Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude

- Johanna Hoffmann –

Das Teilen von Erlebnissen mit anderen kann unser Wohlbefinden steigern.

Bei einer wichtigen Klausur durchzufallen ruft Gefühle der Enttäuschung und Traurigkeit hervor. Mit einem guten Freund darüber zu reden scheint die negativen Gefühle über den Misserfolg zu mildern. Die Freude über eine gute Note kann hingegen noch gesteigert werden, sobald man die Neuigkeit mit seinen Freunden teilt. Wir alle kennen das: Ob positive oder negative Erlebnisse – sie mit anderen zu teilen scheint für das eigene Wohlbefinden förderlich zu sein. Was aber steckt dahinter? Warum führt das Teilen von Glück oder Leid zu gesteigertem Wohlbefinden?

Diese Fragen untersuchten die Sozialpsychologen Rajagopal Raghunathan und Kim Corfmann. In ihrer Studie gingen sie den Ursachen des altbekannten Sprichworts „Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude“ genauer auf den Grund. Den Forschern zufolge ist es dabei nicht unbedingt das bloße Besprechen eines Erlebnisses mit einer anderen Person, das das Wohlbefinden steigert. Sie messen vielmehr dem menschlichen Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit und nach der Bestätigung der eigenen Meinung durch andere eine große Bedeutung bei.

Danach ruft das Teilen von positiven oder negativen Erfahrungen mit anderen ein Gefühl der Zugehörigkeit hervor, wenn die eigene Meinung Anklang findet. Wenn jedoch die Meinungen auseinander klaffen, ruft dies ein Gefühl der Distanz zum anderen hervor, was entsprechend zu keinem gesteigerten Wohlbefinden führt. Würden etwa die Freunde aus dem obigen Beispiel die Begeisterung über die gute Note nicht teilen, so wäre auch die eigene Freude gemildert, da man das Gefühl hätte, sie sei nicht angemessen.

Zur Über­prüfung dieser Hypothese ließen die Forscher ihre Studien­teilnehmer zusammen mit einem vermeintlichen weiteren Probanden, der in Wirklichkeit ein Verbündeter des Versuchsleiters war, verschiedene Werbespots anschauen. Anschließend sollten die Versuchspersonen angeben, wie sehr sie sich bei den Spots amüsierten. Der Verbündete des Versuchsleiters stimmte dabei entweder mit der Meinung der Teilnehmer überein oder widersprach ihr. Danach gaben die Teilnehmer an, wie nahe sie sich dem vermeintlichen Probanden fühlten und wie sehr ihnen die Spots gefallen hatten. Das Ergebnis bestätigte die Annahme: Unabhängig davon, ob die Werbespots als angenehm oder unangenehm eingestuft wurden, erhöhte sich das Wohlbefinden der Probanden, wenn der Strohmann ihre Meinung teilte. Wenn die Teilnehmer von den Spots amüsiert waren, steigerte sich die angegebene Freude über die Werbespots noch, wenn ihre Meinung beim Strohmann Anklang fand. Wenn sich jedoch die Teilnehmer über die Spots amüsierten, der Strohmann aber nicht, so gaben sie an, weniger Gefallen an den Werbespots gehabt zu haben.

Was lässt sich nun für den Alltag daraus schließen? Für das eigene Wohlbefinden ist es förderlich, positive wie negative Erlebnisse mit anderen zu teilen, besonders aber mit Freunden und Verwandten. Unsere Freude und unser Leid sind bei ihnen am besten aufgehoben, da ihre Auffassungen unseren eigenen Überzeugungen am stärksten ähneln. Es ist also besonders wahrscheinlich, dass sie unsere Meinung teilen, uns ein Gefühl der Zugehörigkeit geben und damit dazu beitragen, dass wir uns glücklicher fühlen.

Raghunathan, R. und K. Corfman (2006). Is Happiness Shared Doubled and Sadness Shared Halved? Social Influence on Enjoyment of hedonic Experiences. Journal of Marketing Research, 43, 386–394.

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