„Wenn Deutschland – dann Mannheim“

Elisabed Mamradze, 22, kommt aus Tiflis, der Hauptstadt Georgiens, und studiert im vierten Semester BWL. Vor ihrem Studium an der Universität Mannheim war sie als professionelle Pianistin tätig. In ihrer myUniMA story erzählt sie, was sie dazu bewegt hat, ihre musikalische Karriere gegen ein BWL-Studium in Deutschland einzutauschen.

Wieso hast du dich dafür entschieden, an der Universität Mannheim in Deutschland zu studieren?

In der Schule, in die ich gegangen bin, haben wir Deutsch als erste Fremdsprache gelernt. Daher habe ich mich bereits seit meiner Kindheit mit der deutschen Sprache beschäftigt. Außerdem habe ich nebenbei schon immer viel Musik gemacht – dabei ging es auch immer um Deutschland, um deutsche Komponist*innen, oder um österreichische. Deswegen wollte ich meine Zukunft mit Deutschland verbinden. Und wenn man die Musik eines Landes kennt und auch die Sprache spricht, dann weiß man bereits vieles über die Kultur. Deshalb habe ich mir gedacht, dass ich mich in Deutschland wohlfühlen werde – und das hat sich dann auch verwirklicht.

Warum hast du dir speziell Mannheim als Studien­ort ausgesucht?

bin ich eher zufällig auf Mannheim gestoßen. Ich hatte von Mannheim noch nicht so viel gehört, aber bei meiner Recherche ist mir aufgefallen, dass Mannheim als eine der besten Unis für BWL gilt. Dann habe ich vieles über die Uni gelesen und auch darüber, woran die Professor*innen so forschen – und fand alles sehr interessant. Außerdem habe ich gelesen, dass hier oft versucht wird, Forschung mit Praxis zu kombinieren und dass die Uni weltweit angesehen ist. Deswegen habe ich mir dann gedacht: „Wenn Deutschland – dann Mannheim“. Als außereuropäische Studentin musste ich aber zuerst noch meine Hochschul­zulassungs­berechtigung erwerben – das  habe ich in Heidelberg gemacht. Dort lebe ich auch immer noch und pendle nach Mannheim zur Uni.

Vor deinem Studium warst du als professionelle Pianistin tätig, richtig? Magst du kurz über deine musikalische Karriere berichten?

In Georgien habe ich zwei Schulen besucht: eine „normale“ Schule und eine Musikschule. Ich habe schon immer viel Klavier gespielt und auch sehr früh angefangen, Musik zu komponieren. Als ich neun oder zehn war, hatte ich schon ungefähr 30 Stücke komponiert. Aber damals habe ich noch viel improvisiert und habe gemerkt, dass mir vieles an technischem Wissen fehlt – deswegen habe ich mich entschieden, erst mal richtig gut spielen zu lernen. Also habe ich stundenlang geübt – vor Konzerten manchmal sogar bis zu sieben oder acht Stunden am Tag. Ich bin dann auch sehr viel gereist und habe an Wettbewerben und Festivals teilgenommen und habe Konzerte gegeben. Das erste Mal alleine unterwegs war ich mit zwölf – damals war ich in Dänemark. Im Nachhinein betrachtet haben mir diese Erfahrungen sehr dabei geholfen, selbstständig zu werden und mich in Europa zurechtzufinden, zum Beispiel was den öffentlichen Nahverkehr angeht. Außerdem bin ich nie richtig nervös vor Prüfungen, weil ich gelernt habe, gut mit der Aufregung und dem Druck umzugehen. Ich hatte also ein sehr aktives Leben und quasi überhaupt keine Freizeit, aber das war meine Entscheidung und ich war glücklich damit, dass ich auf der Bühne stehen und spielen konnte.

Wie hast du den Wechsel von deiner Klavier-Karriere zum BWL-Studium empfunden? Und wieso hast du dich gerade für BWL als Studien­fach entschieden?

