiecta imperiis ditio. Nam vera docetur
Isthic[5] constanter pietas Christusque fidesque,

DES GEISTLICHEN LANDBAUS

Erstes Buch.

Von Thomas Naogeorgus.


Jetzt nun werden wir singen von den geistlichen Landbauern und von der Kunst, sterbliche Geister und verblendete Herzen zu bestellen: was nämlich aus den vergifteten Herzen ausgejätet werden muß, bevor man die fruchtbaren Samen des Evangeliums sachgerecht ausstreut; wie die Saatfelder zu bewirtschaften sind und welcher Pflege es noch bedarf, damit die Saaten nicht etwa zugrundegehen und der Fürst der Hölle nicht schädlichen Lolch dazusät oder dieser von selbst hervorsprießt aufgrund der ungünstigen natürlichen Beschaffenheit der Äcker und der vom Vater ererbten Anlage.
    Stehe vor allem du mir hierbei zur Seite, du den alten Dichtern unbekannter wahrer Sohn Gottes und deutliches Abbild des Vaters: Christus! Alle Weisheit ist doch dein Geschenk, und die herausragenden Dichter haben dank deiner Gnade geschrieben. Hier geht es um deine Sache, du bist der Grund heiligen Mühens; du bildest die Landbauer heran, du bist auch die feste Hoffnung des Pflanzers, deine Scheuern werden die glücklichen Ernten aufnehmen.
    Auch ihr, ihr hochherzigen Oberhäupter und beigeordneten Väter eines trefflichen Rates – lange schon steht ihr in unserem Zeitalter als Schirmherren der reinen Lehre und zugleich der Musen an vorderster Stelle: dies beweist ebenso euer heimatliches Bern selbst wie der eurer Staatsgewalt unterworfene äußerst umfangreiche Herrschaftsbereich – lehrt man doch hier beharrlich die wahre Frömmigkeit, Christus und den Glauben

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<2> Estque piis locus ingeniis studiisque probatis.
Vos non (ut multos) Christi pudet aut piget hostes
Innumeros inter caeco regnantis in orbe
Adque suum regnum cunctos in fine vocantis.
Carmina suscipite haec nostroque favete labori.
    Principiò mundum pater et mortalia corda
Integra condiderat iustosque ferentia fructus
Adque ipsum totis ultro tendentia nervis.
Quippe suam primùm perfectè inseverat illis
Notitiam simul et rationem in rebus acutam,
Florida quas tellus ferret, quas pontus et aer.
Omnibus et cretis, postquam omnipotentia luxit
Nominis inde sui maiestatisque tremendae,
Indiderat iustum, sic re poscente, timorem.
Qui trepidam ne quando fugam et lethale crearet
Fortè odium, iucundum illi sociarat amorem,
Ut maiestatis metus et reverentia magnae
Temperie summi pulchrè regeretur amoris.
Namque homines secum dominos terraeque marisque
Fecerat et vitae cives post fata beatae.
Interea verò et ventri providerat escas,
Arboreos foetus omneis herbasque virentes,
Cordibus unde inerat certae fiducia curae.
Quis talem dominum tam humanum tamque benignum
Non omni coleret studio et vehementer amaret?
Ne tamen haud essent etiam argumenta timoris
Contemptumque ingens favor atque opulentia ferrent,
Mandato tantum parêre edixerat uno:
Scilicet unius ne fructus arboris essent,
Quîs inerat virtus rectum pravumque sciendi,

und ist doch hier eine Heimstatt frommer Talente und bewährter Studien. Im Unterschied zu vielen Menschen schämt ihr euch Christi nicht und hegt keinen Widerwillen gegen ihn, der inmitten unzähliger Feinde in der verblendeten Welt regiert und am Ende alle in sein Reich rufen wird. Nehmt diese Dichtung entgegen und seid meinem Werke gewogen!
    Am Anfang hatte der Vater die Welt und die Herzen der Menschen makellos erschaffen; sie zeitigten einwandfreie Früchte und strebten mit allen Kräften freiwillig zu ihm hin. Freilich hatte er ihnen zuerst auf vollkommene Weise die Kenntnis seiner selbst und zugleich Scharfsinn in bezug auf alle Gegenstände eingepflanzt, die sich auf der blühenden Erde, im Meer und in der Luft befanden. Und da hieraus die Allmacht seines Namens und seiner furchtbaren Majestät hervorstrahlte, hatte er, wie es die Sache eben erheischte, allen Geschöpfen auch wohlbegründete Furcht eingegeben. Damit diese Furcht nicht etwa eines Tages ängstliche Scheu und tödlichen Haß erzeugte, hatte er ihr wohltuende Liebe beigesellt, so daß Schauder und Ehrfurcht im Angesicht seiner großen Majestät trefflich im Zaum gehalten wurden durch eine gehörige Mischung mit höchster Liebe. Er hatte die Menschen nämlich an seiner Seite zu Herren über Land und Meer und, nach ihrem Tode, zu Mitbürgern eines seligen Lebens gemacht. Für die Zwischenzeit aber hatte er auch vorsorglich Speise für den Bauch bereitgestellt: alle nur möglichen Baumfrüchte und grünenden Kräuter. Deshalb waren ihre Herzen erfüllt von festem Vertrauen auf die Zuverlässigkeit seiner Fürsorge. Wer hätte einen solchen Herrn, einen Herrn, der so menschlich und gütig war, nicht von ganzem Herzen verehren und heftig lieben sollen? Damit es aber auch nicht völlig an Gründen zur Furcht fehlte und das ungeheure Ausmaß an Begünstigung und Reichtum nicht Geringschätzung bewirkte, hatte er sich Gehorsam gegenüber nur einer einzigen Anordnung ausbedungen: daß sie nämlich die Früchte eines einzigen Baumes, denen die Kraft zur Erkenntnis des Guten und Bösen innewohnte, nicht essen sollten,

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<3> Ni vitam vellent acceptaque perdere dona.
Insuper hoc animis etiam plantaverat imis,
Quod quidem et utiliter reliquis animantibus antè
Natura dederat caecoque per intima motu,
Ne genus ipsi odisse suum, ne perdere vellent,
Fraterno verûm et prompto tuerentur amore
Inque vicem auxilio se consiliisque iuvarent.
Tam bona mortali plantarat semina corde
Omnipotens rerum sator et dimiserat agrum,
Consilio ut proprio fructus proferret amoenos.
    At Stygius princeps summo deiectus Olympo
Ante ob inauditum facinus motumque superbum,
Quàm coeli Dominum tam eius benefacta perosus,
Luminibus torvis hominem atque novalia pulchra
Aspexit studuitque satis diversa revulsis
Inserere, et sumpta serpentis imagine vafri
Mandatum suasit primo violare parenti,
Ut simul auferret iustum de corde timorem
Desineretque amor et fiducia certa favoris
Et vitiatus ager lethales gigneret herbas.
Nec frustra. Mulier siquidem persuasa comedit
Arboris infaustae fructum et porrexit edendum
Dotibus exculto summis charoque marito,
Vulnificis olim neglecta ut sentibus arva
Opplentur tribulisque scabris moestisque cicutis.
Haud secus extemplò magnorum Lerna malorum
Humano incubuit generi, totasque medullas
Noxia pervasit lethi plectenda flagellis.
Notitia ipsa Dei magnis obducta tenebris,
Inque aliis crassa premimur caligine rebus.

wenn sie des Lebens und der empfangenen Gaben nicht verlustig gehen wollten. Außerdem pflanzte er in der Tiefe ihrer Herzen ebendies ein, was er zuvor auch den übrigen Lebewesen von ihrer Natur her und durch einen ihr Innerstes durchwirkenden blinden Trieb – gewiß nutzbringend – mitgegeben hatte: dies nämlich, daß sie selbst kein Verlangen hatten, ihr Geschlecht zu hassen und zu vernichten, sondern es mit brüderlicher und zuvorkommender Liebe behüteten und sich gegenseitig mit Rat und Tat unterstützten. So treffliche Samen hatte der allmächtige Weltensämann dem menschlichen Herzen eingepflanzt und den Acker sich selbst überlassen, damit er aus eigenem Antrieb liebliche Früchte hervorbringe.
    Der Fürst der Hölle jedoch, der zuvor wegen unerhörter Freveltat – eines hochmütigen Aufstandes – aus dem höchsten Himmel geworfen worden war, beobachtete, voller Haß auf den Herrn des Himmels wie auf seine Wohltaten, den Menschen und die herrlichen neuen Äcker mit finsterem Blick und trachtete danach, die Saaten herauszureißen und etwas ganz anderes einzusäen. Und nachdem er die Gestalt der listigen Schlange angenommen hatte, überredete er die ersten Eltern, das Gebot zu brechen: damit wollte er ihrem Herzen gleichzeitig die gebührende Furcht entziehen; die Liebe und das unbeirrbare Vertrauen, geliebt zu werden, sollten verschwinden, und der verdorbene Acker sollte tödliche Kräuter zeitigen. Und der Erfolg blieb nicht aus. Da ja die Frau infolge der Überredung die Frucht des Unglücksbaumes aß und sie ihrem mit den vorzüglichsten Gaben reich ausgestatteten lieben Mann zum Essen reichte, wurden sie, wie vernachlässigte Äcker, künftighin überwuchert von Wunden verursachenden Dornensträuchern, rauhem Burzeldorn und trauerbringendem Schierling. Desgleichen bedrohte alsbald ein lernäischer See großer Übel das Menschengeschlecht, und sein ganzes Mark durchdrang die mit den Geißeln des Todes zu bestrafende Schuld. Sogar das Wissen von Gott verdunkelte sich stark, und auch auf anderen Gebieten wurden wir von dichter Finsternis heimgesucht.

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<4> Debitus expulsus timor et reverentia summi
Numinis, et refrixit amor, spes nulla favoris
Certaque divinae superest fiducia curae.
Successere odium, fuga contemptusque Tonantis.
Nil sani rectique cupit corrupta voluntas.
Si qua boni incessit faciundi fortè cupido,
Destituunt pigro fragiles in corpore vires,
Peccatumque trahit scelera ad maiora subinde
Nec sinit ad vitam directo pectora cursu
Ferri, sed contra Dominum noctesque diesque
Urget. Et urgendi quoque non magnus labor, ipsa
Ceu plumbum in praeceps ad noxam prona feruntur.
Nonne vides, illo quantum post terga relicto
Divini indignis passim impendantur honores?
Illius inque locum subeant hominesque lutumque,
Quodcunque è terrae venis Plutonis in umbra
Eruitur? Si rex hodie fortassis ad Horcum
Aut cras descensurus amico lumina vultu
Ad nos convertit parvoque impertit honore,
Copia splendentis si forsan suppetit auri,
Si gravat argentum loculos, si multa supellex
Gemmarum et vestis nos circum et in aedibus ardet,
Vallat amicorum si nos condensa corona
Multaque circundant bellantum millia celsos,
Heu quantus surgit tumor? et satis inde videmur
Provisi nobis atque omni ex parte beati?
Quàm medius spurcè digitus partesque pudendae
Monstrantur cunctorum hominum rerumque satori!
Maxima pars ventrem solo pro numine servat,
Illius et vitat sectaturque omnia iussu.

Die der höchsten Gottheit geschuldete Furcht und Ehrerbietung wurden vertrieben, die Liebe erkaltete, und keine Hoffnung auf Wohlwollen und kein sicheres Vertrauen auf die göttliche Fürsorge waren mehr vorhanden. An ihre Stelle traten Haß, Scheu und Verachtung gegenüber dem Donnerer. Der verderbte Wille begehrte nichts Unverdorbenes und Rechtes. Wenn etwa einmal die Begierde, Gutes zu tun, Eingang gefunden hat, so lassen die dem trägen Leib innewohnenden schwachen Kräfte sie im Stich, und die Sünde reißt das Herz sogleich zu größeren Freveltaten hin und gestattet nicht, daß es in geradem Lauf dem Leben zueilt, sondern drängt es Tag und Nacht zur Widersetzlichkeit gegen den Herrn. Und dieses Drängen bereitet ihr auch keine große Mühe: wie Blei in die Tiefe strebt, so treibt das Herz selbst bereitwillig auf die Schuld zu. Siehst du nicht, wie sehr überall, nachdem man dem Herrn den Rücken gekehrt hat, die Gott zukommenden Ehrungen unwürdigen Gegenständen gezollt werden? Und daß an seine Stelle Menschen treten und aller nur denkbare Unrat, der in der Finsternis Plutos aus den Adern der Erde herausgewühlt wird? Wenn ein König, der vielleicht heute oder morgen ins Totenreich niederfahren wird, uns freundlichen Antlitzes seinen Blick zuwendet und uns eine geringfügige Ehrung angedeihen läßt, wenn uns etwa glänzendes Gold in Hülle und Fülle zu Gebote steht, wenn unsere Schatulle schwer ist von Silber, wenn ein reichhaltiger Schatz von Juwelen und Gewändern an uns und in unserem Hause funkelt, wenn uns eine dichtgedrängte Schar von Freunden umgibt und wir in hoher Position von vielen Tausenden Kriegern umringt werden, ach, wie gewaltig schwillt uns da die Brust! Und scheint es uns darob nicht, wir seien ausreichend versorgt und in jeder Hinsicht glückselig? Wie säuisch weist man dem Sämann aller Menschen und Dinge den Mittelfinger und die Schamteile! Der größte Teil der Menschen umsorgt seinen Bauch als seine einzige Gottheit und richtet sich in seinem Tun und Lassen nach seinem Befehl.

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<5> Ingenii vires alii vel corporis altis
Imponunt aris et tanquam numen adorant.
Nemo adeat tantos Domino mandante labores,
Pro rebus quantos adit unusquisque caducis.
Nempe deos studium facit et metus acer amorque
Innumeros, atque interea contemnitur unus,
Qui solus salvat, vitam qui donat et aufert.
Quid non deinde mali caeca ignorantia gignit?
Contemptusve Dei? Tum sunt periuria cordi,
Nomine divino ludunt puerique senesque,
Sacri discrimen nullum nullumque prophani.
Quae fugienda Dei semper faciendaque iussu,
Supplicium est audire ingens et carcer acerbus.
Non imploratur pro ope, nec fiducia constat
Auxilii, magis et lapides et ligna vocantur
Atque is, qui miseros unus conservat et audit.
Tum nunquam merito dignantur honore parentes.
Crux est rectorem ferre aut parere magistris.
Quà lubet, est animus diruptis currere frenis.
Mox laesis calidus circum praecordia sanguis
Bullit et in caedes ruitur funestaque bella,
Calcanturque levem propter iura omnia causam.
Insuper illicito turpique ardetur amore,
Nec proprii alteriusque tori sacra iura tenentur,
Ipsaque foedantur scortorum corpora iunctu.
Quis nunc furtorum narret studium atque rapinae,
Sedulò quo primis vulgo sudatur ab annis?
Impostura placet cunctis fraudesque dolique,
Apparetque suave alienos carpere nummos.
At quod non animo, digitis vel possit aduncis

Andere stellen Kräfte des Geistes oder des Körpers auf hohe Altäre und beten sie an wie eine Gottheit. Niemand möchte sich wohl so großer Mühen unterziehen, wenn Gott sie beföhle, wie jeder um hinfälliger Dinge willen auf sich nimmt. Interesse, heftige Furcht und Liebe bringen nämlich zahllose Götter hervor, und unterdessen wird der eine verachtet, der allein die Rettung bringt, der das Leben schenkt und entzieht. Welche Übel zeitigen nicht fernerhin blinde Unkenntnis oder Verachtung Gottes! Des weiteren ist das Herz voller Treulosigkeit, Knaben und Greise treiben mit dem Namen Gottes ihr Spiel, zwischen Geistlichem und Weltlichem wird überhaupt kein Unterschied gemacht. Anzuhören, was nach dem Befehl Gottes für alle Zeit zu lassen und zu tun ist, bedeutet eine ungeheure Strafe und einen bitteren Kerker. Man fleht ihn nicht um Beistand an, es gibt kein festes Vertrauen auf seine Hilfe, und eher ruft man Steine und Hölzer an als den, der allein die Elenden erhält und erhört. Ferner werden die Eltern niemals geehrt, wie es ihnen zukommt. Es wird als Kreuz empfunden, einen Erzieher zu ertragen oder den Lehrern zu gehorchen. Man verlangt danach, die Zügel zu zerreißen und zu laufen, wohin es einem gefällt. Wenn jemand gekränkt wurde, kocht ihm sogleich das heiße Blut in der Brust; man stürzt sich in Mordtaten und verderbenbringende Kriege, und aus geringfügigem Anlaß tritt man alle Rechte mit Füßen. Außerdem entbrennt man in unerlaubter und schimpflicher Liebe: man respektiert die geheiligten Rechte weder des eigenen noch eines fremden Ehebundes und schändet die Leiber sogar durch die Vereinigung mit Huren. Wer wäre nun aber imstande, zu beschreiben, mit welchem Eifer gestohlen und geraubt wird: hierin plagt man sich allenthalben emsig von Kindesbeinen an! Alle haben Freude an Betrügerei, Übervorteilung und Arglist; fremdes Geld zu entwenden, stellt sich als eine angenehme Beschäftigung dar. Soweit man anderen aber nicht mit seinem Sinnen und Trachten oder mit gekrümmten Fingern

