Max versus Murat: schlechtere Noten im Diktat für Grundschulkinder mit türkischem Hintergrund

Eine neue Studie zeigt, dass Grundschulkinder mit ausländischen Wurzeln im Fach Deutsch von angehenden Lehr­kräften schlechter benotet werden – bei gleicher Leistung. Das fanden Forschende vom Lehr­stuhl Pädagogische Psychologie der Universität Mannheim heraus.

Pressemitteilung vom 23. Juli 2018
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In einer experimentellen Studie konnten die Forschenden zeigen, dass angehende Lehr­erinnen und Lehrer schlechtere Diktat-Noten für Schüler mit ausländischen Namen vergeben, auch wenn die Anzahl von Fehlern in den Diktaten gleich war. 204 Studierende einer Pädagogischen Hochschule im Alter von durchschnittlich 23 Jahren haben an dieser Studie teilgenommen. Ausschlaggebend für die unterschiedliche Benotung war allein der Name der Schüler: Während die eine Gruppe ein Diktat von „Max“ benotete, erhielt die andere Gruppe ein identisches Diktat, allerdings von „Murat“. Die Anzahl der gefundenen Fehler war dabei gleich, unabhängig davon, ob das Kind vermeintlich deutsch oder türkisch war. Dennoch leiteten die Beurteiler aus der gleichen Anzahl von Fehlern unterschiedliche Noten ab – mit Nachteil für die vermeintlich türkischen Schüler. Offensichtlich liegt das Problem also nicht in der Ermittlung der Fehler, sondern in der Notensetzung.

„Unsere Studie liefert neue Ansatzpunkte für die Lehr­kraftausbildung“, sagt Meike Bonefeld von der Universität Mannheim, die die Auswertungen geleitet hat. „Vor allem die Bewertungs­standards sollten vereinheitlicht werden, damit angehende Lehr­erinnen und Lehrer in Zukunft Noten nach objektiveren Standards vergeben“.

Im vergangenen Jahr hat das Team um Professor Oliver Dickhäuser untersucht, wie sich der Migrations­hintergrund von Schülern auf ihre Mathe-Noten auswirkt. Dafür haben die Bildungs­forscher 1.500 Gymnasiasten im Verlauf von zwei Schuljahren regelmäßig auf ihre Mathe­kenntnisse geprüft. Auch dabei kam heraus, dass Migrantenkinder im Fach Mathematik bei gleicher Sprachfertigkeit und sozialer Herkunft im Vergleich zu ihren Mitschülern ohne Migrations­hintergrund schlechter bewertet wurden.

Im weiteren Verlauf ihrer Studien wollen die Forscher herausfinden, wie die Urteilsprozesse der Lehr­erinnen und Lehrer bei Notenvergabe ablaufen und was die Gründe für die festgestellten Unterschiede sind. Diese Mechanismen zu verstehen und zu durchbrechen, sei eine wichtige Herausforderung für zukünftige Forschung, so Bonefeld.

Das Open Access-Manuskript „(Biased) Grading of Students‘ Performance: Students‘ Names, Performance Level, and Implicit Attitude" ist erschienen in der Zeitschrift Frontiers in Psychology im Juni 2018.

Kontakt:
Meike Bonefeld
Juniorprofessur für Unterrichtsqualität in heterogenen Kontexten
Universität Mannheim
Tel. +49 621 181-2494
E-Mail: meike.bonefeld staff.uni-mannheim.de

Katja Barbara Bär
Pressesprecherin
Rektorat | Schloss | 68131 Mannheim
Tel. +49 621 181-1013
E-Mail: baer@uni-mannheim.de