Gefällt mir (nicht)!

- Carolin Graf –

Wer viele nahestehende Personen im Facebook Freundeskreis hat, kann nach dem Durchstöbern des sozialen Netzwerkes von einem höheren Selbstwert profitieren, handelt aber möglicherweise auch impulsiver.

Die Nutzung von sozialen Netzwerken hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Allein in Facebook waren 2013 über 1 Milliarde Menschen je Monat aktiv. Sie teilen Einblicke in ihr Leben und vernetzen sich. Die Kontakte reichen dabei von engen FreundInnen bis hin zu entfernten Bekanntschaften. Das soziale Leben kann heutzutage „im Netz“ stattfinden – doch welche Aus­wirkungen hat das auf einen selbst?

Keith Wilcox und Andrew Stephen von der Columbia University sehen in dem Einfluss von Facebook ein zweischneidiges Schwert. Auf der positiven Seite nimmt das Forschungs­team an, dass die Nutzung von sozialen Netzwerken unser Selbstwertgefühl erhöhen kann. Sie vermögen nicht nur das Zugehörigkeits­gefühl zu steigern, wie bisherige Forschung gezeigt hat, sondern dienen auch der eigenen Selbstdarstellung – schließlich wird auf den sozialen Plattformen vorrangig Positives Preis gegeben. Der Post, in aller Früh joggen gewesen zu sein, bestärkt einen darin, etwas Wichtiges getan zu haben – 30 „gefällt mir“-Angaben dazu, unterstützen zudem das Ego. Laut den Forschern profitiert der Selbstwert aber insbesondere von dem Wissen, dass diese Selbstdarstellung nahestehende Personen erreicht, da ihr Eindruck für uns besonders wichtig sein sollte. Der Fokus auf nahestehende Personen sollte wiederum wahrscheinlicher sein, je mehr enge FreundInnen man auf Facebook hat. 

Diese Annahmen bestätigten sich in einer Studie. Die Teilnehmenden berichteten nach einer kurzen Facebook-Nutzung ein höheres Selbstwertgefühl, wenn sie sich in dieser Zeit auf ihre eigenen Posts (anstatt die anderer) konzentrieren sollten und zudem relativ viele nahestehende Personen unter ihren Facebook-Kontakten hatten. 

An dieser Stelle knüpfte das Forschungs­team mit der Untersuchung der negativen Effekte an. Ein erhöhter Selbstwert kann laut früheren Forschungs­befunden nämlich zu impulsivem oder selbst-nachsichtigem Verhalten führen. Hat der augenblickliche Anstieg des Selbstwertgefühls durch die Facebook-Nutzung also ähnliche Effekte?  

Um dieser Frage nachzugehen, sollten Studien­teilnehmende fünf Minuten Facebook durchstöbern, ohne dabei selbst aktiv zu werden. Anschließend durften sie einen Snack wählen, wobei ein gesunder Müsliriegel und ein ungesunder Schokoladenkeks zur Auswahl standen. Es zeigte sich, dass Teilnehmende einen umso höheren Selbstwert nach der Nutzung der Seite aufwiesen – und umso wahrscheinlicher den ungesunden Snack wählten – je größer der Anteil an nahestehenden Personen unter ihren Facebook-Kontakten war.  Das gleiche Ergebnismuster fand sich in einer weiteren Studie, in der es um das Durchhaltevermögen bei einer anstrengenden Aufgabe im Anschluss an die Facebook-Nutzung ging. 

Die Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook bleibt laut diesen Ergebnissen also nicht folgenlos. Sie kann das Selbstwertgefühl erhöhen, jedoch auch zu einer schlechteren Kontrolle des eigenen Verhaltens führen, wie beispielsweise im Falle einer ungesunden Ernährungs­wahl. Zukünftige Forschung sollte klären, ob diese Effekte kurz- oder langfristiger Natur sind und ob wirklich der erhöhte Selbstwert und die daraus resultierende Selbst-Nachsichtigkeit für die negativen Effekte entscheidend sind. Denkbar wäre auch, dass Menschen mit vielen nahestehenden Facebook-Kontakten aufgrund der vielen (persönlich) wichtigen Informationen ihre Aufmerksamkeit verstärkt regulieren müssen und deshalb im Nachhinein erschöpfter sind. Wir dürfen gespannt sein. 

Wilcox, K., & Stephen, A. T. (2013). Are close friends the enemy? Online social networks, self-esteem, and self-control. Journal of Consumer Research, 40, 91–103. doi: 10.1086/668794

Roth, P. (2013, November 4). Offizielle Facebook-Nutzerzahlen. Retrieved from allfacebook.de/zahlen_fakten/offizielle-facebook-nutzerzahlen-q3–2013

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