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<6> Detrimenti aliis adferri, id gnaviter ore
Pestiferaque satis lingua sarcire studetur.
Stringuntur dentes, furiale atrumque venenum
Spargitur immeritos contra meritosque vicissim.
Dissidium seritur, passim mendacia regnant,
Turpia funduntur promptè et spurcissima dicta.
Fictis decipitur simplex sermonibus, et cor
Omnibus in rebus longè dissentit ab ore.
Aestuat ut Pontus furiosis concitus austris
Volvitque ingentes undarum ad littora moles,
Haud aliter genus humanum noctesque diesque
Visceribus ructat mala designatque potenter,
Gaudet et insigni scelere irritasse Tonantem.
Non somni, Cererisque aut blandi dona Lyaei,
Commisso nisi flagitio capienda videntur.
    Cordibus humanis infernus talia Princeps
Semina mandavit corrupitque insita cuncta
Et pietatem omnem tenera adhuc oppressit in herba,
Tantum obscura boni pauca ut vestigia restent.
Quin simul in mortis laqueos induxit et iram
Ad vitam cretos homines laudemque Tonantis.
Protinus hanc etiam nudus persensit Adamus
Sementem Stygiam et nunquam reparabile damnum.
Consuit hinc folia et fugit seseque latebris
Abdidit, incertus vitae Dominique favoris,
Conspectum cuius vocemque horrebat acerbam,
Vulturis ut pulli fulvique armenta leonis.
Et quidem in aeternae mortis cum gente nepotum
Imperio duroque iugo mansisset et ira,
Ni pater omnipotens casum miseratus iniquum

Schaden zuzufügen vermag, ist man geflissentlich bemüht, diesen Mangel mit dem Mund und einer verderbenbringenden Zunge hinreichend wettzumachen. Man bleckt die Zähne und verspritzt gräßliches und unheilvolles Gift abwechselnd gegen Unschuldige und Schuldige. Man sät Zwietracht, überall herrschen Lügen, und leichthin werden schimpfliche und überaus säuische Redensarten ausgestoßen. Der Arglose wird mit vorgetäuschten Reden hintergangen, und in allen Dingen steht das Herz erheblich im Widerstreit mit dem Mund. Wie das Meer schäumend wogt und riesige Wellenmassen an die Gestade wälzt, wenn es von wütenden Südwinden in Aufruhr gebracht wurde, ebenso speit das Menschengeschlecht aus seinem Inneren Tag und Nacht Schlechtigkeiten aus und stiftet sie energisch an und freut sich, daß es den Donnerer mit einer hervorstechenden Freveltat erzürnt hat. Es scheint, daß die Gaben des Schlummers, der Ceres oder des betörenden Bacchus nur genossen werden können, nachdem man eine Schandtat begangen hat.
    Solcherlei Samen senkte der Fürst der Hölle in die Herzen der Menschen; er verdarb alles, was dort eingesät worden war und drückte alle Frömmigkeit noch im Stadium des zarten Aufsprießens nieder, so daß nur noch wenige undeutliche Spuren des Guten übrig sind. Ja er führte die Menschen, die zum Leben und zum Lobe des Donnerers entsprossen waren, zugleich in die Schlingen und den Zorn des Todes. Der nackte Adam erkannte sogleich in aller Deutlichkeit auch diese höllische Saat und den nie wieder gutzumachenden Schaden. Darauf heftete er Blätter aneinander, floh und versteckte sich, in Ungewißheit über das Leben und die Gunst des Herrn, vor dessen Anblick und strenger Stimme es ihn grauste wie die Hühnchen vor dem Anblick des Geiers und das Großvieh vor dem des braungelben Löwen. Und er wäre gewiß mitsamt seiner Nachkommenschaft unter der Herrschaft, dem harten Joch und dem Zorn des ewigen Todes verblieben, wenn sich der allmächtige Vater nicht über den schlimmen Sturz erbarmt

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<7> Adversum Satanae spinas semenque malignum
Antidotum semenque aliud vitale dedisset:
Verbum nempe suum et largi promissa favoris
De venturo homine, et sancto multumque potenti,
Qui caput astuti tereret serpentis et atrae
Imperium mortis culpasque resolveret omnis
Pro genere humano damnumque reponeret ingens,
Non sine mantissa, sed lucro et foenore magno.
Sensibus hoc imis sereret, mandavit Adamo,
Opprimeretque illo, si non evellere posset,
Seminia hostili penitus larga insita dextra,
Atque adeò agricolae munus pro seque suisque
Susciperet colubroque omnes opponeret artes,
Iugibus et votis coelestem pasceret imbrem,
Perque manus aliis artes munusque colendi
Salvificumque simul semen promissaque dia
Traderet, ut pietas rectè et fiducia vitae
Toto in perpetuum conservaretur in orbe,
Obviam et audacter praefecto iretur Averni.
Ille et divini vehementer semine verbi
Nec minus agricolae commisso munere laetus
Se Satanae opposuit dextrè excoluitque suum cor,
Urticas, tribulos et dira absinthia vellens,
Legitimumque iterum Domini concepit amorem,
Quem sacris aluit votisque probavit abundè.
Iusticiae fructus dilexit proque virili
Usque rebellantis carnis suggesta repressit.
Odit et omne malum et quaecunque invisa Tonanti.
Quicquid et admissum sceleris fuit antè, precatu
Et lacrymis tersit veris mentemque recepit

und gegen die Dornensträucher und den bösen Samen Satans ein Gegengift und einen anderen, Leben schaffenden Samen bereitgestellt hätte: sein Wort nämlich und die Verheißungen reicher Gnade hinsichtlich der Ankunft eines heiligen und überaus mächtigen Mannes, der das Haupt der listigen Schlange und die Herrschaft des finsteren Todes zertreten und anstelle des Menschengeschlechts für alle Schuld bezahlen und den ungeheuren Schaden ersetzen würde – und zwar nicht ohne Gewinn, sondern mit Profit und großem Zins. Er gebot Adam, dies tief ins Bewußtsein einzupflanzen und die von feindlicher Hand tief und reichlich eingesäten Saaten damit niederzuhalten, wenn er sie nicht auszureißen vermöchte. Oder vielmehr: er solle für sich und die Seinen die Arbeit eines Bauern verrichten, der Schlange mit allen Mitteln entgegenwirken und sich unter unablässigen Gebeten von himmlischem Naß ernähren; er solle den anderen die Kunst und Verrichtung des Landbaus, desgleichen den heilbringenden Samen und die göttlichen Verheißungen von Hand zu Hand überliefern, damit auf der ganzen Welt Frömmigkeit und sicheres Vertrauen auf das Leben in alle Ewigkeit gehörig bewahrt blieben und dem Herrn der Hölle kühnlich Widerstand geleistet würde. Ergriffen von heftiger Freude sowohl über den Samen des göttlichen Wortes wie den ihm anvertrauten Beruf eines Landmanns setzte sich dieser mit Geschick Satan entgegen, beackerte sein Herz, indem er Brennesseln, Burzeldorn und den unheilvollen Wermut ausjätete, und entwickelte in seinem Herzen aufs neue gebührende Liebe zum Herrn; diese nährte er mit Opfern und stellte sie mit Gebeten ausgiebig unter Beweis. Er liebte die Früchte der Gerechtigkeit und bekämpfte, soweit es seine Kräfte erlaubten, die Einflüsterungen des fortgesetzt widerstrebenden Fleisches. Er haßte alles Schlechte und alles, was dem Donnerer verhaßt war. Welches Verbrechen auch zuvor begangen worden war – er sühnte es durch Gebet und aufrichtige Tränen und stärkte sein Herz

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<8> Gratuito ob Christum dominum certoque favore.
    Sic ille uxorem docuit, sic pignora chara,
Sic omnes etiam ad vitae finem usque nepotes.
Tum sacram Setho stivam, is commisit Enosi,
Qui sanè ardenter coluit verbumque fidemque
Publicitus sevit; sic et fecere sequentes.
    Interea Satanas promissum semen et omnes
Haerentes illi fidosque exosus amicos
Atque omnis homines cupiens in Tartara mergi
In Domini tractos odium, nil segnius ipse
Necnon coniurati alii magnaeque cohortes
Omnes oppugnare patrum et viciare labores
Et sua pro veris mendacia tradere sulcis
Proque timore Dei scelerum instaurare novorum
Colluviem magnam divinaque semina rursum
Perdere. Iamque satis immissus carduus horrens,
Iam lolium infelix nocuit, iam grando nivosa,
Iam salsugo et cantharides et inanis avena,
Iam uredo pluviaeque graves, iam frigus et aestus,
Et iam resta bovis pressum confregit aratrum.
Non igitur multum tunc profecere coloni.
Atque Cain primus culturam sprevit Adami
Seminaque arripuit Satanae. Quem tota deinde
Progenies magnum veluti doctumque secuta est.
Altera nec soboles probior meliorque remansit,
Raraque per totum pietas apparuit orbem,
Ut pater omnipotens homines terramque perosus
Omnia iudiciis iustis animantia terrae
Undique submissis prorsus deleverit undis
Unamque exitio tantum subtraxerit arcam.

an der sich im Herrn Christus erweisenden uneigennützigen und unbezweifelbaren Gnade.
     So lehrte er seine Frau, so seine lieben Kinder, so auch bis an sein Lebensende seine Enkel. Dann überließ er Seth den heiligen Pflugsterz; dieser übergab ihn Enos, der wahrlich mit Leidenschaft das Land bestellte und das Wort und den Glauben vor aller Welt aussäte, und so taten auch die Nachkommen.
     Unterdessen hegte Satan tiefen Haß auf den verheißenen Samen und alle seine Anhänger und treuen Freunde und war begierig darauf, alle Menschen, die sich zum Haß auf den Herrn hatten verleiten lassen, in die Hölle zu stürzen; sehr tatkräftig bekämpfte und verdarb er selbst (und mit ihm auch andere, die ihm verschworen waren: große Heerscharen!) alle Arbeiten der Väter und lehrte anstelle der wahren Ackerfurchen seine Lügen, bereitete anstelle der Gottesfurcht einen großen Unrat neuer Freveltaten und vernichtete die göttlichen Samen aufs neue. Bald richtete die in die Saaten geschickte stachlige Distel ziemlichen Schaden an, bald unseliger Lolch, bald dichter Hagel, bald Salzwasser und Kornwürmer, bald nichtsnutziger tauber Hafer, bald Getreidebrand und schwere Regenschauer, bald Frost und Hitze, und bald zerbrach die Hauhechel den niedergedrückten Pflug. Die Bauern machten damals also keine großen Fortschritte. Überdies verachtete Kain als erster den Landbau Adams und riß die Samen Satans rasch an sich. Ihm folgte fortan die ganze Nachkommenschaft wie einem großen Gelehrten. Die nächste Generation befand sich in keinem rechtschaffeneren und besseren Zustand, und die Frömmigkeit ließ sich auf der ganzen Welt nur selten blicken, so daß der allmächtige Vater, von Grimm gegen die Menschen und die Erde erfüllt, alle irdischen Lebewesen nach gerechtem Urteil vollkommen vertilgte, indem er überall Ströme von Wasser herabregnen ließ, und einzig die Arche dem Untergang entzog.

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<9>     Singula quid memorem? Renovati denique mundi
Germen non aequas divinae praebuit aures
Culturae longùm. Sunt fastidita omnia recta,
Semper et in peius prolapsa sequentia rerum,
Quantumvis vigiles coeli terraeque creator
Agricolas semper dederit sanctosque prophetas,
Miserit et gnatum tandem sub tegmine carnis,
Agricolûm pariter caput autoremque salutis.
Quamvis ille etiam legatos atque colonos,
Consultum miseris cupiens mortalibus, omnes
In mundi partes extruserit et culturae
Semina protulerit verasque ostenderit artes,
Obtinuit multum tamen atri cura Draconis,
Conculcet perdatque uti, circum semper euntis.
Divini haud unquam tam latè semina verbi
Sunt prolata olim, melius nec terra subacta
Pectoris humani nec purius insita sana,
Nec tantae per cuncta steterunt climata messes,
Quàm dum legati primi illorumque sequentes
Culturae morem et sanctae vestigia vitae
Discipuli veri totum severe per orbem.
Hostis at ille tamen mox cuncta infecit et illò
Deduxit, pietas paucis ut vera fidesque
Et vitae aeternae spes una pateret IESUS.
Tot lolia haereseon segeti, tot monstra luporum,
Tot lites rixasque feras, tot ludicra mundi
Somnia, tot cultus vanos vitamque scelestam
Immisit. Nunc hos hostili absterruit aestu,
Frigore Rhyphaeo segnes nunc reddidit illos.
Quoque mage accedit mundani terminus aevi,

    Wozu soll ich auf Einzelheiten eingehen? Nicht lange hatten die Abkömmlinge der endlich wiederhergestellten Welt ein geneigtes Ohr für den göttlichen Landbau. Alles Rechte wurde verschmäht, und die Geschichte bewegte sich in ihrem weiteren Verlauf stets auf das Schlechtere zu, obschon der Schöpfer Himmels und der Erde stets wachsame Landbauer und heilige Propheten entstehen ließ und schließlich in fleischlicher Verkleidung seinen Sohn sandte, gleichermaßen als Haupt der Landbauer wie als Begründer des Heils. Obwohl auch dieser in dem Verlangen, den bejammernswerten Sterblichen Rat zu schaffen, Apostel und Pflanzer heraus in alle Weltgegenden trieb, Samen für den Landbau wachsen ließ und seine kunstgerechte Ausübung lehrte, so unterlag doch vieles der Kontrolle des finsteren Drachens, der ständig umherschweift, um zu zertreten und zu vernichten. Die Samen des göttlichen Wortes wurden früher niemals so weit verbreitet, die Krume des menschlichen Herzens wurde nie besser gepflügt, nie eine unverdorbene Saat säuberlicher eingesät, und nie standen in allen Gegenden so reiche Ernten auf den Halmen wie zu der Zeit, als die ersten Apostel und ihre wahren Schüler, die sich nach ihrer Art des Landbaus richteten und den Fußtapfen ihres heiligen Lebens folgten, über die ganze Welt den Samen auswarfen. Bald aber vergiftete jener Feind alles und brachte es dahin, daß die wahre Frömmigkeit, der Glaube und die einzige Hoffnung auf ein ewiges Leben – Jesus – nur noch für wenige zugänglich waren. Er schickte soviel ketzerischen Lolch ins Saatfeld, so viele Wolfsungeheuer, so viele Streitigkeiten und wüste Zänkereien, so viele schaubudenhafte Trugbilder der Welt, so viele eitle Kulte und frevelhaften Lebenswandel. Bald schreckte er diese ab durch feindselige Hitze, bald ließ er jene erschlaffen durch riphaeischen Frost. Und je näher das Ende der Weltzeit heranrückt,

