Studie zeigt: Geflüchtete wollen arbeiten / Hürden für erfolgreiche Integration in den Arbeits­markt weiterhin hoch

Eine Studie des Instituts für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim (ifm) zeigt, dass die Arbeits­motivation unter neuzugewanderten Geflüchteten in Baden-Württemberg sehr hoch ist. Trotz der guten Konjunktur­entwicklung und des großen Arbeits­kräftebedarfs hat bisher aber nur ein Viertel der befragten Männer und Frauen eine Beschäftigung gefunden. Die Untersuchung gibt einen Überblick über die Potenziale der Geflüchteten – und welchen Hemmnissen sie gegenüberstehen.

Pressemitteilung vom 28. November 2018
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Das Forscherteam um Dr. René Leicht, Dr. Christoph Sajons und Carina Hartmann befragte im Sommer knapp 1.300 in Baden-Württemberg lebende Geflüchtete zum Stand ihrer Arbeits­markt­integration. Die ersten Ergebnisse dieser mit Unterstützung des baden-württembergischen Ministeriums für Soziales und Integration durchgeführten Studie liegen nun als Gesellschafts­Report BW vor. Sie zeigen die große Bereitschaft der Geflüchteten, sich ihren Lebens­unterhalt selbst zu verdienen. So gaben zum Zeitpunkt der Interviews 88 Prozent der Befragten an, entweder bereits zu arbeiten, auf Jobsuche zu sein oder mittelfristig eine Tätigkeit aufnehmen zu wollen.

Diese starke Arbeits­motivation stößt allerdings am deutschen Arbeits­markt auf viele Hindernisse. Mangelnde Deutsch­kenntnisse, fehlende Qualifikationen, Unsicherheit bzgl. des eigenen rechtlichen Status, sowie Unwissen darüber, wie man in Deutschland Arbeit sucht, wurden als größte Hemmnisse genannt. Probleme bei der Betreuung der Kinder oder Eltern sieht insgesamt jeder zehnte Befragte, bei den Frauen jede Vierte als Hindernis. So haben bisher trotz der guten konjunkturellen Lage erst 26 Prozent der Befragten eine Tätigkeit gefunden. Ein großer Teil davon ist zudem befristet, bei knapp der Hälfte handelt es sich um Teilzeitstellen, Minijobs, Praktika, Fortbildungs­maßnahmen und 1-Euro-Jobs.

Für eine nachhaltige Arbeits­markt­integration ist daher entscheidend, welche Qualifikationen und Potenziale die Geflüchteten besitzen und wie sie aktiviert werden können. Es zeigt sich, dass ein Viertel der Befragten einen formalen Bildungs­abschluss hat, ein weiteres Fünftel besitzt Qualifikationen ohne formalen Abschluss aus der beruflichen oder der Hochschul­bildung. Nicht zu unterschätzen sind zudem vielfältige informelle Kompetenzen aus vorheriger Berufs­tätigkeit und Selbständigkeit. Die Befragten weisen neben der Ausbildungs­bereitschaft auch eine große räumliche und inhaltliche Flexibilität bei der Arbeits­suche auf.

 

Auffällig ist zudem, dass sich die persönlichen Einschätzungen der Geflüchteten hinsichtlich der Herausforderungen bei der Jobsuche im Wesentlichen mit denen der Kammern und Unternehmen decken. Dies ist eine wichtige Er­kenntnis, da sie Befürchtungen entgegenwirkt, die Geflüchteten würden ihre Situation nicht realistisch einschätzen und daher ungenügend reagieren.

„Die neuzugewanderten Geflüchteten sind motiviert, sich durch Aus- und Weiterbildung für die Anforderungen des deutschen Arbeits­marktes fit zu machen“, kommentiert Dr. René Leicht die Studien­ergebnisse. „Gezielt auf die Bedarfe abgestimmte Weiter­qualifikationen könnten in Kombination mit berufsbezogenen Deutschkursen die Grundlage für eine erfolgreiche Integration in den Arbeits­markt und ein selbstbestimmtes Leben schaffen.“   

Die Befunde der Studie zeigen mehrere Wege auf, wie die Arbeits­markt­integration von Geflüchteten gefördert werden kann: Gezielte Aus- und Weiterbildungs­maßnahmen sowie die Anerkennung und Zertifizierung von vorhandenen Qualifikationen könnten zum einen dabei helfen, dringend benötigte Fach­kräfte für hiesige Unternehmen einsatzbereit zu machen. Zum anderen könnte insbesondere die hohe Flexibilität und Mobilität der großen Zahl niedrigqualifizierter Geflüchteter genutzt werden, um Beschäftigungs­engpässe in bestimmten Branchen und Regionen zu mindern. Diese kombinierte Vorgehensweise könnte die Eingliederung der Geflüchteten in den Arbeits­markt in der Tiefe wie in der Breite voranbringen.

Den Gesellschafts­Report BW finden Sie unter:
www.institut-fuer-mittelstandsforschung.de/study-working-in-germany

Kontakt:
Dr. René Leicht
Institut für Mittelstandsforschung (ifm)
Universität Mannheim
E-Mail: leicht uni-mannheim.de 
Tel: 0621 7992636

Carina Hartmann
Institut für Mittelstandsforschung (ifm)
Universität Mannheim
E-Mail: hartmann uni-mannheim.de 
Mobil: 0152 07784344

Katja Bär
Leitung Kommunikation und Fundraising
Pressesprecherin
Universität Mannheim
Tel. +49 621 181-1013
E-Mail: baer@uni-mannheim.de