Geschenke müssen nicht teuer sein

- Rainer Greifeneder –

Schenkende glauben fälschlicherweise, dass teure Geschenke von den Beschenkten mehr geschätzt werden.

 

Im Jahr 2006 gaben Amerikaner im Durchschnitt 3200 Dollar pro Verlobungs­ring aus. Eine umfangreiche Studie der Forscher Francis Flynn und Gabrielle Adams von Flynn und Adams unter den Schenkenden ergab, dass diese davon ausgehen, dass der Ring von der Gegenseite umso mehr geschätzt wird, je teurer er ist. Tatsächlich fühlten die Beschenkten aber ganz anders, denn in ihren Antworten fand sich kein Zusammenhang zwischen der Wertschätzung des Rings und dessen angenommenem Preis. Ähnliche Ergebnisse fanden die Forscher auch bei Geburtstagspräsenten: Wiederum nahmen die Schenkenden an, dass die Beschenkten das schön verpackte Etwas mehr schätzen würden, wenn es mehr gekostet hatte. Aber auch hier lagen sie falsch, denn die Beschenkten freuten sich ganz unabhängig vom angenommenen Preis. Woran liegt das? Wahrscheinlich daran, dass die Beschenkten dem Preis des Geschenks eine sehr viel geringere Rolle beimessen als anderen Gesichtspunkten. Viel wichtiger ist nach Mutmaßung der Autoren zum Beispiel der Eindruck, die oder der Schenkende habe sich Gedanken gemacht.

Doch warum geben wir uns als Schenkende der Illusion hin, dass der Preis die Wertschätzung kaufen kann? Schließlich sind wir doch im Laufe unseres Lebens oft genug selbst beschenkt worden und sollten deswegen aus eigener Erfahrung wissen, dass die teuersten Geschenke uns nicht immer am meisten erfreuten. Eine weitere Studie von Flynn und Adams ergab, dass die Schenkenden gerade mit dem Preis ausdrücken wollen, dass sie sich Gedanken gemacht haben. Als Schenkende wissen wir also doch, worauf es letzten Endes ankommt – aber wir ziehen offenbar den falschen Schluss, dass dieses Ziel mit mehr Geld besser erreicht werden kann.

Und die Lösung? Ganz pragmatisch schlagen Flynn und Adams vor, im Kreise von Familien und Freunden den Preis für Geschenke auf ein gemeinsames niedriges Niveau festzulegen. Wer dann ausdrücken will, dass sie oder er sich Gedanken gemacht hat, muss das ohne den Preishebel tun, und das sollte, so die Autoren, zum Wohle aller sein (abgesehen vielleicht vom Einzelhandel und der Staats­kasse). 

F. J. Flynn and G. S. Adams: Money can’t buy love (2009). Asymmetric beliefs about gift price and feelings of appreciation. Journal of Experimental Social Psychology, 45(2), 404–409.

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