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<10> Hoc magis incumbit Christi subvertere regnum
Seminibusque malis mortalia perdere corda.
Nec magno impellit proclivia sponte labore.
Relliquiae primae succurrunt undique noxae,
Succurrit vitiata caro fomesque picatus.
    Ergo etiam contrà nitidi moderator Olympi
Extrudit doctos mortalibus usque colonos,
Ut vulsa impietate omni pulsisque tenebris
Vera queat pietas ipsique placentia cerni
Adque ipsum toto suspiret pectore quisque
Iustitiamque colat perversumque oderit omne.
Quò duci tetris Satanae obsita corda venenis,
Non aliud, rapido quàm vastum avertere cursu
Torrentem sursumque in celsos cogere montes,
Sylva aut arenti saevas extinguere flammas.
Magnus in adversum niti labor atque vetustos
Soleque duratos aliò deflectere ramos.
Arduus ut verò labor est, sic magna dabuntur
Praemia, Christus oves quando discernet ab hircis
Et suprema dies et lux clarissima prodet,
Qualisnam fuerit cuiusque animusque laborque.
Ne sudorem igitur fugias, si praemia chara
Sique in Apostolico quaeris requiescere coetu.
    Quis verò hoc tanto et divino munere dignus?
Quisve ad culturam tam ditis idoneus agri?
Ut non continuò remos aut tractat aratrum
Quilibet aut clavum scite moderatur in alto
Seve ducem reliquis audaces praebet in hostes,
Ni doctus prius atque animis et corpore praestet,
Sic sacer extemplò quivis nequit esse colonus.

um so angestrengter ist er bemüht, Christi Herrschaft umzustürzen und die Herzen der Menschen durch schlechte Samen zu verderben. Und es bereitet ihm keine große Mühe, Dinge umzustoßen, die schon von selbst zum Fallen neigen. Die Überreste der alten Schuld eilen von allen Seiten zu seiner Hilfe herbei, zu Hilfe kommt ihm das verdorbene Fleisch und gepichter Zunder.
    Also geht der Lenker des strahlenden Himmels auch jetzt dagegen vor, indem er unablässig gelehrte Pflanzer zu den Sterblichen losschickt, damit, nachdem alle Gottlosigkeit ausgejätet und die Finsternis vertrieben ist, die Möglichkeit besteht, die wahre Frömmigkeit und das ihm selbst Wohlgefällige zu erkennen, und damit jeder von ganzem Herzen nach ihm schmachtet, die Gerechtigkeit verehrt und alles Verkehrte haßt. Die mit dem garstigen Gift Satans besäten Herzen zu diesem Ziel zu führen, heißt nichts anderes, als einen gewaltigen, reißenden Sturzbach umzulenken und aufs hohe Gebirge hinaufzuzwingen oder ein rasendes Feuer in einem ausgedörrten Wald zu löschen. Es ist ein schweres Stück Arbeit, gegen den Strom zu schwimmen und bejahrte, von der Sonne ausgetrocknete Äste in eine andere Richtung zu biegen. So schwierig aber die Arbeit ist, so großer Lohn wird dafür gewährt werden, wenn Christus die Schafe von den Böcken scheiden und das gleißend helle Licht des Jüngsten Tages offenbar machen wird, wie es denn mit eines jeden Denken und Wirken bestellt war. Scheue also keinen Schweiß, wenn dir der Sinn nach wertvollem Lohn steht und du Verlangen trägst, im Kreis der Apostel auszuruhen!
    Wer aber ist dieses so großen und göttlichen Amtes würdig? Oder wer hat die Eignung, einen so ergiebigen Acker zu bebauen? Ebenso wie nicht jeder Beliebige gleich die Ruder oder den Pflug handhabt oder auf hoher See geschickt das Steuerruder führt oder sich den anderen als Anführer gegen freche Feinde anbietet, es sei denn, er hätte es vorher gelernt und ragte durch geistige und körperliche Fähigkeiten hervor, so kann nicht jeder Beliebige auf der Stelle ein geistlicher Pflanzer sein.

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<11> Illius exemplar, Musae, formamque canemus:
Qualis et intus et extrà à primo debeat aevo
Esse, deinde obeat munus qui rite colendi.
    In primis faciem vultumque ostendat honestum,
Nec naevis sit nec tetra lentigine sparsus,
Horrida nec turpis contaminet ora cicatrix.
Nec caput oblongum conos imitetur acutos,
Promineant oculi nec, torvi more iuvenci,
Nec specubus lateant arctis introque reductis.
Non Cocles nobis lippique ferique strabones.
Non aquilae curvo, nec torto simia naso.
Nec buccae arrident tumidae dentesque patentes.
Quis nescit mutum blesumque haud esse colonum,
Et surdum captumque oculis et denique mancum,
Posse? Abeat loripes et partem claudus in unam
Et cui gibbus inest tergo vel gutture struma.
Haud ullum desit membrum, sed singula possint,
Quum sit opus, facere officium composta decenter.
Ne risum moveat gressu Vulcania proles
Aut alio faciat vitio spectacula plebi,
Thersiten referens turpive Corythea forma
Aut Xanti famulum aut ludi Damona magistrum.
Ne sit et ex meretrice nothus cretusque inhonestè
Concubituque vago, qualis solet esse ferarum
Illorumque hominum, qui prostravere pudorem.
Hoc quoque spectandum, quali vixere parentes
Quaestu: ne turpis fuerit plenusque ruboris.
Obstat enim generis turpisque infamia vitae,
Ne verbum iusto contundat pondere corda.
Horum alias etiam possis adducere causas.

Von seinem Musterbild und Idealtypus, o Musen, werde ich singen: wie er innerlich und äußerlich von Kindesbeinen an beschaffen sein muß und ferner, wie er das Geschäft des Landbaus gehörig verrichtet.
    Zuallererst biete er wohlgeformte Gesichtszüge dar; er sei nicht von Muttermalen und häßlichen Sommersprossen übersät, und keine abstoßende, garstige Narbe verunstalte das Gesicht. Das Haupt ähnle nicht, länglich geformt, einem spitz zulaufenden Kegel. Die Augen sollen nicht hervortreten wie bei einem wilden Jungbullen; sie sollen auch nicht in engen, tiefliegenden Höhlen verborgen sein. Keiner sei mir einäugig, keiner triefäugig, und keiner schiele schrecklich! Keiner sei krummnasig wie ein Adler, keiner mit einer verdrehten Affennase ausgestattet! Auch aufgeblasene Backen und bleckende Zähne werden nicht als angenehm empfunden. Wer wüßte nicht, daß ein Stummer und ein Lispelnder keinesfalls ein Landbauer sein kann – und ebensowenig ein Tauber, ein Blinder und vollends ein Krüppel? Von hinnen gehe, wer das Bein nachschleppt, wer auf einer Seite lahmt und wer auf dem Rücken einen Höcker oder an der Kehle einen Kropf hat! Kein Glied fehle; vielmehr sei jedes einzelne, wenn es nötig ist, imstande, seinen Dienst zu verrichten, und es sei schicklich geformt. Er errege nicht, als Abkömmling Vulkans, durch seinen Gang Gelächter oder biete nicht durch ein anderes Gebrechen dem Volk ein Schauspiel dar – als Abbild des Thersites oder, was korytheische Mißgestalt betrifft, von Xantus’ Diener oder des Schulmeisters Damon. Er sei auch kein Hurenbankert und nicht unehrenhaft in zufälligem Beischlaf gezeugt – wie es Brauch ist bei wilden Tieren oder bei jenen Menschen, die die Scham abgeworfen haben. Man muß auch achtgeben, mit welchem Gewerbe die Eltern ihren Lebensunterhalt bestritten haben: daß es nicht unlöblich war und durch und durch schimpflich. Die Schande einer ungünstigen Abstammung und eines unsittlichen Lebenswandels verhindert nämlich, daß das Wort die Herzen mit dem gehörigen Nachdruck zermalmt. Diesbezüglich ließen sich auch noch andere Ursachen beibringen.

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<12> Nam licet in manibus non sit nostraque repostum
Cura, nascatur quali cum corpore quisque
Quidque ferat casus vel vis inimica malorum
Quidve gerant rerum nostri qualive crearint
Nos patres ludo, rerum tamen ille creator
Nil frustra facit, et rerum si vertitur ordo
Naturaeque ferunt quiddam mirabile cursus
Turpeque et insolitum, monstrat certissima nobis
Irae signa suae et plagae fortasse sequentis.
Si sol naturam contra aut Latonia lampas
Orbe haud dum pleno fuscatur tota tenebris,
Scintillat pendens clara si nocte cometes,
Concurrunt acies mediis in nubibus inque
Arma cruenta ruunt magno simulacra tumultu,
Si sol consistit subitò nec sidera leges
Servant aut largus fluit alto ex aethere sanguis,
Si lupus ingreditur fora, si iumenta loquuntur,
Quis bona tum sperare potest? Quis non timet iram
Numinis aetherei? Quis, ni contemptor et amens,
Non tum grande malum venturum colligit orbi?
Huc etenim natura ipsa exemplisque vocamur.
Signa Dei quondam caesi sensere Pelasgi,
Cladibus et multis tumidi sensere Quirites,
Non temerè monuisse bovem, sibi Roma caveret.
Haud frustra infantem ventris repetisse latebras
Sidoniis ducibus monstrat deleta Sagunthus.
Nonne secuturam visus per nubila mucro
Belligeraeque acies currusque in nube vagantes
Dixerunt Solymis cladem et miserabile fatum?
Xerxes nosse minax potuit se terga daturum,

Denn obgleich es nicht in unsere Gewalt und Verantwortung gegeben ist, mit welchem Körper jeder zur Welt kommt, welche Unfälle er erleidet, welche Gebrechen ihre feindselige Macht über ihn ausüben oder welchen Geschäften unsere Väter nachgehen oder wie sie es bei unserer Zeugung getrieben haben, so tut doch jener Schöpfer der Welt nichts ohne Grund. Und wenn sich die Ordnung der Dinge verkehrt und in den natürlichen Abläufen etwas Sonderbares, Häßliches und Ungewohntes auftritt, so gibt er uns damit völlig untrügliche Hinweise auf seinen Zorn und einen vielleicht nachfolgenden Schlag. Wenn sich die Sonne oder (bei noch gar nicht voller Scheibe) der ganze Mond wider die Natur verfinstern, wenn in klarer Nacht ein Komet in seinem Fluge funkelt, wenn mitten in den Wolken Schlachtreihen aufeinander losrennen und gespenstische Gestalten sich mit großem Getöse in blutige Waffen stürzen, wenn die Sonne plötzlich stehenbleibt und die Sterne die Naturgesetze nicht einhalten oder hoch vom Himmel herab massenhaft Blut strömt, wenn ein Wolf den Marktplatz betritt, wenn das Zugvieh redet: wer kann dann Gutes erwarten? Wer fürchtet dann nicht den Zorn der himmlischen Gottheit? Wer, er sei denn von aberwitziger Gleichgültigkeit, folgert dann daraus nicht, daß großes Unheil über die Welt kommen werde? Zu dieser Deutung fordern uns nämlich die Natur selbst und warnende Beispiele auf. Die Pelasger haben einst, als sie niedergemetzelt wurden, darin ein Zeichen Gottes erfahren, und die aufgeblasenen Römer bekamen durch viele Mißgeschicke zu spüren, daß der Ochse nicht von ungefähr darauf hingedeutet hatte, daß Rom sich in acht nehmen solle. Die Zerstörung Sagunts bewies den karthagischen Feldherren, daß das Neugeborene nicht ohne Grund wieder in den Schlupfwinkel des Mutterleibs zurückkehren wollte. Als man ein Schwert und sich bekriegende Schlachtreihen in den Wolken sah sowie Streitwagen, die in einer Wolke herumfuhren, sagte man da nicht, daß Jerusalem eine Niederlage und ein jammervolles Geschick bevorstehe? Der drohend auftrumpfende Xerxes hätte in dem Moment wissen können, daß er in die Flucht geschlagen werden würde,

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<13> Armentalis equa ut leporem est enixa fugacem.
Mulae incredibilis firmavit denique partus
Posse capi Assyriae muros Babylonis et arcem.
Monstrosis certè terremur partubus omnes
Naturae instinctu, raroque hos laeta sequuntur.
At mage, si mulier miras turpesque figuras
Edit et in mundi dominis natura recedit.
Non obscurè etenim facies externa fatetur,
Qualia sint interna animi, quid sensibus imis
Abstrusum lateat. Spes inde malique bonique
Certa venit. Quid de Thersite, ni mala, speres?
Quis non devitet detesteturque loquentem?
Aut sibi portendunt aliisve immitia fata
Ingeniive notas pravi mentisque stuporem,
Quos natura parens primo male finxit in ortu.
Ergo haud sit turpis noster dirusque colonus,
Nec pudor accedat generis factique paterni.
    Si possit fieri (sed avis rarissima res haec),
Vera velim pietas puero sit cognita parvo.
Inde et norit amare Deum pariterque vereri
Resque suas omnis Domino committere Christo
Menteque eum colere insonti factisque sonoque
Et cupere illius promotum semper honorem
Atque orare sibi flatum submittier almum,
Quo Christum rectè et verum doceatur abundè.
Norit et officio charos ornare parentes,
Quisquis et excelsa pro sede meretur honorem,
Et perferre pares, maiori cedere doctè.
Cumque bonis adoleverit et vitarit inertes,
Moribus et pravis iuvenes linguaque procaci,

als eine Stute auf der Weide einen flüchtigen Hasen gebar. Die unglaubliche Niederkunft eines Mauleselin schließlich bewies, daß die Mauern und die Burg des assyrischen Babylons eingenommen werden konnten. Natürliches Empfinden läßt gewiß jeden von uns vor Mißgeburten erschrecken, und selten tritt danach etwas ein, was zur Freude Anlaß gibt. Dies aber um so mehr, wenn eine Frau seltsame und garstige Gebilde gebiert und bei den Herren der Welt die Natur von der Norm abweicht. Die äußere Gestaltung verrät nämlich sehr deutlich, wie das Innere des Herzens beschaffen ist, was tief drinnen in unseren Gesinnungen verborgen liegt. Daraus läßt sich mit Sicherheit ableiten, ob man Böses oder Gutes zu gewärtigen hat. Was, wenn nicht Schlechtes, könnte man von einem Thersites erwarten? Wer miede und verabscheute ihn nicht, wenn er redet? Menschen, die die schaffende Natur gleich bei ihrer Geburt schlecht geformt hat, prophezeien damit sich selbst oder anderen ein unfreundliches Geschick oder geben damit Anzeichen einer charakterlichen Mißbildung oder geistiger Stumpfheit. Also sei unser Pflanzer keinesfalls häßlich und grauenerregend, und es belaste ihn keine Schande hinsichtlich seiner Abstammung und der Handlungsweise seines Vaters.
    Wenn es möglich wäre (doch dies ist ein höchst seltener Vogel!), dann wollte ich, daß er schon als kleiner Junge die wahre Frömmigkeit kennengelernt hat. Darauf lerne er auch, Gott zu lieben und auch zu fürchten, alle seine Belange dem Herrn Christus anzuvertrauen, ihn mit unschuldigem Gemüt und in Taten und Worten zu verehren, stets nach der Mehrung seines Ruhms zu trachten und darum zu beten, daß der segenspendende Heilige Geist sich auf ihn herabsenke, um ihn über den wahren Christus auf gehörige Weise und mehr als hinlänglich zu belehren. Er lerne, seinen lieben Eltern und jedwedem, der aufgrund seines hohen Ranges Hochachtung verdient, die schuldige Ehre zu erweisen; und er lerne, Gleichrangige neben sich zu dulden und dem Überlegenen klüglich den Platz zu räumen. Er wachse in der Gemeinschaft mit rechtschaffenen Menschen auf; untüchtigen jungen Burschen mit schlechtem Benehmen und frechem Mundwerk gehe er aus dem Wege,

