Der Wohlgeruch, der uns helfen lässt

- Ann-Kristin Wagner –

Einer Person, die Hilfe benötigt, wird nach einer erstmaligen Hilfeleistung mit höherer Wahrscheinlichkeit auch ein zweites Mal geholfen, wenn sie einen als angenehm empfundenen Geruch trägt.

Der Duft von Rosen erinnert an einen schönen Tag im Garten, der Geruch von Sonnencreme an den letzten Sommerurlaub, der von Mottenkugeln manchen gar an Omas Kleiderschrank. Gerüche wecken Erinnerungen und sind in der Lage Wohlbefinden oder auch Unbehagen zu erzeugen. Auch im Marketing bedient man sich des Einsatzes von Düften. So sollen beispielsweise unsichtbar aufgestellte Duftspender in Verkaufsräumen die Kaufbereitschaft der Kunden erhöhen. Gerüche, egal ob bewusst oder unbewusst wahrgenommen, beeinflussen somit häufig unser Verhalten – unter anderem auch unsere Hilfsbereitschaft, wie bereits in früheren Studien gezeigt werden konnte.

Jedoch wurden Gerüche bisher nicht im Zusammenhang mit der sogenannten Fuß-in-der-Tür-Technik untersucht, einer Überzeugungs­strategie, bei der eine Person erst um einen kleinen, kurz darauf um einen zweiten, größeren Gefallen gebeten wird. Willigt die Person in den ersten Gefallen ein, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in den zweiten Gefallen einwilligt. Bislang ging man von einem robusten Effekt aus, der sich unabhängig von den Eigenschaften des Anfragenden zeigt. Aber ist dies wirklich so? Oder beeinflussen persönliche Eigenschaften der anfragenden Person wie beispielsweise deren Geruch doch, ob man auch ein zweites Mal hilft?

Die Forscherinnen Roxane Saint-Bauzel und Valérie Fointiat untersuchten diese Fragen im Kontext von prosozialem Verhalten, das heißt, sie wollten feststellen, ob der Geruch einer hilfsbedürftigen Person einen Einfluss darauf hat, ob dieser Person nach einem ersten auch ein zweites Mal uneigennützig geholfen wird. Zur Untersuchung ihrer Fragestellung verwendeten sie verschiedene Gerüche, um die Eigenschaften der anfragenden Person zu variieren. In einer Fußgängerzone platz­ierten sie eine junge Frau, die mit Vanille oder Kampfer parfümiert war und einen Stapel Papiere auf dem Arm trug. Diese fragte Passanten zunächst nach dem Weg (kleiner Gefallen). Gingen die Personen dann weiter, ließ sie kurz darauf den Stapel Papiere fallen und begann diese aufzulesen. Gezählt wurde, wie viele der vorher angesprochenen Personen prosoziales Verhalten zeigten und ihr zu Hilfe kamen (großer Gefallen). In einer Kontroll­gruppe wurde nicht nach dem Weg gefragt, die Testerin ließ nur die Papiere fallen.

Wie erwartet halfen Personen, die in den kleinen Gefallen eingewilligt hatten, auch häufiger ein zweites Mal als Personen, die zuvor gar nicht nach dem Weg gefragt worden waren. Dies traf aber nur zu, wenn die hilfsbedürftige Person nach Vanille roch – in diesem Fall halfen 70% derjenigen, die schon die Frage nach dem Weg beantwortet hatten. War der Geruch der nach Kampfer, wirkte die Fuß-in-der-Tür-Technik nicht – hier halfen nur 10% und damit war die Quote nicht besser als bei den Personen, die gar nicht nach dem Weg gefragt worden waren. Die Eigenschaften der anfragenden Person scheinen somit bei der Fuß-in-der-Tür-Technik eine wichtige Rolle zu spielen.

Gerüche sind also durchaus in der Lage prosoziales Verhalten zu beeinflussen. Denjenigen, die häufig in missliche Lagen geraten und auf Hilfe anderer angewiesen sind, könnte die Fuß-in-der-Tür-Technik also das Leben erleichtern – vorausgesetzt, das Parfum stimmt.

Saint-Bauzel, R. & Fointiat, V. (2012). The sweet smell of the requester: Vanilla, camphor, and foot-in-the-door. Social Behavior and Personality, 40(3), 369–374.

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