Emotionale Untreue – der Schrecken beider Geschlechter

- Silvia Rajec –

Sowohl Männer als auch Frauen leiden unter emotionaler Untreue des Partners oder der Partnerin verhältnismäßig mehr als unter sexueller Untreue.

Untreue ist nicht nur in der Klatschpresse, sondern auch im alltäglichen Leben ein weit verbreitetes Thema. Oft gilt der Mann als Bösewicht, der seine Partnerin mit dem einen oder anderen Seitensprung hintergeht. Doch bestes Gegenbeispiel für dieses einseitige Bild ist „Sex and the City“. In dieser TV-Serie wird durch zahlreiche amouröse und sexuelle Erlebnisse von vier New Yorker Frauen deutlich, dass auch dem weiblichen Geschlecht ein Seitensprung äußerst viel Spaß machen kann. Doch welches Geschlecht empfindet die Untreue des Partners oder der Partnerin als belastender? Und was bekümmert dabei stärker – der sexuelle oder der emotionale Seitensprung?

Bisherige Studien zeigen, dass Eifersucht bei Frauen vor allem durch die emotionale Bindung ihres Partners zu anderen Frauen entfacht wird, während Männer auf die sexuelle Untreue ihrer Partnerin fixiert sind. Eine Erklärung hierfür wird in den unterschiedlichen Erwartungen gesehen: Männer gehen davon aus, dass bei Frauen Sex mit Liebe gekoppelt ist. Ein sexueller Seitensprung geht demnach auch immer mit einer emotionale Bindung einher und belastet somit stärker. Frauen nehmen demgegenüber aufgrund des Bildes des sexuell freizügigen Mannes an, dass sexuelle Untreue des Partners nicht notwendigerweise bedeutet, dass Liebe zu der anderen Frau im Spiel ist. Sobald jedoch die emotionale Bindung zu der Rivalin gegeben ist, wird auch sexuelle Untreue erwartet. Frauen belastet somit emotionale Untreue des Partners stärker.

Michael J. Tagler und Rachel H. Gentry nahmen nun an, dass die Geschlechst­unterschiede hinsichtlich der Gründe für Eifersucht insbesondere dann auftreten, wenn Personen vor die Wahl gestellt werden, ob sie entweder emotionale oder sexuelle Untreue als belastender empfinden. Wenn Männer und Frauen jedoch gefragt werden, wie sehr sie die jeweilige Untreue belastet, sollten sich diese Geschlechts­unterschiede verringern. Um dies zu untersuchen bat das Forschungs­team 677 Männer und Frauen sich vorzustellen, ihr Partner oder ihre Partnerin interessiere sich für jemand anderen. Zunächst sollten sie entscheiden, was für sie belastender wäre: emotionale oder sexuelle Untreue. Zudem gaben die Teilnehmenden für jede Form der Untreue an, wie stark sie der jeweilige Seitensprung belasten würden.

Das Ergebnis zeigte tatsächlich, dass Männer sexuelle und Frauen emotionale Untreue als belastender empfanden. Dieser Effekt trat allerdings nur auf, wenn die Teilnehmenden zwischen den beiden Untreueformen wählen mussten. Bei der Einschätzung des Grades der Belastung traten keine Geschlechter­unterschiede auf: Sowohl Männern als auch Frauen schätzten hier emotionale Untreue belastender ein als sexuelle Untreue. 

Entgegen Ergebnisse früherer Eifersuchts­studien wurde somit gezeigt, dass Männer und Frauen einen emotionalen Seitensprung als gleich belastend und sogar belastender als sexuelle Untreue empfinden, wenn man sie nicht vor die Wahl zwischen den Untreueformen stellt.  Demnach sollte also die kuriose Jagd der vier New Yorker Frauen nach Männern nicht die maximale Belastungs­probe für die Seelen der Betrogenen darstellen, denn die Seitensprünge sind hier meist rein sexueller Natur.

Tagler, M. J. & Gentry, R. H. (2011). Gender, jealousy, and attachment: A (more) thorough examination across measures amd samples. Journal of Research in Personality, 45, 697–701.

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