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<14> Hauserit inde ut ne morum contagia, quae pòst
Nec ratione queat studioque revellere multo.
Haud facile eluitur lanae color inditus albae
Primitus, in tabulisque novis nuperque dolatis
Perdurant maculae, si quas insperseris, atrae.
Hoc quoque permultum refert, ipsine parentes
Et nutrix et prima docens elementa magister
Cognorint Christum et fuerint pietatis amantes.
Haeserit ergo velim sociis et rebus honestis
Unguibus à teneris, dum nempe tenella fuit mens
Impulsuque levi in partem mutabilis omnem.
Obscoeni audierit nihil et nihil ipse loquatur,
Viderit et nunquam, quod non habeatur honestum.
Calleat et doctè sermonem denique vulgi,
Oris sublatis vitiis linguaque soluta,
Si qua minus propriè sonuit, non satque disertè.
Et nec plebeia tantum sit voce peritus,
Cordis in abstruso proferre latentia sensu:
Altius ingrediatur iter noritque Latini
Fontes eloquii et primis sit doctus ab annis,
Grammatici quicquid veteres scripsere novique.
Doctosque audierit sapientis voce Catonis
Admonitus, classis primae quoque legerit omneis
Scriptores, linguae miratus dona politae.
Ne mala barbaries teneris insederit annis,
Quae sit dediscenda viro revomendaque tandem.
Plurima sunt (constat) Romanae commoda linguae;
Illi honor Europae primus debetur in oris.
Gens olim Aeneadum ut gelidas extendit ad arctos
Imperium et toto semotos orbe Britannos,

damit er sich nicht an ihren Sitten ein schlechtes Beispiel nimmt, das sich hernach weder durch Einsicht noch vieles Mühen auslöschen läßt. Nur sehr schwer läßt sich die Farbe, mit der man ursprünglich weiße Wolle gefärbt hat, wieder herauswaschen, und dunkle Flecken, mit denen man neue, frisch zugeschnittene Bretter besprenkelt, halten sich dauerhaft. Sehr viel hängt auch davon ab, ob die Eltern selbst sowie die Amme und der Lehrer, der ihm die Anfangsgründe im Lesen und Schreiben beibrachte, Christus erkannt haben und der Frömmigkeit zugetan waren. Ich möchte also, daß er von Kindesbeinen an – solange nämlich sein Geist noch sehr zart und durch einen geringfügigen Anstoß nach jeder möglichen Richtung hin veränderbar war – ehrbaren Gefährten und Beschäftigungen angehangen hat. Er höre nichts Unzüchtiges und rede auch selbst nicht dergleichen, und niemals komme ihm etwas vor Augen, was nicht als ehrenhaft gilt. Er besitze schließlich auch gut fundierte Kenntnisse in der Volkssprache – dabei eliminiere er Aussprachefehler und lockere seine Zunge, wenn seine Sprache etwa nicht sonderlich prägnant und nicht deutlich genug geklungen hat. Und er besitze auch nicht nur in der Volkssprache die Fertigkeit, eine im tiefsten Winkel des Herzens verborgene Empfindung auszusprechen: er schlage einen erhabeneren Weg ein und lerne die Quellen der lateinischen Beredsamkeit kennen, und von frühester Jugend an sei er geschult in allem, was die alten und die neueren Grammatiker geschrieben haben. Ermahnt durch den Ausspruch des weisen Cato höre er Vorträge von Gelehrten. Er lese auch alle erstrangigen Schriftsteller, voller Bewunderung für die Gaben einer kultivierten Sprache. In zartem Alter wurzle sich keine barbarische Ausdrucksweise ein, die der Mann schließlich wieder verlernen und ausspeien muß! Bekanntlich besitzt die lateinische Sprache überaus zahlreiche Vorzüge; ihr gebührt in Europa der höchste Ruhm. So wie vor Zeiten das Geschlecht der Aeneaden seine Herrschaft bis zum eisigen Norden und zu den ganz am Ende der Welt lebenden Engländern ausgedehnt hat

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<15> Sensit et Euphrates, animosi et regia Parthi
Stellatumque humeris axem qui sustinet Atlas,
Sic etiam lingua est totum prolata per orbem
Et magni ob fasces et saevas facta secures.
Namque dabat miseris responsum gentibus una,
Unam edicta etiam multa atque superba sonabant.
Hactenus ergo, ubi res Romano subdita iuri,
Ius magnum meritò et magnum sortitur honorem.
Quid quod iam multum sacris multumque prophanis
Claruit è scriptis? Nostro quò turpe colono
Imperii ignorare sonum atque volumina tanta
Mundanae sophiae et Christi nescire catervae.
Hinc etiam multas sternendus callis ad artes,
Tam bene quae vulgi nunquam sermone docentur.
Quarum etiam causa dein doctorumque bonorum,
Qui primi scriptis Christum severe per orbem,
Graiorum discat literas linguamque canoram.
Quin etiam propter praeclara volumina Mosis
Et fidi quaecunque Dei scripsere prophetae,
Grammaticos linguamque gravem scrutetur Hebraeωn,
Iungat et hisce dein Chaldaeae idiomata linguae.
Non tantum latices decimo de vase iuvabunt,
Quantum si sitiens de venis hauserit ipsis.
Singula nosse velit, quantum queat, ipse, propinquè
Immo Dei ipsius voces audire loquentis,
Corde nec ex alieno hominis vanoque cerebro
Duntaxat sapere et populis praebere colonum.
Ergo illis, quîs praecipuè conscripta feruntur,
Quae caeco quondam Dominus patefecit in orbe,
Invigilet linguis canonesque et puncta minuta

(auch der Euphrat, der Palast des hitzigen Parthers und der Atlas, der den Sternenhimmel auf seinen Schultern trägt, bekam sie zu spüren), so verbreitete sich auch seine Sprache über die ganze Welt und wurde wegen der Faszes und schrecklichen Beile hoch geachtet. Denn sie allein erteilte den unglücklichen Völkerschaften eine Antwort; allein in ihr erklang auch die große Zahl stolzer Verordnungen. Bis heute also, wo der Staat dem römischen Recht unterworfen wurde, wird ihr verdientermaßen großes Vorrecht und große Ehre zuteil. Ja mehr noch: sie erstrahlte zudem in hellem Glanz aus geistlichen und weltlichen Schriften. Deshalb wäre es eine Schande für unseren Pflanzer, wenn er die Sprache des Reiches nicht verstünde und so gewichtige Werke der weltlichen Weisheit und der Anhänger Christi nicht kennte. Von hier aus muß man sich auch den Weg zu vielen Künsten bahnen, die in der Volkssprache niemals so gut gelehrt werden. Um ihretwillen und der tüchtigen Gelehrten wegen, die mit ihren Schriften als erste Christus in der Welt ausgesät haben, lerne er ferner die Schriftzeichen und die wohltönende Sprache der Griechen. Ja wegen der herrlichen Bücher von Moses und um all dessen willen, was die getreulichen Propheten Gottes geschrieben haben, erforsche er sogar die Grammatiker und die erhabene Sprache der Juden. In Verbindung hiermit studiere er des ferneren auch die Eigenheiten der chaldäischen Sprache. Das Naß aus einem großen Gefäß wird den Dürstenden nicht in dem Maße erquicken wie der Trunk aus den Quellen selbst. Es sei sein eigener Wille, über so viele Einzelheiten Bescheid zu wissen, wie er nur vermag, oder vielmehr: Gott selbst aus der Nähe reden zu hören und sein Wissen nicht nur aus dem [Gott] fernstehenden Herzen oder dem eitlen Hirn eines Menschen zu beziehen und nicht nur von dieser Voraussetzung her den Völkern ein Pflanzer zu sein. Also widme er seine Aufmerksamkeit jenen Sprachen, in denen vornehmlich all das schriftlich überliefert wird, was der Herr vor Zeiten in der verblendeten Welt offenbart hat; sorgfältig habe er acht auf Regeln und winzige Punkte,

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<16> Sollicitè observet, quid quaeque vocabula certò
Significent, curet, rimetur, discat ad unguem.
Quippe ex nominibus sumenda scientia rerum,
Turpis et est error, de re si plurima magno
Atque supercilio dicas et nomine pecces.
Quò risum merito quidam movere peritis.
Omnibus in rebus quum multum nomina possunt,
Tum magis in sacris studiis, ubi maxima saepe
Litterulae atque apices ipsi mysteria celant,
Nemo pius quae negligere aut contemnere debet.
Tum quoque sermonis norit linguaeque figuras
Multiplicesque tropos. Et in his impingere turpe est,
Pervertitque horum saepe ignoratio sensum,
Falsa uti tradantur pro veris dogmata. Vulgo
Unde hoc errorum tam magnae tempore messes
Et tragici vulgo motus rixaeque perennes,
Hinc nisi, quod verbis non nulli mordicus haerent
Et nec sermonem versum sanamque figuram
Admittuntque videntque? Sequi hinc absurda necesse est.
Sermonis tamen haud ullos admitto tropos, ni
Ipse alium textus sensum pietasve requirat.
Certa etenim in sacris debet sententia rebus
Proponi populo et de rebus semper iisdem
Dici idem, ut et vitanda satis servandaque norit.
Non decet in varios verbum deflectere calles,
Quum nihil à proprio divertere tramite cogat,
Ne simul et, quae sunt pietatis certa, vacillent.
Nilque figurato poterit sermone doceri,
Quod simplex alius non tradat. Nullaque speres
Non alibi producta tropis mysteria condi.

und sein Mühen, Forschen und Studieren sei darauf gerichtet, mit größtmöglicher Genauigkeit herauszufinden, was jedes einzelne Wort unzweifelhaft bedeutet. Die Kenntnis der Sachen ist freilich von ihren Benennungen her zu gewinnen, und du bist auf einem blamablen Holzweg, wenn du lang und breit und mit großem Dünkel über eine Sache redest und bei der Benennung fehlgehst. Deshalb haben so manche bei Eingeweihten berechtigtes Gelächter ausgelöst! In allen Bereichen wohnt den Benennungen große Kraft inne, ganz besonders aber in den geistlichen Schriften, wo kleine Buchstaben und sogar Längenzeichen oft die größten Geheimnisse verbergen, die kein Frommer vernachlässigen oder geringschätzen darf. Des weiteren lerne er auch die Rede- und Sprachfiguren und die vielfältigen Tropen. Auch über sie zu stolpern, bedeutet eine Blamage, und ihre Unkenntnis verdreht oft den Sinn, so daß falsche Doktrinen anstelle der richtigen gelehrt werden. Was verursacht denn heutzutage allenthalben die große Fülle von Irrtümern und die überall verbreiteten schrecklichen Aufgeregtheiten und unablässigen Streitereien? Doch dies: daß sich einige Leute an Worten festbeißen und nicht zugeben und erkennen, daß es sich um eine übertragene Redeweise und eine einwandfreie Figur handelt! Daraus ergeben sich zwangsläufig Ungereimtheiten. Allerdings ziehe ich auf keinen Fall eine uneigentliche Redeweise in Betracht, wenn nicht der Text selbst oder die Frömmigkeit einen abweichenden Sinn erfordern. In geistlichen Dingen muß man dem Volk nämlich einen fest umrissenen Aussageinhalt anbieten und von denselben Dingen immer dasselbe reden, damit es zureichend darüber informiert ist, was es zu meiden und was es zu befolgen hat. Es geht nicht an, das Wort auf allerlei Pfade umzulenken, obgleich nichts dazu zwingt, von seinem eigenen Weg abzuweichen – und zwar deshalb, damit nicht zugleich die sicheren Grundlagen der Frömmigkeit ins Wanken geraten. Und man wird nichts in einer figürlichen Redeweise lehren können, was eine andere, einfache, nicht hergibt. Und rechne nicht darauf, daß irgendwelche Mysterien, die man aus Tropen zutagegefördert hat, sich nicht auch anderswo verbergen!

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<17> Sermo quidem teneras demulcet gratior aures,
Mille modis qui nunc huc, nunc inflectitur illuc.
Tu verò noli temerè pervertere sensum
Et praeter causam Scripturis ludere sanctis:
Quod factum à multis mirando frigore cernis.
Antè rudi quid sit perpendas utile plebi,
Quàm vel delectare velis vel ludere frustra.
    Non solum verò callere Palaemonis artem,
Verùm et Chrysippi magni et Zenonis acuti
Agricolae debent, non ut rixentur et ipsi
Et similes fiant rabulis atrisque sophistis
Tendendo insidias rudibus verumque premendo,
Sed duntaxat ad hoc, ut tela hostilia cautè
Et laqueos vitent et syrpos prava docentum.
Prae reliquis siquidem est illorum cuique roganti
Reddere speque fideque super responsa gregemque
Doctrinamque lupos contra defendere tristes.
Hinc si tendiculas norint artesque dolosas,
Quoque modo possint à vero cernere falsum,
Omnia constanter servabunt vera nec unquam
Prodent nec risum referent infandaque damna.
Nam si perniciem miseris mortalibus adfert
Salvifici Christi et summi ignorantia veri,
Proditioque magis, quid de doctoribus ipsis
Dicemus? Quorum non uni inscitia solum
Officit, in multas verùm protenditur error
Myriades totosque greges ad Tartara ducit.
    Quis dubitet verò, num Arpinas volvere chartas
Dicendique artem et sermonis quaerere cultum
Nostro conveniat, quin immo necesse colono?

Gewiß ist es eine wohltuende Liebkosung für zarte Ohren, wenn eine Rede auf tausenderlei Arten bald diese, bald jene Wendung nimmt. Hüte du dich aber, leichtfertig den Sinn zu verdrehen und entgegen dem eigentlichen Sachzusammenhang mit der Heiligen Schrift zu spielen! Dies haben, wie du siehst, viele mit erstaunlichem Kaltsinn getan. Erwäge genau, was für das ungeschulte Volk von Nutzen ist, bevor du grundlos auf Unterhaltung oder Scherz ausgehst!
     Die Landbauer müssen aber nicht nur in der Kunst des Palaemon, sondern auch in der des großen Chrysippus und des scharfsinnigen Zenon bewandert sein – doch nicht, um sich auch selbst herumzustreiten und den Rabulisten und finsteren Sophisten darin ähnlich zu werden, daß sie Unkundige hinters Licht führen und die Wahrheit unterdrücken, sondern nur zu dem Zweck, daß sie nicht den feindseligen Geschossen und den Fallstricken und verfänglichen Reden von Irrlehrern zum Opfer fallen. Vor allem anderen ist es nämlich ihre Aufgabe, jedem, der ihnen Fragen in bezug auf Hoffnung und Glauben stellt, Rede und Antwort zu stehen und ihre Herde und die Lehre gegen unheilbringende Wölfe zu verteidigen. Wenn sie daher mit Fallstricken und hinterhältigen Schlichen vertraut sind und wissen, wie sie das Falsche vom Wahren zu sondern vermögen, werden sie unbeirrt an jeglicher Wahrheit festhalten und sie niemals preisgeben und weder Spott noch unsäglichen Schaden davontragen. Denn wenn die Unkenntnis – und mehr noch die Preisgabe – des Heilands Christus und der höchsten Wahrheit Verderben über die armen Sterblichen bringt, was wird man da von den Lehrern selbst sagen? Niemand von ihnen schadet mit seinem Unverstand nur sich allein, sondern sein Irrtum erstreckt sich über viele Myriaden, und er führt ganze Gemeinden in die Hölle.
     Wer zweifelte aber daren, daß das Studium der Schriften Ciceros und die Erforschung der Redekunst und des Redeschmucks unserem Pflanzer angemessen, ja vielmehr für ihn sogar unerläßlich ist?