Bevor ich nach Deutschland kam, habe ich erst ein Semester lang Musik an der Züricher Hochschule für Künste studiert. Aber meine Hand hat mir Probleme bereitet und ich hatte ständig Schmerzen. Und als ich dann wirklich nur noch Musik gemacht habe, habe ich außerdem gemerkt, dass mir etwas fehlt. So kam ich dann auf BWL – ich dachte mir, dass das Fach viele Bereiche kombiniert und dass es auch Mathematik beinhaltet, was mir ebenfalls schon immer Spaß gemacht hat. Wenn ich darüber nachdenke, sage ich mir „everything happens for a good reason“ – und letztendlich fühle ich mich gut mit meiner Entscheidung.

Wie gestaltest du deine Freizeit?

Ich spiele natürlich immer noch viel Klavier. Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich auch zuallererst danach geschaut, wo man günstig ein E-Piano kaufen kann. Au0erdem investiere ich viel Zeit und Geld in Konzerte, Museumsbesuche und solche Sachen. Da verpasse ich fast nie etwas – zum Beispiel war ich auch schon in Baden-Baden oder in Frankfurt auf Konzerten. Außerdem liebe ich es, zu reisen und versuche, die Umgebung von Mannheim so gut wie möglich kennenzulernen. Zum Beispiel war ich schon in Straßburg oder in Basel und auch in vielen kleineren Städten in Baden-Württemberg und der Region.

Was vermisst du hier im Vergleich zu Georgien?

Natürlich vor allem meine Familie und meine Freund*innen. Georgien ist ein sehr traditionelles Land und die Familie steht an erster Stelle und hat oberste Priorität für uns. Davon abgesehen fehlt mir auch das Essen. Wir haben eine sehr gute Küche. Hier in der Region gibt es leider keine georgischen Restaurants und man kann auch nicht alles selbst zubereiten, weil es manche spezifischen Zutaten in Deutschland nicht zu kaufen gibt. Außerdem vermisse ich die georgischen Berge, obwohl es in Deutschland auch Berge gibt. Aber ich vermisse es, mit meinen Freund*innen dort Skifahren zu gehen. Außerdem fehlen mir liebgewonnene Orte wie bestimmte Cafés oder Clubs.

Gibt es auch etwas, das dir hier besonders gefällt?

Vieles – ich bin wirklich sehr zufrieden mit meinem Studium und meinem Aufenthalt in Deutschland insgesamt. Ich habe eine Zeit lang als Analysis-Tutorin gearbeitet und habe mich in dieser Rolle sehr wohlgefühlt. Ich habe mir immer sehr viel Mühe gegeben, das Tutorium vorzubereiten und auch die Hintergründe, die nicht im Skript standen, gut zu erklären und habe dafür am Ende sehr positives Feedback bekommen. In meiner Freizeit gibt es viele Dinge, die mir Spaß machen. Besonders gefallen hat mir ein klassisches Festival namens „Heidelberger Frühling“. Da war ich jeden Tag vor Ort und habe wirklich schöne Erinnerungen gesammelt. Bei meinen Besuchen hatte ich das Gefühl,  ein Teil von der musikalischen und kreativen Atmosphäre zu sein und das war wirklich ein besonderes Erlebnis.

Weißt du schon, wie es nach dem BWL-Bachelor für dich weitergeht?

Ich würde gerne noch meinen Master in Deutschland machen – aber das hängt davon ab, wie es finanz­iell aussieht. Da jetzt Studien­gebühren für Nicht-EU-Bürger*innen eingeführt wurden, hoffe ich, dass ich es mir weiterhin leisten kann, hierzubleiben. Nach dem Studium würde ich gerne noch für ein oder zwei Jahre in Deutschland bleiben, um Berufserfahrung zu sammeln. Aber obwohl ich Deutschland sehr dankbar bin, dass ich hier so ein gutes und qualitativ hochwertiges Studium ermöglicht bekommen habe, möchte ich auf Dauer in meine Heimat nach Georgien zurückkehren. Am liebsten würde ich jedoch für ein deutsches Unternehmen in Georgien arbeiten, um die deutsch-georgischen Beziehungen zu verbessern und beiden Ländern etwas zurückzugeben.

Text: Kathrin Holstein / Februar 2018