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„Ach, weißt du noch – damals …?“

- Vanessa Borytzka –

Nostalgie fördert die Wahrnehmung sozialer Unter­stützung und erhöht dadurch die Bereitschaft, finanz­ielle Risiken einzugehen.

Wir alle kennen es: Das Schwelgen in guten alten Zeiten. Ob es sich dabei um Erinnerungen an die erste Jugendliebe handelt oder das Durchstöbern alter Fotos, die Erinnerungen an schöne Kindheits­tage wecken – sie alle sind Beispiele für Situationen, in denen wir uns nostalgisch fühlen.

Nostalgie wird definiert als das sentimentale Zurücksehnen nach Ereignissen, Orten oder Gegenständen aus der Vergangenheit. Durch nostalgische Erzählungen fühlen wir uns beispielsweise verbunden mit Personen, die Teil dieser Erinnerung sind, wie etwa Familien­mitglieder, Partner*innen oder Freund*innen. Auf die Weise stärkt Nostalgie das Gefühl sozialer Verbundenheit und Zugehörigkeit. Soziale Verbundenheit wiederum bietet eine Basis für finanz­ielle Risikobereitschaft.

Diese Befunde führten ein Forschungs­team um Xi Zou zu der Annahme, dass Nostalgie Aus­wirkungen auf das Eingehen finanz­ieller Risiken haben könnte. Grundlage dieser Annahme ist, dass Nostalgie die wahrgenommene soziale Unter­stützung erhöht und dadurch ein psychologisches „Sicherheits­netz“ bildet. Nostalgie erinnert Personen also daran, dass sie sich in Notlagen auf Unter­stützung, zum Beispiel seitens der Familie, verlassen können. Dies verleitet Personen schließlich dazu, risikoreicheres Verhalten zu zeigen, speziell: finanz­ielle Risiken einzugehen.

Dieser Annahme wurde in einer Reihe von Studien nachgegangen. In einer ersten Studie wurden 169 Studierende zunächst in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Hälfte der Teilnehmenden sollte an ein nostalgisches Ereignis aus ihrem Leben denken und dieses aufschreiben, die andere Hälfte der Teilnehmenden sollte an ein gewöhnliches Ereignis aus ihrem Leben denken und dieses aufschreiben.

Im zweiten Teil der Studie führten alle Teilnehmenden eine Standard-Aufgabe zur Erfassung von Risikobereitschaft durch, nämlich das Aufpumpen virtueller Luftballons. Je mehr der Luftballon aufgepumpt wurde, desto mehr Geld konnte man gewinnen, aber desto größer war auch das Risiko, dass der Luftballon platzte und man nichts gewann. Je mehr also Teilnehmende die Luftballons aufpumpten, umso risikobereiter waren sie.

Tatsächlich fanden die Forschenden, dass Nostalgie die finanz­ielle Risikobereitschaft erhöht: Teilnehmende, die zuerst an ein nostalgisches Ereignis denken sollten, pumpten die Ballons mehr auf als Teilnehmende, die an ein gewöhnliches Ereignis denken sollten. Nostalgische Personen zeigten damit eine größere Bereitschaft, finanz­ielle Risiken einzugehen.

In weiteren Unter­suchungen konnten die Forschenden zudem zeigen, dass Nostalgie das finanz­ielle Risiko deswegen erhöht, weil sie die Wahrnehmung familiärer Unter­stützung steigert (nicht aber die Unter­stützung von anderen wichtigen Personen oder Freund*innen). Offenbar formt Nostalgie ein psychologisches Sicherheits­netz, das Individuen dazu verleitet, mehr finanz­ielle Risiken einzugehen – insbesondere dann, wenn sie dadurch das Gefühl haben, sich auf die Unter­stützung ihrer Familie verlassen zu können. Wer gerade in Erinnerungen schwelgt, sollte sich die nächste Investition also sicherheits­halber zwei Mal überlegen.

 

Zou, X., Lee, M., Wildschut, T., & Sedikides, C. (2019). Nostalgia increases financial risk taking. Personality and Social Psychology Bulletin, 907–919. doi: 10.1177/0146167218799717

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Maria Douneva¹, Thomas Dyllick-Brenzinger

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