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<18> Vertitur hîc planè totius cardo negoci.
Eloquium docto siquidem de pectore manans
Argutumque os, quod dicenda tacendaque callet
Temporaque observat vaga personasque locosque,
Perfectum agricolae sacri censetur aratrum.
Cedatur blesae reliquis infantia linguae.
Incomptè plebes, certis nec legibus oret:
Rhetoricen plebis debet novisse magister.
Huic neque Tarsensis pugnat sententia Pauli,
Non etiam indoctus duodenae sermo catervae.
Diversae causae diversos (fertur ubique)
Effectus pariunt. Non illos ergo sequamur
Dissimili caussa stultoque imitamine facti.
Quis nescit, pueris aliter rudibusque loquendum
Atque aliter senibus rerumque ex parte peritis?
Prima illi fidei gentes elementa docebant,
Quae verbis minime comptis linguaque diserta,
Divina sed erant potius virtute movendae.
Illis ergo dedit miracula magna Redemptor,
Adderet ut verbo pondus, licet arte carenti,
Dicere quo possent se non sermone diserto
Ad Christum tractos, verûm spiramine sancto
Atque invincibili veri virtute potentis.
Quin alioqui etiam primaeva elementa sciendi
Non tenui tradi possunt debentque Minerva.
Rhetore facundo nec persuadenda putamus,
Sed credenda statim cunctarum exordia rerum.
Ergo supervacua est rudibus facundia, et ardens
Haud iuvat eloquium primordia nuda negantes,
Ut nec prodigiis opus iis signisque stupendis,

Hier liegt geradezu ein Angelpunkt seiner ganzen Tätigkeit! Beredsamkeit, die einem wissenschaftlich gebildeten Geist entströmt, ein geistreicher Mund, der weiß, was er sagen und was er verschweigen muß, und sich auf die flüchtigen Zeitumstände, die Personen und die räumlichen Gegebenheiten einstellt: das gilt ja als der vollendete Pflug eines geistlichen Landbauers. Verbannt vor allem anderen sei das Redehemmnis einer lallenden Zunge! Mag das Volk sich auch schmucklos und ohne Beachtung fester Regeln vernehmen lassen, ein Lehrer des Volkes muß die Rhetorik kennen. Die Ansicht des Tarsensers Paulus steht dazu nicht im Widerspruch, auch nicht die schlichte Redeweise der Zwölferschar. Es heißt überall: verschiedene Ursachen bringen verschiedene Wirkungen hervor. Laßt uns jenen also nicht in der Weise nachfolgen, daß wir – bei abweichender Ausgangssituation – ihre Handlungsweise dümmlich kopieren! Wer wüßte nicht, daß man zu Knaben und Ungebildeten anders reden muß als zu Greisen und zu Leuten, die partielle Sachkenntnis haben? Jene haben die Grundbegriffe des Glaubens Völkerschaften gelehrt, die ganz und gar nicht mit zierlichen Worten und einer beredten Zunge, sondern eher durch göttliche Wirkungskraft zu begeistern waren. Der Erlöser vollbrachte für jene also große Wunder, um seinem Wort, obschon es kunstlos war, Gewicht zu verleihen. Deshalb hätten sie sagen können, sie seien nicht durch eine wohlgesetzte Redeweise auf Christi Seite gezogen worden, sondern durch den Heiligen Geist und die unüberwindliche Kraft der machtvollen Wahrheit. Bei unentwickeltem geistigen Vermögen können und dürfen die Anfangsgründe des Wissens auch nicht einmal auf andere Weise gelehrt werden! Die Anfänge aller Dinge sind auch, wie wir meinen, nicht etwas, wozu man von einem gewandten Rhetor überredet werden muß, sondern man muß sogleich an sie glauben. Also ist Redegewandtheit zu nichts nütze, wenn man es mit Ungeschulten zu tun hat, und leidenschaftliche Beredsamkeit hilft einem durchaus nicht bei Menschen, die die schlichten Anfangsgründe bestreiten – so wie man bei denjenigen, die den rechten Weg kennen und Christus nachfolgen, keiner Wundererscheinungen und erstaunlichen Vorzeichen bedarf.

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<19> Qui rectam novere viam Christumque sequuntur.
Iam Christum à cunis ipsis et sacra docemur;
Simplicibus verbis tum etiam, non rhetore nobis,
Sed divino opus est flatu et doctore fideli.
At pòst Rhetoricen doctis Christumque fidemque
Rectè adhibe: totum deprome penu atque frequentes,
Ut pigros moveas animos, accerse colores,
Atque Dei inflammes et Christi unius amorem,
Ut sit et impietas odio cultusque prophani,
Candidula ut virtus placeat rectumque bonumque,
Contrà displiceat vitium et scelus omne nefasque
Utque minax Domini verbum vel saxea corda
Molliat aeternusque gehennae terreat ignis,
Ut pro delictis lachrymae fundantur amarae
Afflictisque animis spes opportuna salutis
Ut redeat laudentque bonum exultantia semper
Corda Deum, aetherei nimirum certa favoris.
Exere rhetorices omnis ad talia vires.
Nec minus et Satanam contra si denique miles
Ad pugnam traheris tenebrosaque dogmata vellis
Et pia defendis. Quamvis etenim ensis acutus,
Atque sit ignitus, sermo divinus, ad usque
Intima pertingens duri penetralia cordis,
Malleus utque gravis quaevis obstantia frangat,
Vim tamen illius, nativum et adauget acumen,
Qui dextrè et dignè tractat: fortissima sicut
Altius infligit, mollis quàm dextera, vulnus
Praedurumque magis feriunt ea brachia saxum,
À quibus et scitè tractatur malleus atque,
Fortius ut tundat, sublimis fertur in auras.

Man lehrt uns Christus und den gottesdienstlichen Brauch sogar schon von der Wiege an; dann bedürfen wir auch schlichter Worte – nicht eines Rhetors, sondern des Heiligen Geistes und eines zuverlässigen Lehrers. Späterhin aber, wenn du Menschen vor dir hast, die über Christus und den Glauben unterrichtet sind, mache von der Redekunst gehörig Gebrauch: ziehe alle Register, trage Farben in Menge auf, um die trägen Geister in Bewegung zu bringen und die Liebe zu Gott und dem einzigen Christus zu entflammen, um Ruchlosigkeit und gottlose Kulte verhaßt zu machen, um Gefallen zu wecken an der strahlend schönen Tugend und am Rechten und Guten und um umgekehrt Abscheu zu erregen vor dem Laster und allem Frevel und Greuel – ferner deshalb, damit das drohende Wort des Herrn sogar steinerne Herzen erweicht und das ewige Höllenfeuer Schrecken verbreitet, damit die Menschen um ihrer Sünden willen bittere Tränen vergießen und die rechte Hoffnung auf das Heil wieder in die zerknirschten Seelen zurückkehrt und die Herzen – der himmlischen Gnade absolut gewiß – in ständigem Jubel den gütigen Gott lobpreisen. Biete hierzu die ganze Macht der Beredsamkeit auf! Ebenso, wenn du schließlich als Streiter gegen Satan zum Kampf gedrängt wirst und finstere Lehren ausreißt und die gottgefälligen verteidigst. Mag nämlich das Wort Gottes auch ein scharfes und feuriges Schwert sein – dringt es doch bis ins tiefste Innere des verstockten Herzens – und mag es auch wie ein schwerer Hammer alles zerbrechen, was ihm im Wege steht, so steigert doch derjenige noch seine Kraft und natürliche Schärfe, der es geschickt und würdig anwendet – so wie eine sehr energiegeladene Rechte eine tiefere Wunde schlägt als eine zaghafte und so wie diejenigen Arme einen sehr harten Felsbrocken besser zerschlagen, die den Hammer sachkundig führen und ihn hoch in die Luft heben, damit er wuchtiger aufschlägt.

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<20> Rhetoricως igitur verbum tractato, colone,
Remque Dei studiose age. Nam Tarsensis et ipse
Perfectos inter sapienter multa locutus,
Lacte alios pavit, solidis haud obruit escis.
Quid referam, quàm sint facundi quamque diserti,
Qui post discipulos Christi scripsere libellos,
Vel de Graia illos sumas vel classe Latina?
Rhetoricen tantum ventres odere pigelli
Et pecus ignavum, quod somno gaudet et umbra.
    Tum gustandae etiam reliquae solertibus artes
Agricolis, docti quas libertate magistri
Donarunt olim. Non res tractarier ullae
Divinae humanaeque queunt numero sine, namque
Cuncta pater certis numeris et pondere fecit.
Ars numerandi igitur iucunda et commoda cunctis.
Hac homines nos à reliquis animantibus una
Differimus multum. Voluit sic omnipotens rex,
Quum dominos operum statuit nos ipse suorum,
Ut coelum et terras contemplaremur acutè
Et simul, in coelo et terra quaecunque creavit,
Per genus et species quoque particulasque minutas,
Ut pariter rerum nobis notesceret usus,
Quantus et ipse esset, quàm fortis quamque benignus,
Eius et erga nos ita colligeremus amorem.
    Cognitio motus coeli quoque spectat eàdem,
Rebus in humanis qua nec divinior ulla,
Nec magis in Domini quae nos inflammet amorem
Et nostras sustollat humo ad coelestia mentes.
Quis non assiduos Lunae Solisque labores
Atque planetarum cursus adeò atque recursus

Handhabe das Wort also auf rhetorische Art, Pflanzer, und betreibe die Sache Gottes mit Eifer! Denn auch der Tarsenser selbst hat im Kreise von Ausgelernten vieles weisheitsvoll vorgetragen, andere aber mit Milch ernährt und keinesfalls mit schweren Speisen überschüttet. Es erübrigt sich wohl, daran zu erinnern, wie wortgewandt und redegewaltig jene sind, die in der Zeit nach den Jüngern Christi Schriften verfaßt haben, ob man nun jene aus der Gruppe der Griechen oder aus der der Lateiner zur Hand nimmt. Verhaßt ist die Rhetorik nur faulen Bäuchen und dem trägen Vieh, das an Schlaf und Müßiggang Freude hat.
     Sodann müssen tüchtige Landbauer auch die übrigen Künste in sich aufnehmen, denen gelehrte Meister vor Zeiten die Freiheit gewährt haben. Kein Gegenstand, er sei göttlicher oder menschlicher Natur, kann ohne Zahl abgehandelt werden, denn der Vater hat alles in genauer Bestimmung von Zahl und Gewicht erschaffen. Die Rechenkunst ist also für jedermann erfreulich und zweckmäßig. Allein durch sie unterscheiden wir Menschen uns von den übrigen Lebewesen beträchtlich. Als der allmächtige König uns zu Herren über seine Werke machte, war es eben sein Wille, daß wir Himmel und Erde und zugleich all das, was er im Himmel und auf Erden erschaffen hat, nach seiner Gattung sowie auch nach seiner Art und seinen winzigen Teilchen einer scharfsinnigen Betrachtung unterziehen, damit wir Einsicht in das Zusammenspiel der Dinge und desgleichen in seine eigene Größe, Stärke und Güte gewinnen und auf diese Weise seiner Liebe gegen uns innewerden.
     Hierauf zielt auch die Wissenschaft von der Himmelsbewegung ab. Es gibt in den menschlichen Dingen nichts, was göttlicher wäre als sie, nichts, was uns stärker zur Liebe zum Herrn entflammte und unsere Geister stärker über das Irdische hinaus zu den himmlischen Dingen erhöbe. Wer bewunderte nicht das rastlose Wirken von Mond und Sonne und zumal die Läufe und Rückläufe der Planeten

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<21> Et varias noctu lucentes aethere formas
Miretur? Dominique manum tam pulchra creantis
Extollat? Se plus etiam, quàm pectore possit
Humano prendi, videat iactetque beatum,
Quem domus illa manet tam culta extrinsecus et tam
Regia tamque potens et miris sculpta figuris?
Nam maiora latêre putat nec fallitur: illa
Nempe, oculi quae non videre nec audiit auris,
Pectora nec subiere hominum, quae rector Olympi
Seposuit charis in fine daturus amicis.
Hinc iucunda nimis nostraeque aptissima menti
(Id quod testatur surrectus ad aethera vultus)
Arguta astrigeri fuerit speculatio coeli.
Commoda multa etiam mortales praestat ad usus,
Ad quos praecipuè direxit cuncta creator.
Nam coeli facie et Phoebi Lunaeque meatu
Ortuque astrorum triplici triplicique recessu
Tempora distinxit Genitor noctemque diemque
Annorumque vices mensesque horasque subinde
Plurimum inaequales vel euntis partibus aequis.
Constituitque notas hyemis verisque tepentis,
Fervidae et aestatis, praedivitis atque autumni,
Aëris et sudi surrecturaeque procellae.
Signa dedit, quae nauta miser servaret in alto
Quique studet Cereri terramque exercet arator.
Huc Helice facit, huc Cynosura pigerque Bootes
Arcturusque ferox nimium Heniochique capella,
Huc faciunt Hoedi vernaeque Atlantides et quas
Appellant Hyades ortu occasuque minaces.
Huc facit Orion, hyemis pater, ense timendus,

sowie die verschiedenen am Nachthimmel leuchtenden Figuren? Und wer rühmte nicht Gottes Hand, die so Schönes erschafft? Wer möchte sich nicht auch in einem die Fassungskraft des menschlichen Herzens übersteigenden Maße glückselig schätzen und preisen, da ihm jenes von außen so prachtvolle, jenes so königliche und mächtige und in wundersamen Formen gestaltete Haus beschieden ist? Vermeint er doch – und darin täuscht er sich nicht –, daß sich dahinter Größeres verberge: jenes nämlich, was das Auge nicht gesehen, das Ohr nicht gehört hat und was in keines Menschen Herz gekommen ist – was der Lenker des Himmels aufgespart hat, um es seinen lieben Freunden am Ende zu übergeben. Deshalb wird die scharfblickende Erkundung des Sternenhimmels überaus wohltuend und unserem Geist höchst gemäß sein – was schon die Tatsache bezeugt, daß unser Antlitz zum Himmel emporgerichtet ist. Sie bietet auch viele Vorteile für irdische Zwecke, auf die der Schöpfer alles vorzugsweise angelegt hat. Hat doch der Schöpfer mit dem Erscheinungsbild des Himmels, dem Lauf von Sonne und Mond und dem dreifältigen Auf- und Untergang der Sterne die Zeitabschnitte eingeteilt: Nacht und Tag, den Wechsel der Jahre, die Monate und die Stunden, die oft höchst ungleich sind oder in gleichmäßigen Abschnitten verlaufen. Er setzte Anzeichen für den Winter fest, für den lauen Frühling, den heißen Sommer und den üppigen Herbst, für heiteres Wetter und einen bevorstehenden Sturm. Er brachte in der Höhe des Himmels Zeichen an, damit der arme Seefahrer und der Landmann, der sich um das Getreide müht und das Land bestellt, sich nach ihnen richteten. Hierzu dienen der Große und Kleine Bär, der träge Bootes, der überaus ungebärdige Arcturus und die Ziege im Fuhrmann; hierzu dienen die Böcklein und die im Frühling erscheinenden Atlantiden, die man auch Hyaden nennt und deren Auf- und Untergang drohenden Charakter hat. Hierzu dienen der Orion, der Vater des Winters, dessen Schwert man fürchten muß,

