Ausländische FreundInnen für ein besseres Image?

- Dennis Uhrig –

Personen, die sich negativ über Menschen ausländischer Herkunft äußern und im gleichen Zug ihre ausländischen Freundinnen und Freunde erwähnen, werden als weniger rassistisch wahrgenommen.

„Ich bin kein Rassist, ich habe ja selbst viele ausländische Freunde! Aber…“ Als rassistisch angesehen zu werden ist stigmatisierend, weswegen Personen häufig versuchen, ihre Einstellung gegenüber Rand­gruppen­mitgliedern zu verschleiern oder sie selbst nicht als rassistisch anerkennen. So bringen Leute, wenn sie sich negativ über Ausländer­Innen äußern, beispielsweise häufig an, dass sie selbst Freundinnen und Freunde mit ausländischen Wurzeln haben. Dadurch versuchen sie, strategisch ihre Akzeptanz gegenüber Rand­gruppen­mitgliedern in den Vordergrund zu rücken, sodass die Idee, sie seien rassistisch, bestenfalls gar nicht erst aufkommen kann.

Untersuchungen zu diesem Thema zeigen, dass Sendende der Botschaft diese Strategie für erfolgreich halten. Bisher wurde jedoch noch nicht gezeigt, ob auch bei anderen tatsächlich der gewünschte Eindruck erweckt wird. Einerseits ist es denkbar, dass Aussagen über Freundschaften mit Personen ausländischer Herkunft tatsächlich dazu führen, dass die Sendenden als weniger rassistisch wahrgenommen werden. Da Rassismus im Regelfall als negativ wahrgenommen wird, wird er häufig in eher verschleierten, uneindeutigen Aussagen verpackt. Das Erwähnen von eigenen ausländischen Bekannten könnte dazu dienen, entsprechende Aussagen als nicht rassistisch motiviert erscheinen zu lassen. Andererseits wäre es auch möglich, dass die Aussagen keine Aus­wirkung darauf haben, wie rassistisch die Sendenden wahrgenommen werden. Im Gegenteil ist sogar denkbar, dass Personen, die sich mit solchen Freundschaften „rühmen“ und dennoch fragwürdige Aussagen treffen, als heuchlerisch wahrgenommen werden.

Um die Annahmen gegeneinander zu testen, zeigte eine Forschungs­gruppe um Michael Thai in einer Online-Studie den Teilnehmenden das Facebookprofil eines weißen jungen Mannes mit seinem Facebook-Freundeskreis. Hierbei wurde variiert, ob es sich bei dem Freundeskreis nur um weiße Personen, oder auch um eine oder mehrere asiatisch aussehende Personen handelte. Zudem wurde auf dem Profil entweder eine Nachricht gezeigt, die rassistische Aussagen gegenüber Asiaten enthielt oder Aussagen über Eichhörnchen als neutrale Vergleichsbedingung.

Anschließend sollten die Teilnehmenden angeben, für wie rassistisch sie den jungen Mann hielten.
Wenn eine rassistische Äußerung zusammen mit auch asiatisch aussehenden Freundinnen und Freunden zu sehen war, wurde der junge Mann als weniger rassistisch bewertet, als wenn ein ausschließlich weißer Freundeskreis zu sehen waren. Hierbei spielte es keine Rolle, wie viele Personen der Rand­gruppe im Bild präsentiert waren. Ähnliche Ergebnisse konnten gefunden werden, wenn an Stelle der Bilder schriftliche Aussagen der Profilinhaber über ihre asiatischen Freundinnen und Freunde eingebettet wurden. Die Ergebnisse waren unabhängig von der eignen Ethnizität der Studien­teilnehmenden.

Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass Informationen über Freundschaften mit Personen ausländischer Herkunft dazu führen können, dass Sendende rassistischer Botschaften als weniger rassistisch wahrgenommen werden. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die Darstellung dieser Freundschaften zum einen nicht zwingend die tatsächliche Einstellung einer Person widerspiegelt und zum anderen auch interkulturelle Freundschaften keinesfalls eine angemessene Rechtfertigung für rassistische Äußerungen darstellen – sondern eher zum reflektierten Nachdenken anregen sollten.

Thai, M., Hornsey, M. J., & Barlow, F. K. (2016). Friends with moral credentials: minority friendships reduce attributions of racism for majority group members who make conceivably racist statements. Social Psychology and Personality Science, 7, 272–280. doi: 10.1177/1948550615624140

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Selma Rudert*, Judith Tonner

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