Innovative Start-ups waren in der Kaiserzeit häufig börsenfinanz­iert

Der Mannheimer Wirtschafts­historiker Jochen Streb erhielt gemeinsam mit Sibylle Lehmann-Hasemeyer von der Universität Hohenheim den Schmölders-Preis 2018 für ihre Forschung über die Finanzierung von Innovationen im deutschen Kaiserreich.

Pressemitteilung vom 9. März 2018
Druckversion (PDF)

In dem gemeinsam verfassten Paper The Berlin Stock Exchange in Imperial Germany – A Market for New Technology? gehen die Wissenschaft­ler der Frage nach, wie innovative deutsche Unternehmen des späten 19. Jahrhunderts an der Berliner Börse ihre neuartigen Geschäftsideen finanz­ieren konnten. Der mit 3.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der Schmölders-Stiftung für Verhaltensforschung im Wirtschafts­leben gestiftet. Die beiden Wirtschafts­historiker erhielten den Preis auf der gestrigen Jahrestagung des wirtschafts­historischen Ausschusses des Vereins für Socialpolitik.

Ihre gemeinsame Studie zeigt, dass die Finanzierung von Innovationen durch den Verkauf von Beteiligungen keineswegs eine neuartige Entwicklung des späten 20. Jahrhunderts ist. Ganz im Gegenteil: wer im Kaiserreich mit einer neuen Idee an die Börse ging, hatte gute Chancen, dort über Aktien das nötige Kapital zu sammeln. Für Gründer war die Berliner Börse somit eine wichtige Finanzierungs­quelle, so das Ergebnis der Studie. Bislang galt vielmehr das deutsche Banken­system als die treibende Kraft hinter dem Wachstum der deutschen Industrie.

Dabei wussten die Start-ups der Kaiserzeit von ihrer Innovations­fähigkeit durch Patente zu überzeugen: Von insgesamt 474 Unternehmen, die zwischen 1892 und 1913 an die Berliner Börse gingen, besaßen fast vierzig Prozent entweder bereits vor dem Börsengang Patente oder erwarben diese innerhalb von fünf Jahren danach. Das Erlangen von Patenten wird als Zeichen der Innovations­fähigkeit gewertet.

Über den Schmölders-Preis

Der Verein für Socialpolitik ist die größte Vereinigung von Wirtschafts­wissenschaft­ler/-innen im deutschsprachigen Raum. Zielsetzung des Vereins ist sowohl die Förderung der Wissenschaft im Bereich der wirtschafts- und sozialpolitischen Problemlösung als auch die internationale Kooperation der Fach­wissenschaft. Die Fach­jury des Schmölders-Preises prämiert Arbeiten, deren Publikation nicht länger als drei Jahre zurückliegt und die sich durch Originalität sowie hohes wissenschaft­liches Niveau auszeichnen.

Sibylle Lehmann-Hasemeyer and Jochen Streb: The Berlin Stock Exchange in Imperial Germany: A Market for New Technology? , American Economic Review 2016, Vol. 106(11), 3558-3576.

Kontakt:
Prof. Dr. Jochen Streb
Lehr­stuhl für Wirtschafts­geschichte
Abteilung Volkswirtschafts­lehre
Universität Mannheim
Tel: +49 621-181-1932
E-Mail: streb uni-mannheim.de

Katja Bär
Leiterin Kommunikation und Fundraising
Pressesprecherin
Universität Mannheim
Tel. +49 (0) 621 / 181-1013
E-Mail: baer uni-mannheim.de