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<22> Sub pedibusque hujus leporem qui Sirius urget,
Multiplicesque aliae notaeque per aethera formae,
Praesertim duodena poli notissima signa.
Haec noscenda prius dio sunt cuncta colono,
Scripturas propter sacras usumque frequentem,
Ne solum lateant vel vulgo cognita crasso,
Vixque hominis quorum atque est ignorantia turpis.
     Non volo Chaldaeos; Arabum doctrina facessat
Vana; abeant, digni quò sunt, qui singula coeli
Arbitrio tribuunt, ad remque Horoscopon omnem
Observant trepidi, mundum in duodena secantes
(Invento penitus monstroso) habitacula, tumque
Audacter tenui librantes omnia filo,
Assignant hominum[6] geniturae, illius et inde
Imperio statuunt de moribus ingenioque
Cuiuscunque velis, tum signis atque planetis
Immensique poli domibus radiisque coactis
Divinant stolidi fortunam utramque prophetae:
Quàm sit nempe brevis vita et quàm longa futura
Eius, qui dudum materna prodiit alvo,
Quas sit possessurus opes et qualiter et quo
Curriculo aetatis, quos fratres quasque sorores,
Quem patrem matremque et quos habiturus alumnos,
An morbis unquam, et quibus, affligendus acerbis
Quaque via et quando sit descensurus ad umbras
Quîque illi vitae neturae stamina Parcae.
Tum de coniugii nugantur casibus omnes
In partes, quaenam et quo ventura ordine coniux,
Quin etiam pius ille, sit impius anne futurus,
Quos sit et infensos, et quos habiturus amicos

unter seinen Füßen der Hundsstern, der dem Hasen auf den Fersen ist, und die vielfältigen anderen, gut bekannten Sternbilder, insbesondere die hochberühmten zwölf Himmelszeichen. Dies alles muß der göttliche Pflanzer wegen der Heiligen Schrift und seines häufigen Gebrauchs zuvor lernen, damit diese Dinge, die sogar dem einfachen Volk geläufig sind, nicht ihm allein verborgen bleiben; hierin unwissend zu sein, steht einem Menschen schwerlich an und ist eine Schande.
     Chaldäer lehne ich ab. Die eitle Lehre der Araber hebe sich hinweg! An einen ihrer würdigen Ort mögen sich diejenigen entfernen, die dieses und jenes der Laune des Himmels zuschreiben und in jeder Angelegenheit ängstlich auf das Horoskop achtgeben, wobei sie die Welt aufgrund einer schlechthin abenteuerlichen Erfindung in zwölf Wohnungen aufteilen; die ferner alles mögliche, ihre Erwägungen an einem schwachen Faden aufhängend, mit Dreistigkeit der Geburtsstunde der Menschen zuschreiben und von daher – im Hinblick auf die Macht, die jene ausübt – Feststellungen über das Verhalten und den Charakter jedes beliebigen Menschen treffen; die ferner als alberne Propheten aus Sternbildern und Planeten, aus den Häusern des unermeßlichen Himmels und zusammenlaufenden Strahlen demjenigen, der gerade erst aus dem Mutterleib hervorgekommen ist, weissagen, was er an Glück oder Unglück erleben wird, das heißt, wie kurz oder wie lang sein Leben sein wird, über welches Vermögen – und auf welche Weise und in welchem Abschnitt seiner Lebensbahn – er verfügen wird, welche Brüder und welche Schwestern, welchen Vater und welche Mutter und welche Kinder er haben wird, ob er jemals schlimme Krankheiten über sich wird ergehen lassen müssen und welche dies sein werden, auf welche Art und zu welchem Zeitpunkt er ins Schattenreich niederfahren wird und wie ihm die Parzen den Lebensfaden spinnen werden. Ferner faseln sie von allen nur möglichen mit der Eheschließung zusammenhängenden Vorkommnissen: wer denn seine Frau sein und aus welchem Stand sie kommen wird, ja sie faseln sogar davon, ob er ein frommer Mann oder ein Frevler sein wird, welche Feinde und welche Freunde er haben wird,

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<23> Quidque sit acturus totius tempore vitae,
Quos ostensurus mores, pravosne bonosne,
Corporis atque animi quos sit nacturus honores.
De signis illi quoque prodigiosa loquuntur
Assignantque illis humani corporis artus,
Quorum respectu sine non tangi atque moveri
Ritè queant: nempe ex illis pendere salutem,
Rursus et exitium, si non attenderis, atrum.
Insuper et septem statuunt erronibus aedes
(Forsitan extorres ne sint), supremaque quando
Scandant declivique ferantur ad infima casu,
Qui calidi sint aut ignavo frigore pigri
Quique humore fluant, qui sint tamquam Aphrica sicci,
Qui celeres sint atque leves, qui pondere tardi,
Qui nigri atque albi, crocei viridesque rubrique
Quique mares et foeminei qui denique sexus.
Haec adeò audacter dicunt vultuque severo,
Ac si venissent ex alto nuper Olympo
Atque illic oculis lustrassent omnia certis.
Quid, quòd praescribunt rebus certam omnibus horam?
Atque superstitione onerant trepidantia corda?
Praescribunt siquidem, non quavis utile luce,
Qualibet atque hora committere semina terrae
Aut steriles agros fodere aut succidere ligna,
Indere nec scrobibus plantas vitemque putare,
Nec fundare etiam, quod multos duret in annos,
Non pueris usum materni demere lactis,
Non sociis operam dare, non deponere barbam,
Non turpes digitorum ungues praecidere ferro,
Non mutare locum et peregrinas visere terras,

was er sein ganzes Leben hindurch treiben wird, welche Sitten – schlechte oder gute – er an den Tag legen und welchen Ruhm er mit seinem Körper und seinem Geist erlangen wird. Sie reden auch abenteuerliche Dinge von den Sternbildern und ordnen ihnen die Glieder des menschlichen Körpers zu: diese ließen sich nur gehörig anreizen und in Bewegung setzen, wenn man jenen Rechnung trage, denn von jenen hänge das Wohlergehen und umgekehrt auch, wenn man auf sie nicht aufmerksam achtgegeben habe, finsteres Verderben ab. Darüber hinaus setzen sie auch für die sieben Planeten Häuser fest (vielleicht damit sie nicht heimatlos sind) und bestimmen, wann sie zu ihrem Gipfelpunkt aufsteigen und wann sie sich im Abwärtsflug auf ihren tiefsten Punkt zubewegen. Sie bestimmen, welche heiß sind oder welche träge infolge lähmender Kälte, welche von Feuchtigkeit triefen, welche von gleichsam afrikanischer Trockenheit sind, welche schnell und leicht und welche langsam sind aufgrund ihrer Schwere, welche schwarz oder weiß, safranfarbig, grün oder rot, welche männlichen und schließlich welche weiblichen Geschlechts sind. Dies tragen sie so dreist und mit so ernsthafter Miene vor, als seien sie kürzlich erst vom hohen Himmel gekommen und hätten dort alles mit eigenen Augen unfehlbar beobachtet. Ja noch mehr: sie schreiben für alle Dinge einen festen Zeitpunkt vor und befrachten ängstliche Gemüter mit Aberglauben! Schreiben sie doch vor, daß nicht jeder Tag und jede beliebige Stunde günstig seien, um der Erde Samen anzuvertrauen, um unfruchtbare Äcker umzugraben oder Holz zu schlagen, um Pflänzlinge in ihre Gruben zu setzen und den Weinstock zu beschneiden, auch um den Grundstein für etwas zu legen, was viele Jahre hindurch Bestand haben soll, um Kinder von der Muttermilch zu entwöhnen, um sich nach Gefährten umzusehen, um den Bart abzunehmen, um häßliche Fingernägel mit der Schere zu beschneiden, um den Ort zu wechseln und fremde Länder aufzusuchen,

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<24> Non struere insidias pendenti piscibus hamo,
Non volucres capere, aeripedi nec retia cervo
Tendere nec pueros adiungere disciplinis,
Non sociare iugum taedae, non ludere talis.
Quin nec depositum nec debita reddere cuiquam,
Non studiis super argutis contendere verbis,
Cernere nec reges illisve exponere causas,
Non venas aperire nec implorare medentes,
Scandere non domitos primùm aut castrare caballos,
Praedia non emere aut gemmas nec vendere quicquam,
Mittere nec, literas noto qui portet amico,
Non tondere comam aut molitori tradere fruges,
Non alta nigris sub terra instare metallis,
Non aedes struere aut structas habitare recenter,
Non ad servitium certos conducere servos,
Non bellum gerere aut hostes consistere contra,
Non vitam tumido Neptuni credere regno.
Omnia quis memoret? Revocant immane barathrum,
Dum nihil affirmant nisi consulto utile coelo.
Tales nolo (inquam) vates, qui pectora vulgi
Vanis dementant dictis, ventura canendo
Actusque et mentes dando coelestibus astris:
Quae nec scire licet nec credere nullaque certa ars
Nec rerum monstrant causae seriesque vetusta.
Nostra pace quidem sint haec concessa prophanis,
Quîs sese bellè ludant aliosque probentque,
Quàm sint solertes quantique ad falsa magistri.
Nos solidis verò certisque incumbere verum est:
Quorum, si sit opus, possimus dicere causas
Quaeque senem docuit longa experientia mundum.

um mit schwebendem Angelhaken den Fischen nachzustellen, um Vögel zu fangen und Netze für den schnellfüßigen Hirsch auszuspannen, um Knaben einzuschulen, um sich mit jemandem unterm Ehejoch zu vereinigen und um Würfel zu spielen. Ja auch nicht jeder Tag und jede Stunde seien günstig, um irgend jemandem ein Depositum oder Schulden zurückzuerstatten, um sich mit wohlgesetzten Worten im Wettstreit um gelehrte Fragen zu messen, um Könige zu Gesicht zu bekommen oder ihnen Sachverhalte darzulegen, um Adern zu öffnen und Ärzte um Hilfe zu bitten, um nicht zugerittene Pferde erstmals zu besteigen oder sie zu kastrieren, um Grundstücke oder Juwelen zu kaufen oder irgend etwas zu veräußern, um jemanden loszuschicken, der einem vertrauten Freund einen Brief überbringen soll, um das Haar zu schneiden oder Korn zum Müller zu bringen, um sich tief unter der Erde emsig schwärzlichen Metallen zu widmen, um ein Haus zu bauen oder ein eben erst gebautes zu bewohnen, um zuverlässige Diener einzustellen, um einen Krieg zu führen oder gegen Feinde anzutreten, um sein Leben dem brausenden Reiche Neptuns anzuvertrauen. Wer könnte alles aufzählen? Sie rufen die schreckliche Hölle herbei, während sie beteuern, es sei nur etwas Nützliches, was sich aus der Befragung des Himmels ergeben habe. Ich wiederhole: ich lehne solche Seher ab, die die Gemüter des Volkes mit eitlen Sprüchen betören, indem sie zukünftige Ereignisse vorhersagen und den Sternen am Himmel die Fähigkeit zum Handeln und Denken zubilligen: Dinge, die zu wissen oder zu glauben nicht verstattet ist und die weder durch eine zuverlässige Wissenschaft noch durch die Ursachen der Dinge und ihre in alte Zeiten hinabreichende Verkettung bestätigt werden. Zwar sei dies um unseres Friedens willen den Gottlosen zugestanden, damit sie sich hiermit selbst und andere hübsch zum Narren halten und unter Beweis stellen, wie tüchtige und große Lehrmeister von Irrtümern sie sind. Uns aber gebietet die Vernunft, uns gediegenen und zuverlässigen Dingen zu widmen, deren Gründe, sofern erforderlich, wir anzugeben vermögen und die lange Erfahrung die betagte Menschheit gelehrt hat.

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<25>     Noticiae coeli iam nunc affinis et illa est,
À puncto quae procedens reliquisque propinquis
Corpora metiri tradit variasque figuras,
Iugera terrarum, montes vallesque profundas
Et celsas turres, stellati et sidera coeli.
Nobilis est haec ars rebusque accommoda multis,
Ignarum cuius minimè decet esse colonum,
Vel reliquas artes animi vel propter acumen.
    Quis iam delicias Musarum et Musica spernat
Carmina, quae vel voce instrumentisque canuntur?
Rodentes animum dispellit Musica curas,
Musica solatur moestos animumque iacentem
Erigit et lachrymas ciet et lamenta vicissim.
Musica, quò tu cunque velis, animum trahit. Iras
Extinguit penè indomitas reprimitque furorem
Aut contrà impellit valideque accendit ad arma.
Musica spirituum tollit nocumenta malorum
Atque bonos revocat, res olim nota prophetis.
Musica confirmat nervos mollitque labores,
Quos opifex tolerat, quos nauta et durus arator.
Musica et obstreperis mandare silentia cunis
Consuetique solet praestare oblivia lactis.
Discordes quondam promptosque ad bella Laconas
Concordes fecit cantu Terpander amoeno.
Mellifluaque homines nec soli voce moventur,
Sed volucres etiam atque ferae piscesque natantes.
Concentu dulci nonne exultare caballos
Cernimus, ad vocemque ursos saltare magistri?
Lesbius ad Spartam delphino vectus Arion,
Quas habeat miras, monstravit, Musica vires.

     Der Himmelskunde ist nun auch noch diejenige Wissenschaft verwandt, die, von einem Punkt und den übrigen nahebei liegenden ausgehend, die Messung von Körpern und vielfältigen Figuren lehrt, die Berechnung von Ländereien nach Morgen, die Messung von Bergen, tiefen Tälern, hohen Türmen und Himmelskörpern des gestirnten Firmaments. Dies ist eine edle und auf viele Dinge anwendbare Kunst, in der unwissend zu sein sich für einen Pflanzer keinesfalls ziemt, sowohl um der übrigen Fertigkeiten des Geistes als auch um seiner Schärfung willen.
     Wer könnte vollends die Köstlichkeiten der Musen, und zwar die Lieder, verachten, die gesanglich und instrumental vorgetragen werden? Die Musik verscheucht alle Sorgen, die am Herzen nagen, die Musik tröstet die Betrübten, richtet die darniederliegenden Lebensgeister auf und ruft umgekehrt Tränen und Wehklagen hervor. Die Musik erzeugt dir jede beliebige Gemütsstimmung. Sie bringt ungebändigten Zorn fast zum Erlöschen, dämpft die Wut oder reizt sie umgekehrt auf und entflammt sie heftig zum Kampf. Die Musik beseitigt die schädlichen Wirkungen böser Geister und ruft die guten herbei: eine Tatsache, die einst schon den Propheten bekannt war. Die Musik stärkt die Muskeln und macht die Mühen erträglich, mit denen der Handwerker, der Seemann und der ausdauernde Pflüger sich plagen. Die Musik pflegt auch das Geschrei, das aus der Wiege entgegentönt, zum Schweigen zu bringen und die gewohnte Milch vergessen zu machen. Mit einem lieblichen Gesang versöhnte einst Terpander die zerstrittenen und zum Krieg bereiten Spartaner. Und nicht allein Menschen rührt eine süß tönende Stimme, sondern auch Vögel, wilde Tiere und die schwimmenden Fische. Sehen wir nicht Pferde zu lieblichen harmonischen Klängen springen und Bären zur Musik ihres Meisters tanzen? Der Lesbier Arion, der auf einem Delphin nach Sparta ritt, machte offenbar, welche wundersamen Kräfte der Musik innewohnen.

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<26> Montes et sylvas nec non immania saxa
Bistonium traxisse affirmant Orphea cantu.
Dicitur Amphion cretus magno Iove blanda
Concidisse lyra scopulos et saxa dolasse et
Moenia Thebarum struxisse arcemque superbam,
Quam[7] nullae Argivûm valuere excindere vires.
Musarum usque adeò pater instillavit amorem
Omnibus et coeli voluit terrena supremi
Testari morem et concordare infima summis.
Haud dubiè siquidem coelestia regna suaves
Assiduò resonant voces, quas edere dicunt
Aut motos orbes atque intervalla ruentum
Erronum septem aut domino quae multa ministrant
Milia spirituum, bonus ut concentus Olympo
Venerit in terras animosque et corpora tractet.
Quo magis hoc autem reliquis dulcedine praestat,
Hoc ad honesta magis verti divinaque debet,
Non obscoena trahi, quae hominum est insana voluptas.
Hoc nos exemplo docuit Iessaeus alumnus
Et vultu Moses radianti aliique prophetae,
Hoc iussit sacro plenus spiramine Paulus.
Quin gentes etiam fecerunt carmine sacra
Atque deis cecinere suis solenniter hymnos,
Carmina tam divis etiam pergrata putarunt.
Non diversum igitur debent sentire coloni,
Cum reliquis verùm suaves attingere Musas,
Quîs laudare Deum mentesque attollere possint.
Quid, si etiam norint iucundum pangere carmen?
Christicolasque inter dios praestare poëtas?
Carminibus veteres quondam lusere prophetae.

Man beteuert, daß Orpheus mit seinem Gesang die Berge, Wälder und riesigen Felsen der Thraker angezogen habe. Es heißt, daß Amphion, der Sproß des großen Jupiter, mit dem schmeichelnden Klang seiner Leier Felsen zerstückelt, Steine behauen und die Stadt Theben und ihre stolze Burg erbaut habe, die zu zerstören alle argivischen Streitkräfte nicht imstande waren. So große Liebe zur Musik hat der Vater allem und jedem eingegeben! Er wollte, daß die irdische Welt das Wesen des Himmels bezeugt und sich das Niederste mit dem Höchsten in Einklang befindet. Es steht nämlich ganz außer Zweifel, daß das Himmelreich unausgesetzt von den Klängen widerhallt, die, wie es heißt, hervorgebracht werden von den Kreisbewegungen der stürmisch dahineilenden sieben Planeten und ihren Zwischenräumen sowie von den vielen Tausenden dem Herrn dienstbaren Geistern – so daß die köstliche harmonische Musik vom Himmel auf die Erde gelangt ist und die Geister und Körper regiert. Je mehr dies nun aber alles übrige an Lieblichkeit übertrifft, um so mehr muß man es für ehrbare und göttliche Gegenstände verwenden und darf es nicht für Schmutzereien heranziehen, an denen die Menschen ein unsinniges Vergnügen haben. Dies lehrten uns durch ihr Beispiel der Sohn Jesses sowie Moses, dessen Antlitz strahlte, und andere Propheten; dies befahl der vom Heiligen Geist erfüllte Paulus. Ja sogar die Heiden begingen den Gottesdienst mit Gesang und stimmten für ihre Götter feierliche Hymnen an – so fest glaubten sie daran, daß Gesänge auch den Göttern sehr erwünscht seien. Also dürfen die Pflanzer von dieser Beurteilung nicht abweichen, sondern müssen sich, neben allem übrigen, auch der lieblichen Musik widmen, damit sie imstande sind, mit ihrer Hilfe Gott zu preisen und die Geister emporzuheben. Wie, wenn sie sogar ein gefälliges Lied zu verfassen und sich unter den göttlichen Dichtern der Christenheit auszuzeichnen verstünden? Die alten Propheten haben sich einst mit Liedern die Zeit vertrieben.

