Über 2.500 Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Beschäftigte der Universität und Hochschule Mannheim sind am 30. Oktober dem Aufruf einer Kundgebung auf dem Ehrenhof unter dem Motto „NoScienceNoFuture“ gefolgt, mit dem auf die finanzielle Not der Landeshochschulen aufmerksam gemacht werden sollte. Im Anschluss fand ein gemeinsamer Protestmarsch der Hochschulen durch die Mannheimer Innenstadt statt. Bei der Kundgebung erklärte Universitätsrektor Prof. Dr. Thomas Puhl: „Die Universitäten erhalten heute inflationsbereinigt 3.500 Euro weniger pro Studentin und Student, das ist ein Drittel weniger als noch vor zwanzig Jahren - und das obwohl die Steuereinahmen im Land im gleichen Zeitraum um 49 Prozent gestiegen sind“, so Puhl. „Allein an der Universität Mannheim fehlen so bereits heute 42 Millionen Euro. Dieses Defizit verschwindet nicht, wenn der Uni-Haushalt in gleicher Höhe fortgeschrieben wird. Im Gegenteil – die Inflationsrate, Tarifsteigerungen sowie steigende Gebäudebewirtschaftungskosten lassen es Jahr für Jahr weiter anwachsen.“ In anderen Bundesländern würden die Bundesmittel aus dem Zukunftsvertrag Studium und Lehre ungeschmälert an die einzelnen Hochschulen weitergegeben, Bayern habe angekündigt, massiv in Bildung und Innovation zu investieren. „Wenn die Universitäten in Baden-Württemberg im nationalen und internationalen Wettbewerb nicht unweigerlich abgehängt werden sollen, brauchen wir zusätzlich mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr“, so Puhl. „Sichert uns die Landesregierung keine angemessene Ausstattung zu – mit Handlungsspielräumen über den bloßen Ausgleich von Preis- und Gehaltssteigerungen hinaus –, kann ich es nicht verantworten, den neuen Hochschulfinanzierungsvertrag zu unterschreiben.“
Bei der Kundgebung sprachen auch die AStA-Vorsitzenden Katharina Fischer, Kai-Uwe Herrenkind und Robert Wehnert sowie der Vorsitzende des Personalrats, Achim Brötz. Einig waren sich die Vertreterinnen und Vertreter darin, dass es Aufgabe der Landesregierung sei, die Finanzierung der Universitäten in angemessener Höhe für die Zukunft zu sichern. Der AStA-Vorstand Kai-Uwe Herrenkind erklärte: „Unsere Studierendengeneration wird die Herausforderungen der Zukunft wie Klimawandel, Digitalisierung und Inklusion lösen müssen. Dafür müssen wir sehr gut ausgebildet sein“, so Herrenkind. „Wenn die grün-schwarze Regierung nicht deutlich mehr in Bildung investiert, setzt sie damit auch die Zukunft des Landes aufs Spiel.“ AStA-Vorstand Katharina Fischer betonte: „Seit Jahren wächst die Zahl der Studierenden, aber das Personal an den Universitäten wird nicht ausreichend aufgestockt. Das Betreuungsverhältnis darf sich nicht weiter verschlechtern. Schon heute ist für Studierende der Kontakt zu Dozierenden schwierig, weil zu viele Studierende auf eine Dozentin oder einen Dozenten kommen.“ Das Land Baden-Württemberg sei eines der reichsten Bundesländer, so Herrenkind. Es könne nicht sein, dass die Hochschulen das Defizit auffangen müssten, indem sie weiter Angebote streichen.
Der 2014 geschlossene Hochschulfinanzierungsvertrag I sollte den Hochschulen langfristige Planungssicherheit geben, vor allem im Hinblick auf die Hochschulfinanzierung und die Sicherung der Qualität von Hochschulbildung. Tatsächlich besteht aber schon seit Jahren eine Unterfinanzierung, auf die eine Antwort gefunden werden muss. „Die Spitzenstellung der Universität Mannheim und des Standorts Baden-Württemberg als besonders bildungs- und forschungsintensives Land braucht eine dauerhafte Sicherung“, erklärte Puhl.
Die Universitäten und Hochschulen des Landes Baden-Württemberg verhandeln derzeit mit der Landesregierung über die Zukunft der Hochschulfinanzierung, die in einem neuen Hochschulfinanzierungsvertrag ab Januar 2021 geregelt werden soll. Eine Entscheidung wird in den kommenden Wochen erwartet. Die Signale sind bisher jedoch nicht ermutigend. Die Rektoren der Landesuniversitäten und die Studierendenvertretungen des Landes sehen mit großer Sorge in die Zukunft.