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„Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.“

Man könnte meinen, dass Führungspersonen andere Menschen, die ihre Machtposition bedrohen, gerne aus der Gruppe stoßen würden. Denn normalerweise meiden Menschen andere, von denen sie sich bedroht fühlen. Wie Nicole L. Mead und Jon K. Maner allerdings herausgefunden haben, ist das nicht immer so: Unter manchen Umständen suchen demnach Personen in einer Führungsposition vielmehr die Nähe von „Feinden“, die sie in ihrer Position bedrohen. Das Forscherteam nahm dabei an, dass insbesondere solche Führungspersonen, die ein hohes Dominanzstreben besitzen – Menschen also, denen es sehr wichtig ist, Macht über andere zu haben – versuchen würden, die Nähe zu Personen, die ihre Machtstellung bedrohen könnten, zu suchen, um diese „Konkurrenten“ besser zu kontrollieren.
In einer Studie zur Überprüfung dieser Annahmen erhielten die Teilnehmenden zu Beginn zunächst nach einem Fragebogen die Rückmeldung, dass sie besonders hohe Führungsqualitäten besäßen. Anschließend sollten die Teilnehmenden gemeinsam mit einem Partner eine Gruppenaufgabe bearbeiten, der laut den vorangehenden Tests angeblich eine besonders hohe Kompetenz für die zu erbringende Aufgabe hatte. Das Ziel der Gruppenaufgabe war es, zu zweit eine möglichst gute Leistung zu erreichen. Einigen Teilnehmenden wurde dabei gesagt, dass sie und ihr Partner die gleiche Verantwortung für die Lösung der Aufgabe tragen würden. Die anderen Teilnehmenden wurden hingegen in eine Situation versetzt, in der sie eine unsichere Führungsposition inne hatten: Sie erfuhren, dass sie allein für die Steuerung der Aufgabe verantwortlich sein würden und dass je nach Leistung diese Führungsposition auch an den kompetenten Partner übertragen werden könne. Die Teilnehmenden wurden dann gefragt, ob sie mit ihrem Partner lieber in einem gemeinsamen Raum oder getrennt voneinander an der Aufgabe arbeiten wollten. Ihnen wurde jedoch mitgeteilt, dass erfahrungsgemäß Gruppen besser abschnitten, die in getrennten Räumen arbeiteten.
Die Ergebnisse bestätigten die Vermutung von Mead und Maner: So arbeiteten Teilnehmende, die ein starkes Dominanzstreben aufwiesen, bei einer unsicheren Führungsposition lieber im selben Raum wie ihre Partner, während sich dieser Effekt bei Versuchspersonen mit niedrigerem Dominanzstreben nicht finden ließ. Dabei nahmen sie selbst eine Verschlechterung der Gruppenleistung insgesamt in Kauf: So wollten die nach Dominanz strebenden Führungspersonen die vermeintliche Bedrohung nahe bei sich haben, obwohl sie wussten, dass eine getrennte Bearbeitung der Aufgabe die Leistung der Gruppe maximieren würde. Weitere Studien zeigten, dass insbesondere der Wunsch, den „Konkurrenten“ genau zu überwachen, für das Bedürfnis, den anderen in der Nähe zu haben, verantwortlich ist.
Diese Studie zeigt demnach, dass Führungspersonen, denen ihre Macht über andere sehr wichtig ist, Menschen, von denen sie sich in ihrer Führungsposition bedroht fühlen, lieber in ihrer Nähe behalten, um diese besser kontrollieren zu können. Oder wie es Al Pacino alias „der Pate“ im zweiten Teil des gleichnamigen Filmes ausdrückte: " Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.“
Mead, N. L. & Maner, J. K. (in press). On keeping your enemies close: Powerful leaders seek proximity to ingroup power threats. Journal of Personality and Social Psychology.
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