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<27> Carminibus responsa dedit Cyrrhaeus Apollo.
Et mores cultusque deûm ritusque sacrorum
Carminibus Manto, Linus, Amphiaraus et Orpheus
Fatidicaeque rudes populos docuere Sibyllae.
Carminis arguti maiestas maxima semper
Et virtus fuit. Hoc humili placuere popello
Principibusque viris sancti doctique poëtae.
    Hinc iam naturas rerum cognoscere tempus,
Quicquid et in physicis magni scripsere magistri,
Quamvis ridiculi sint delirentque frequenter,
Et citius Boream calido coniunxeris Austro
Et coelum terrae, Persarum regna Britannis,
In formam dicta illorum quàm finxeris unam.
Nec mirum, temerè sancti sine lumine verbi
Quum de principiis vel fine vel ordine rerum
Nugari vellent, ut si de tramite caecus
Iudicet aut aliis velit explorare colores.
Non oberit tamen illa, licet ridenda, parumper
Et summis gustasse labris: mendacia praestant,
Ut verum fiat pluris cupideque colatur.
Dulce est et iubeo rerum cognoscere causas:
Sed veras et quas possit convincere nemo.
Est quaerendi etenim finis quidam atque sciendi,
Quo satis est hominum tandem pertingere curas.
Cuncta Dei certum debet praecedere verbum,
Esse nec in mundo cuiquam dignatio maior.
Dein poterunt etiam reliquorum dicta sophorum,
Prae quibus inventum nihil est meliusque fideique
Dignius, in veri numero certique putari.
Iudicium ergo adhibe, si quid cognoscere gliscis

Der kirrhäische Apollo gab Antworten in Gestalt von Liedern. Manto, Linus, Amphiaraus und Orpheus sowie die weissagenden Sibyllen belehrten die ungeschulten Völker mit Liedern über die Sitten, die Verehrung der Götter und die gottesdienstlichen Bräuche. Einem sinnreichen Lied wohnte stets größte Erhabenheit und Kraft inne. Hierdurch haben die heiligen und gelehrten Dichter beim niederen Volk und den vornehmsten Männern Wohlgefallen erregt.
    Hierauf ist es nun an der Zeit, sich vertraut zu machen mit den Wesensarten der Dinge und mit all dem, was die großen Lehrer in der Naturkunde geschrieben haben. Allerdings sind sie zum Lachen und geben häufig aberwitzige Dinge zum besten, und eher wirst du den Nordwind mit dem heißen Süd, den Himmel mit der Erde und das Perserreich mit den Britanniern zusammenspannen, als dir nach ihren Aussprüchen ein einheitliches Bild zu machen. Das ist auch kein Wunder, da sie aufs Geratewohl – ohne das Licht der Heiligen Schrift – von den Anfängen, dem Ende und der Abfolge der Dinge schwätzen wollten, wie wenn ein Blinder über den Weg urteilte oder für andere die Farben untersuchen wollte. Es wird aber nichts schaden, sich mit jenen Dingen, wenn sie auch belachenswert sind, ohne großen Aufwand für eine kurze Weile beschäftigt zu haben: Lügen bewirken, daß die Wahrheit höher geschätzt und mit Freuden verehrt wird. Schön ist es – und ich befehle es an –, die Gründe der Dinge zu erkennen: doch die wahren und von niemandem zu widerlegenden! Es gibt nämlich eine gewisse Grenze des Forschens und Wissens, die endlich zu erreichen für das wissenschaftliche Streben der Menschen hinlänglich ist. Das unbezweifelbare Wort Gottes muß vor allem den Vorrang haben, und nichts sonst auf der Welt darf höher geachtet werden. Ferner werden auch die Aussprüche der übriggebliebenen Weisen für wahr und unbezweifelbar eingeschätzt werden können, denn im Vergleich zu ihnen ist nichts Besseres und Glaubwürdigeres erdacht worden. Beweise also Urteilsfähigkeit, wenn du darauf brennst, Erkenntnis zu gewinnen

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<28> De coelo et mundo, de forma materiaque
Deque loco, casu, fortuna, tempore, motu,
Quattuor et causis, de ventis deque tonitru,
De nive, de pluvia, de grandine deque pruina.
Unde per aestatem perfundant gramina rores,
Omnia quid causet penetrans obstantia fulmen,
Luceat unde frequens fuscis in nubibus ignis,
Cur Sole adverso sub nube appareat Iris
Multicolor, Phoeben quare circundet Haloe,
Terribilis surgat mortalibus unde cometes,
Unde adeò tellus tremat altasque obruat urbes,
Cur triplici specie interdum videatur Apollo.
Contemplator item, num sit credenda pio, quae
Coelorum inter se fertur distantia magna;
An tantum distet lunari sidere tellus,
An tantum superent terrarum climata stellae;
Lumina condiderit genitor num plura duobus
Magna Deus multumque ipsam vincentia Lunam.
Aspice naturas etiam terraeque marisque
Et quaecunque ferunt terrae, quae pontus et aer.
    Non tantae verò nobis exotica curae
Esse viris, quantae propria et vernacula debent.
Quapropter nostras etiam vadamus in aedes,
Nempe quid in nobis miri natura crearit
Visum, quantum etiam praestemus relliqua mundi,
Quîs sumus impositi rectores atque magistri;
Quae nostri dotes animi, quae corporis et quae
Mentibus in nostris rectè praveque geruntur.
Haec spectanda, magis nosmet norimus ut ipsi.
Turpe foris sapere atque aliena inquirere solum,

über Himmel und Welt, Form und Stoff, über Ort, Zufall, Glück, Zeit, Bewegung und die vier Ursachen, über die Winde, den Donner, den Schnee, den Regen, den Hagel und den Reif; wenn du darauf brennst, zu erkennen, woher der Tau kommt, der den Sommer über die Pflanzen benetzt, was den alle Widerstände durchdringenden Blitz verursacht, von woher in dunklen Wolken häufig ein Feuerschein leuchtet, warum auf der der Sonne entgegengesetzten Seite unter einer Wolke der vielfarbige Regenbogen erscheint, warum den Mond ein Hof umgibt, wo der den Sterblichen Schrecken erregende Komet seinen Ursprung hat, warum die Erde so sehr bebt und hochgebaute Städte verschüttet, warum man die Sonne zuweilen in dreifacher Gestalt sieht. Prüfe auch, ob das, was über den großen Abstand der Himmel untereinander berichtet wird, für einen Frommen glaubwürdig ist; ob die Erde so weit vom Mondgestirn entfernt liegt oder die Sterne so weit über den Erdzonen stehen; ob Gott, der Schöpfer, etwa über die zwei großen Lichtkörper hinaus noch weitere geschaffen hat, die sogar den Mond weit übertreffen. Untersuche auch das Wesen von Land und Meer und alles, was sich auf der Erde, in der See und der Luft befindet.
     Fremdländisches darf uns Menschen aber nicht in dem Maße beschäftigen wie unsere eigenen und die unsere heimische Umwelt betreffenden Belange. Laßt uns daher auch in unser Haus gehen, und zwar deshalb, um in Betracht zu ziehen, welch eine wundersame Schöpfung der Natur wir sind und durch wie große Vorzüge wir uns vor all dem anderen auf der Welt auszeichnen, über das wir als Herren und Meister gesetzt wurden; welche geistigen und körperlichen Gaben wir besitzen und welche unserer Charaktereigenschaften gut oder schlecht sind. Diese Untersuchung ist nötig, damit wir uns selbst besser kennen. Schimpflich ist es, auswärts Bescheid zu wissen und ausschließlich Fremdes zu erforschen,

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<29> Esse domi caecos Lamiarum more furentum.
    Sed mihi iamdudum forsan piger occinit: „Ohe,
Haec discenda putas prius et curanda colono,
Quàm sacram prendat stivam, quàm conserat agros?
Quid facies Christi legatis quidque prophetis?
Taliter instructos olim doctosque fuisse
Quis dicit? vel quis dicenti denique credat?
Praeterea paucos statues hac lege colonos,
Quos tamen innumeros messis divina requirit.
Absque docebantur libris divinitus olim,
Et subitò quosdam fecit Deus ipse prophetas.“
Sic piscatores etiam ignarosque librorum
Totius instituit flatus virtute superni
Doctores orbis compluraque mira patravit,
Per quae communes naturae solvere leges
Noluit atque statum praesentis tollere vitae,
Sed vim commonstrare suam privataque iura,
Quod non humanis teneatur legibus ipse.
Non sectari igitur debet miracula quisquam,
Sed communi hominum tantisper vivere iure,
Dum pater ipse aliò vocet absolvatque patenter
Legibus. In sterili quondam nutritus eremo
Iudaicus populus nec terram vertit aratro,
Nullam sementem fecit nec messuit annis
Quadraginta: annon fuerit delirus et amens,
Qui iam speret idem, manibus sedeatque remissis?
Defugiatque suum sudore acquirere panem?
Aut corvos expectet hians viduamque Sareptae,
Qui iussu Domini Heliam pavere prophetam?
Iordanis virtute Dei et mare cessit Hebraeis,

zu Hause aber blind zu sein wie die rasenden Lamien.
     Doch vielleicht schreit mir schon längst ein Faulpelz dazwischen: „Halt ein! Du meinst, daß der Pflanzer dies lernen und sich angelegen sein lassen muß, bevor er den geistlichen Pflugsterz ergreift, bevor er die Saat auf die Äcker streut? Was wirst du mit den Aposteln Christi und den Propheten anfangen? Wer sagt, daß sie seinerzeit über eine derartige Schulung und wissenschaftliche Bildung verfügt haben? Oder wer könnte gar demjenigen Glauben schenken, der sich dahingehend äußert? Außerdem wirst du, wenn es nach dieser Vorschrift geht, nur wenige Pflanzer auf die Beine bringen, obwohl die göttliche Ernte doch unzählige erfordert. Einstmals wurden sie ohne Bücher, durch göttliche Eingebung, unterwiesen, und manche Menschen machte Gott selbst im Handumdrehen zu Propheten!“ – Ja, ganz recht! Er hat sogar Fischer und überhaupt Menschen, die von Büchern nichts wußten, durch die Wirkkraft des Heiligen Geistes zu Lehrern der ganzen Welt ausgebildet und eine ganze Reihe von Wundern vollbracht; mit ihnen wollte er weder die allgemein gültigen Naturgesetze außer Kraft setzen noch den Zustand des gegenwärtigen Lebens aufheben, sondern deutlich seine Macht und die nur ihm persönlich zustehenden Vorrechte sowie seine eigene Unabhängigkeit von den für die Menschen geltenden Gesetzen demonstrieren. Niemand darf also auf Wunder ausgehen, sondern jedermann muß solange nach der allgemeinen Menschheitssatzung leben, bis der Vater selbst ihn anderswohin beruft und ihn offen von den Gesetzen entbindet. Das jüdische Volk wurde vor Zeiten in der unfruchtbaren Wüste vierzig Jahre lang ernährt – und es pflügte nicht die Erde, säte nichts aus und erntete nicht. Wird nun der nicht verrückt und aberwitzig sein, der jetzt das gleiche erhofft und mit schlaffen Händen dasitzt und sich scheut, sein Brot mit Schweiß zu erwerben? Oder der offenen Mundes auf die Raben und die Witwe aus Sarepta wartet, die auf Geheiß des Herrn den Propheten Elias ernährten? Dank Gottes Wunderkraft wichen der Jordan und das Meer vor den Juden zurück.

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<30> Nunc Argo Tiphyque opus est rectore volenti
Stagnantes fluvios tumidique vada aspera ponti
Traiicere. Hinc nobis discendum, quicquid in orbe
Ad cultum summi poterit servire Tonantis.
Ociaque agricolis non sunt spectanda futuris,
Ne quà tentetur Dominus nobisque periclum
Desidibus poenasque creet spretoribus aequas.
Exemplo sunt, qui versantur ubique retincti,
Qui spernunt libros artesque omnesque peritos
Virtutemque putant, nil quàm vernacula nosse
Et cerdonum adeò dudum liquisse tabernas
Et planè illotis manibus pedibusque docendi
Munere perfungi flatumque crepare supernum.
Unde supercilio magno invisoque Tonanti
Praecipitant sese temerè multosque ruina
Involvunt secum, vana et perversa docentes.
Porrò divinus didicit prius omnia Moses,
Quae Pharii cauta tradebant arte magistri,
Quàm Domini subiit verbum regimenque popelli.
Cum sociis Daniel vetitas abiecerat escas,
At non Chaldaeas idem contempserat artes.
Erudiit Paulum Solymorum magnus in urbe
Et celebris doctor, nec tantum lege paterna
Scripturisque piis excelluit ille, sed ipsis
Doctrinis etiam Graecis literisque prophanis,
Instructus quibus ad gentes audacior ibat,
Quas poterat propriis ipsarum sternere telis.
Cecropia vatem produxit in urbe Solensem
Et Cretas contra Cretensem martyra fecit,
Qui sese Aetnaeis iniecit sponte caminis,

Wer heute aber über die Ufer getretene Flüsse und die ungestümen Wasser des brausenden Meeres überqueren will, braucht einen Argus und einen Tiphys als Steuermann. Deshalb müssen wir uns lernend aneignen, was immer auf der Welt zum Dienst am höchsten Donnerer nützlich sein kann. Künftige Landbauer dürfen nicht nach Müßiggang trachten, damit der Herr nicht etwa versucht wird und uns als faulenzenden Verächtern Gefahr und angemessene Strafen erzeugt. Ein warnendes Beispiel sind die überall lebenden Wiedertäufer, die Bücher, Wissenschaften und alle Menschen mit Sachverstand verachten und es für eine Tugend halten, sich nur mit den heimischen Belangen auszukennen, ja gerade erst die Werkstätten verlassen zu haben und mit gänzlich ungewaschenen Händen und Füßen das Lehramt zu versehen und den Heiligen Geist zu predigen. Daher richten sie sich durch ihren großen, dem Donnerer verhaßten Hochmut blindlings zugrunde und ziehen mit ihren eitlen und verkehrten Lehren viele Menschen mit sich ins Verderben. Der göttliche Moses hingegen eignete sich erst alles an, was die ägyptischen Lehrmeister wissenschaftlich wohlfundiert lehrten, bevor er sich dem Wort Gottes und der Leitung des Volkes widmete. Daniel hatte gemeinsam mit seinen Gefährten die verbotenen Speisen abgewiesen, doch nicht zugleich die chaldäischen Wissenschaften verachtet. Paulus erhielt seine Ausbildung in Jerusalem von einem großen und gefeierten Lehrer, und er tat sich nicht nur im väterlichen Gesetz und in gottgefälligen Schriften hervor, sondern gleichfalls auch in den Lehrgegenständen und der gottlosen Wissenschaft der Griechen; mit diesem Rüstzeug versehen begab er sich um so beherzter zu den Heiden, die er mit ihren eigenen Waffen schlagen konnte. In Athen zitierte er den Dichter aus Soloi, und gegen die Kreter führte er den Kreter zum Zeugen an, der sich freiwillig in den Kamin des Aetna stürzte,

