Fedele, Cassandra:

Epistolae & orationes posthumae. Iac. Philippus Tomasinus e mss. rec. ... notisque ill.. - Numquam antehac ed.

- Patavii : Bolzetta, 1636. - 48, 228, [4] S.: Porträt; 8
Signatur: Sch 071/199 Notation: L 532 D 130



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Um 1465 in Venedig geboren, erhielt Cassandra Fedele sehr früh von ihrem Vater Unterricht in den klassischen Sprachen. Bald folgte das Studium der Dialektik und Philosophie bei einem Hauslehrer. Auch poetisches und musikalisches Talent wird an ihr gerühmt, doch sind keine Gedichte, sondern nur Briefe und Reden von ihr erhalten.

1487 wurde Cassandra von der Universität Padua gebeten, bei einer Promotionsfeier eine Rede zum Lob der Wissenschaften zu halten. Ihre "Oratio" wurde bald im Druck verbreitet und trug die Kunde von diesem Wunder weiblicher Gelehrsamkeit bis nach Deutschland (Ausgabe Nürnberg 1489). In einem immer mehr anschwellenden Briefwechsel mit Gelehrten und hohen geistlichen und weltlichen Würdenträgern pries Cassandra nach humanistischer Weise Wissenschaften, Tugenden, tüchtige Leistungen und nicht zuletzt die hohen Adressaten selbst. Diese versäumten es nicht, ihr in entsprechender Weise zu antworten. Bei zeremoniellen Anlässen trat Cassandra im Auftrag des venezianischen Senats als Rednerin auf und dokumentierte so den Anspruch der Serenissima, auch im Bereich der humanistischen Studien neben Florenz und Rom einen Spitzenplatz zu beanspruchen. Als Königin Isabella von Kastilien Cassandra an ihren Hof zu ziehen suchte, untersagte der Doge selbst der jungen Gelehrten, ihre Heimat zu verlassen.

Dennoch ließ man zu, daß Cassandra bald in bedrückender Dürftigkeit lebte. Ein Universitätsstudium und eine adäquate berufliche Stellung blieben ihr als Frau versagt. Um 1500 heiratete sie einen Arzt, mit dem sie einige Jahre auf Kreta verbrachte. Auf der Rückreise verlor das Paar seine ganze Habe bei einem Schiffbruch. Als Cassandras Mann 1521 starb, ließ er seine Frau in Armut zurück. Ein Bittbrief der Witwe an Papst Leo X. blieb ohne Antwort. Erst 1547 erhielt die hochbetagte Gelehrte, die trotz aller Widrigkeiten ein Werk "De scientiarum ordine" zum Druck vorbereitet hatte - infolge der Unachtsamkeit des Verlegers ist es verschollen -, eine existenzsichernde Stellung als Leiterin eines Waisenhauses für Mädchen. Ihren letzten Auftritt hatte die Neunzigjährige, als sie zur Begrüßung der polnischen Königinmutter Bona Sforza eine Rede hielt. 1558 starb sie und wurde durch Feierlichkeiten und ein Grabmonument geehrt, nicht anders als ein bedeutender Gelehrter.

An Cassandra Fedeles Schicksal sind Glanz und Elend der gelehrten Frau im Italien der Renaissance deutlich abzulesen. Als Zeichen kulturellen Fortschritts wurden die raren Exempel weiblicher Gelehrsamkeit enthusiastisch begrüßt. Ihr Wirken jedoch blieb auf die Demonstration ihrer Kenntnisse beschränkt, und sie erhielten keine Chance, in der Männerwelt der wissenschaftlichen Institutionen (respublica doctorum) Fuß zu fassen.



Weiterführende Literatur:

King, Margaret L.; Rabil, Albert: Her immaculate hand. Selected works by and about women humanists of Quattrocento Italy. - Binghamton, N.Y., 1983. - 167 S. (Medieval & Renaissance Texts & Studies; 20) (Ohne den lateinischen Originaltext.) (Rev. ed. 1992)

King, Margaret L.: Women of the Renaissance. - Chicago: Univ. of Chicago Pr., 1991. - XV, 333 S. (Women in culture and society) Original: Le donne nel Rinascimento. (Dt. Übers.: Frauen in der Renaissance. Aus dem Engl. von Holger Fliessbach. - München : Beck, 1993. - 364 S.; Ill.)

Robin, Diana: Cassandra Fedele's Epistolae (1488-1521): Biography as Effacement. In: Mayer, Thomas (Hrsg.): The Rhetoric of Life-Writing in the Renaissance. Ann Arbor, Mich.: Univ. of Michigan Press, 1994

G. Fagioli Vercellone: Fedele (Fedeli, Fidelis), Cassandra. In: Dizionario biografico degli Italiani. Vol. 45. Rom, 1995. S.566-568.



Inhalt

(Die Themenangaben der Briefe stammen von dem Herausgeber Tomasini. Sie werden hier in freier Übersetzung wiedergegeben und gelegentlich mit Rücksicht auf den Brieftext selbst korrigiert.)

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