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<31> Divinos ut vulgus apud mereretur honores.
Est electorum, praeclari quicquid ubique est
Et quicquid veri iustique et quicquid honesti,
Omniaque in proprios debent convertere fructus.
Namque suis spolianda bonis Memphitica tellus,
Ditior ut fiat Domini thesaurus et ipse
Ornatu populus vario solennia patret.
Est tantum interdicta fides et vita, prophanae
Non artes ullae nec vera scientia gentis.
Sedulò duntaxat nostrum vertamus in usum
Divinoque illis cautè studeamus honori.
Hinc docti scribae Domino laudantur IESU
Et valdè ditis similes dicuntur heri, qui
Ex locuplete penu vetera et nova promit abundè.
Gloria quin maior doctos fideique magistros
In patria manet, ut cecinit doctissimus ipse
Vates, cui truculenti etiam parsere leones.
Nullam rusticitas laudem ruditasque meretur;
In sacro turpis valde et culpanda colono est.
Quis probat ignavos? ubi non socordia foeda?
Florilegae laudantur apes, quòd veris in hora
Dulcia conficiunt operoso mella labore.
Formicae sibi tecta parant et corpore maius
Convolvunt onus inque hyemem frumenta reponunt.
Cur non agricolis eadem mundique magistris
Sedulitas curae sit? Nequaquam ocia certè,
Sed sunt electis mandata negocia servis,
In regnum Dominus quum mox rediturus abiret.
Quòd paucos verò tales videamus ubique,
Quis nescit? Nullique (puto) est abscondita causa.

um beim Volk göttliche Ehre zu erwerben. Alles, was es nur auf der ganzen Welt an Herrlichem, Wahrhaftem, Gerechtem und Ehrbarem gibt, gehört den Auserwählten, und sie müssen alles für sich selbst nutzbar machen. Man muß nämlich Ägypten seiner Güter berauben, damit der Schatz des Herrn an Reichtum zunimmt und sogar das Volk die kirchlichen Feiern in abwechslungsreicher Kleiderpracht begeht. Verboten sind nur der Glaube und die Lebensform der Heiden, nicht jedoch irgendeine ihrer weltlichen Wissenschaften oder ihr auf Wahrheit beruhender Wissensfundus. Mit allem Fleiß wollen wir sie ausschließlich zu unserem Nutzen verwenden und durch sie mit Besonnenheit den Ruhm Gottes befördern. Daher lobt der Herr Jesus die Schriftgelehrten und vergleicht sie mit einem sehr wohlhabenden Hausvater, der aus seinem gut bestückten Vorrat Altes und Neues in üppiger Fülle hervorholt. Ja Gelehrten und Glaubenslehrern winkt in ihrem Vaterland größerer Ruhm, wie der selbst hochgelehrte Prophet verkündete, den sogar die grimmigen Löwen verschonten. Bäurisches Wesen und Unwissenheit verdienen kein Lob; bei einem geistlichen Pflanzer sind sie eine große Schande und müssen getadelt werden. Wer spendet Faulenzern Beifall? Wo gilt Trägheit des Geistes nicht als verächtlich? Man lobt die blütenbesuchenden Bienen, weil sie zur Frühlingszeit in mühevoller Arbeit süßen Honig erzeugen. Die Ameisen bauen sich Wohnungen und wälzen eine Last von der Stelle, die größer ist als ihr Körper, und legen sich für den Winter Getreide zurück. Warum sollen sich die Landbauer und Lehrer der Welt nicht die gleiche Emsigkeit angelegen sein lassen? Den auserwählten Dienern wurde zweifellos auf keinen Fall Müßiggang, sondern Betätigung anbefohlen, als der Herr sich in sein Reich entfernte, von wo er bald wiederkehren wird. Daß man aber allenthalben nur weniger Diener gewahr wird, die so geartet sind, wer wüßte das nicht? Dieser Sachverhalt ist, denke ich, niemandem verborgen.

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<32> Se quaerunt ventremque suum et sua commoda multi;
Desidiae multis arridet campus et oci,
At Christi Domini perrarus quaerit honorem,
Flagitet et quantas curas quantosque labores
Cordis ager. Squallent igitur passim arva malisque
Vepribus implentur, loliumque accrescit abundè.
Disperguntur oves tenerae morbisque laborant
Atque venenatis temerè pascuntur in ulvis,
Nemo et dignatur miseris succurrere rebus.
Coniurasse putes Satanam mundumque frementem
Atque duces plebis, Reges rasosque colonos,
Quorum praecipuè Christi versatur in ore
Nomen et illius se iactant esse ministros,
Ne tenebrosa hominum recteque pieque colantur
Pectora neu verbi spargantur semina purè
Atque Deo gratas referant cum foenore messes.
Quae verò servis adeò stipendia nequam
Et toti Satanae regno cortique malorum
Solvet cunctorum supremo tempore iudex?
Sanè longanimes expectent illa ferantque,
Nos praeceptorum memores meliora feremus.
     Protinus hinc mores formet vitamque colonus
Ipse suam, ut sit tota sacro non dissona verbo,
Erudiens ne fortè alios se negligat ipse
Et sanae pariter doctrinae obstacula ponat,
Moribus incultisque ruat constructa docendo.
Antè supercilium demat fastumque superbum
Omnia: non etenim demissi imitatio Christi,
Cui summum studium certatim impendere debent,
Noxam adimentis aquae quicunque adiere lavacrum,

Viele richten ihren Sinn auf sich selbst, ihren Bauch und ihr Wohlergehen; vielen behagt ein Blachfeld der Untätigkeit und der Muße; doch nur sehr selten denkt jemand an die Ehre des Herrn und daran, welch großes Maß an Mühe und Arbeit der Acker des Herzens verlangt. Sonach liegen überall die Felder wüst und sind über und über mit schädlichem Dorngestrüpp bedeckt, und üppig vermehrt sich der Lolch. Die verletzlichen Schafe laufen auseinander, sie leiden unter Krankheiten, werden gedankenlos in giftigem Sumpfgras geweidet, und niemand läßt sich herbei, diesem Elend abzuhelfen. Man könnte meinen, Satan, die widerspenstige Welt, die Anführer des Volkes, die Könige und die geschorenen Pflanzer, die vor allen anderen Christi Namen ständig im Munde führen und sich als seine Diener rühmen, hätten sich miteinander verschworen, um zu verhindern, daß die finsteren Herzen der Menschen sachgerecht und auf gottgefällige Weise beackert und die Samen des Wortes reinlich ausgestreut werden und mit Gewinn die Gott erwünschten Ernten hervorbringen. Was wird aber der Lohn sein, den der Richter aller am Ende der Zeiten so nichtsnutzigen Dienern, dem ganzen Reich Satans und der Schar der Bösewichter zahlen wird? Sollen sie ihn nur immerhin geduldig abwarten und einstreichen: wir, die wir der Gebote eingedenk sind, werden besseren davontragen.
     Darüber hinaus bringe der Pflanzer selbst gehörige Ordnung in seine Lebensführung, so daß sie gänzlich mit der Heiligen Schrift übereinstimmt, damit er, während er andere unterweist, nicht etwa sich selbst vernachlässigt, der unverdorbenen Lehre Hindernisse in den Weg legt und durch verwilderte Sitten über den Haufen wirft, was er mit seinem Lehren aufgebaut hat. Vor allem anderen lege er Hochmut und hoffärtigen Stolz ab: die Nachfolge des herabgesandten Christus, auf die alle diejenigen, die sich mit dem schuldvertilgenden Wasser haben taufen lassen, um die Wette größten Eifer verwenden müssen,

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<33> Ferre potest. Turpis cuiusque superbia servi est,
Quae vincit dominum regnumque sibi arrogat et ius
In mundo magnum praeclarosque ambit honores,
Christus ubi fluxit Dominus sudore cruento
Estque litus faciem sputis colaphisque notatus
Derisusque crucem tulit et defunctus acerbè est.
Quis non Nestorii vocem promissaque vana
Oderit? et Pauli fastus, antistitis olim
Antiochiae eius, nitidus quam scindit Orontes?
Quis non Christigenûm reprehendat in agricola, qui
Turgida Maximini iuvenis vestigia sectans
Et manibus pedibusque suis vult oscula figi?
Aque viris pompa sublimis divite ferri,
Undique collucens gemmis et murice cultus,
Rex ut Achaemenidum aut quales Gangetica tellus
Barbarico ritu colit et sustollit ad astra?
Talia sectentur reges: mediocria noster
Et nequaquam huius quaerat sublimia mundi.
Se norit vano non solum nomine servum,
Sed re servitioque humili gerat atque benigno.
Et voce et verbis ipsoque affirmet amictu
Incessuque simul gestuque et denique victu,
Qualia sint interna animi, praefixerit unum
Quem sibi culturae scopon et quàm lumine recto
Aspiciat Christum Regem populique salutem.
Nil causae, ut quisquam tumeat vel nobile propter
Maiorum genus aut argenti pondus et auri,
Corporis aut formam pulchri turbamque clientum
Aut doctrinae umbram magnae titulosque redemptos
Aut aliud quiddam. (Quid enim sunt omnia nostra?)

kann sie nämlich nicht dulden. Eine Schande für jeden Diener ist die Hoffart, die sich über den Herrn setzt und sich die Herrschaft anmaßt und nach großer Macht und glanzvollen Ehren strebt in einer Welt, wo der Herr Christus von blutigem Schweiße troff, wo man sein Antlitz mit Speichel besudelte und ihn mit Faustschlägen rügte, wo er unter Hohngelächter das Kreuz trug und eines bitteren Todes starb. Wer wird nicht Haß empfinden gegenüber dem Wort des Nestorius und seinen eitlen Verheißungen, Haß auch gegenüber dem stolzen Gehabe des Paulus, einstmals Bischof in jenem Antiochia, das durchschnitten wird vom blanken Orontes? Welcher Christenmensch sollte es nicht an einem Landbauer tadeln, wenn er, auf den protzigen Spuren des Jünglings Maximin wandelnd, verlangt, daß man ihm Hände und Füße küßt? Und der – über und über von Juwelen funkelnd und mit Purpur geschmückt – mit üppigem Gepränge von hochgestellten Männern getragen werden will wie der König von Persien oder die Herren, die das Land am Ganges nach barbarischem Brauch verehrt und in den Himmel hebt? Nach derlei mögen Könige trachten: unser Landbauer strebe nach einem schlichten Rang und keinesfalls nach den hehren Gipfelpunkten dieser Welt. Er verstehe sich als Diener nicht nur dem eitlen Namen nach, sondern stelle tatsächlich einen solchen dar, indem er in Demut und Güte Dienstleistungen verrichtet. Und er bekräftige durch Ausdruck und Inhalt seiner Rede, selbst durch seine Kleidung sowie seinen Gang, seine Gestik und schließlich seine Lebensweise, wie das Innere seines Herzens beschaffen ist, was er sich zum alleinigen Ziel seines Landbaus gesetzt hat und wie er mit unverwandtem Blick auf den König Christus und das Heil des Volkes schaut. Es besteht gar kein Anlaß, daß irgend jemand sich aufbläst wegen des Geschlechts seiner Ahnen oder weil er über einen Haufen Silber und Gold oder einen schönen Körperbau und einen Schwarm von Hörigen verfügt – oder auch wegen eines Scheins großer Gelehrsamkeit, wegen käuflich erworbener Titel oder aus irgendeinem sonstigen Grund. (Was ist denn schon all unser Besitz?)

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<34> Quanticunque sumus, certo sumus ordine creti
Mutuum ad officium procurandamque salutem.
Quod si negligimus fastuque horremus inani,
Maxima in ingentem vertentur dona ruinam.
Trux quoque non Domini decet iracundia servum
Nec vultus tetricus vel torvus more ferarum,
Qui petat exerto cuncta occurrentia cornu,
Semper et infestus caedem et fera bella minetur.
Pectora consistant vultu tranquilla sereno,
Inque Dei servo Christi videatur imago,
Ne prius ac verbum faciat suggestaque scandat,
Territa diffugiat nil sperans concio recti.
Plurima ferre sciat verbis factisque molesta,
Plurima ne curare quidem, contemnere multa,
Sublimemque animum gerat, haud facilique movendum
Vento. Vel saltem à verbis sibi temperet irae,
Dentium et attritu diro vultuque minaci,
Maximè et à pugnis. Non tanta ô convenit ira,
À nullis quae designet toleranda prophanis.
Quis ferat Amphitryoniaden, quis cernat, in Oeta?
Et Telamoniades quem non exterreat Aiax,
Immeritas mactans pecudes, iratus Ulyssi?
Quis non Eurylochi fugiat consortia saevi
Curriculo servum cum carne veruque sequentis
Ad medium usque forum? Placeat quî Commodus atrox,
Balnei in accensam mittens ob parva magistrum
Fornacem? Vel quis Cleomeden Astypalaeum
Non detestetur, facinus Samsonis Hebraei
Correptum versa referentem bile columna?
Tanta absit rabies procul et violentior ira.

So groß wir auch immer sind: wir sind nach unbezweifelbarer Bestimmung zu dem Zweck entsprossen, daß wir uns gegenseitig dienen und einer für des anderen Wohlfahrt sorgt. Wenn wir dies hintansetzen und in albernem Stolz davor zurückscheuen, werden sich die größten Gaben in gewaltiges Unheil verkehren. Auch wilder Jähzorn steht einem Diener des Herrn nicht an; für ihn schickt sich auch kein häßliches oder – wie bei wilden Tieren – finster dräuendes Angesicht, das alles, was ihm in den Weg kommt, mit vorgestrecktem Horn angreift und feindselig ständig Mord und wüste Kriege androht. Sein Herz verharre in ruhiger Gelassenheit; dabei sei sein Antlitz heiter, und im Knecht Gottes erkenne man ein Abbild Christi, damit nicht die Gemeinde Böses gewärtigend erschreckt auseinanderstiebt, bevor er noch ein Wort spricht und die Kanzel besteigt. Er sei imstande, sehr viel Ungemach aus Worten und Taten zu ertragen, das meiste nicht einmal zu beachten und über vieles gleichmütig hinwegzusehen; sein Geist stehe über den Dingen und lasse sich durch ein leichtes Lüftchen durchaus nicht erschüttern – oder er enthalte sich wenigstens der Sprache des Zorns, grauslichen Zähneknirschens, drohenden Mienenspiels und – am allermeisten – der Fäuste. O, nicht geziemt sich ein so großer Zorn, der etwas anrichtet, was kein Weltkind hinnehmen kann! Wer könnte den oeteischen Herakles ertragen, wer sich für ihn entscheiden? Wen sollte Ajax, der Sohn Telamons, nicht in Schrecken versetzen, wenn er aus Zorn über Odysseus unschuldige Schafe hinschlachtet? Wer sollte nicht die Gemeinschaft mit dem rasenden Eurylochus fliehen, wenn er seinem Sklaven mit Fleisch und Bratspieß bis zur Mitte des Marktes hinterherrennt? Wie kann der grausame Commodus Sympathie wecken, wenn er einen Lehrer wegen einer Kleinigkeit in den brennenden Ofen des Badehauses schickt? Oder wer sollte Kleomedes von Astypalaia nicht verabscheuen, wenn er, von Zorn übermannt, die Tat des Juden Samson – das Umstürzen der Säule – wiederholt? Weit fern seien so große Raserei und allzu heftiger Zorn!

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Et deridiculo est et fert mendacia secum.
Grata Deo cunctisque vagae moderatio linguae.

Auch verletze er seine Gegner weder mit Worten noch einer bösen Zunge, um sich selbst für eigenes Leiden zu rächen und den brennenden Zorn mit stygischem Naß zu kühlen. Keines Menschen Lebenswandel und Interessenrichtung benage er böswillig, und er lerne es, in allen Angelegenheiten seine Zunge im Zaum zu halten. Seine Rede sei nutzbringend und wohltuend zugleich und fasse sich kurz. Geschwätzige Zerfahrenheit und ein banaler Redefluß sind etwas Schimpfliches und Lächerliches und haben Lügen in ihrem Gefolge. Die Zügelung der lockeren Zunge ist Gott und allen Menschen willkommen.


[4] uellendam (uellendum Errata)   [5] sthic (Isthic Errata)   [6] dominum   [7] Quàm

Letzte Änderung: 15.12.2009

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