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Ist Öko nichts für „echte Männer“?

Sei es das Vermeiden von Plastik im Alltag, der Verzicht auf das Auto oder Fleischkonsum – angesichts von Klimawandel und Umweltverschmutzung ist ein Überdenken des eigenen Lebensstils wichtiger denn je. Häufig stehen uns Gewohnheiten und Bequemlichkeit dabei im Weg, ökologische Praktiken im Alltag auch umzusetzen. Aktueller sozialpsychologischer Forschung zufolge können aber auch geschlechterstereotypische Assoziationen mit „grünem“ Verhalten ein Hindernis darstellen.
Diverse Studien zeigen, dass Männer weniger als Frauen zu umweltfreundlichen Einstellungen, Konsumentscheidungen und Verhaltensweisen neigen. Ein Forschungsteam um Aaron Brough vermutete, dass der Grund hierfür die Wahrnehmung ökologischen Verhaltens als feminin sein könnte. Männern ist der Schutz ihrer maskulinen Geschlechtsidentität oft sehr wichtig, da sie negative Bewertungen zu befürchten haben, wenn sie von ihrem typischen Rollenbild abweichen. Daher könnte die Motivation, die eigene maskuline Geschlechtsidentität zu wahren, der Grund dafür sein, warum Männer ökologische Verhaltensweisen meiden.
Um zu untersuchen, ob ökologisches Verhalten als weiblich wahrgenommen wird, wurde Teilnehmenden in einer Studie ein Szenario präsentiert, in dem eine Person im Supermarkt entweder eine Plastiktüte oder eine Stofftüte bei sich trug. Hierdurch sollte unökologisches bzw. ökologisches Verhalten repräsentiert werden. Anschließend bewerteten die Teilnehmenden die Person anhand einer Reihe von typisch maskulinen (z. B. machohaft, aggressiv) und femininen Eigenschaften (z. B. einfühlsam, sanft). Die Person im Supermarkt wurde als femininer eingeschätzt, wenn sie den ökologischen Stoffbeutel benutzte. Dieser Effekt war unabhängig davon, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte (und auch unabhängig vom Geschlecht der Teilnehmenden). Wie maskulin die Person hingegen wirkte, wurde einzig durch ihr Geschlecht beeinflusst. Männer können also durch ökologische Verhaltensweisen einen weiblicheren, nicht aber einen männlicheren Eindruck hinterlassen.
Aber meiden Männer ökologische Produkte aufgrund dieser Assoziation mit Weiblichkeit, um ihre maskuline Geschlechtsidentität zu schützen?
In einer weiteren Studie sollten männliche Teilnehmer sich eine Situation vorstellen, in welcher sie von KollegInnen zum Geburtstag einen Geschenkgutschein erhalten. Dieser trug die Aufschrift: „Wir dachten, diese Karte passt perfekt zu dir – Alles Gute!“ Einigen Teilnehmern wurde daraufhin eine Karte gezeigt, die stereotypisch weiblich gestaltet war, um ihre Geschlechtsidentität infrage zu stellen. Die andere Hälfte der Teilnehmer bekam eine geschlechtsneutrale Karte. Im Anschluss sollten sie sich vorstellen, mit dem Gutschein verschiedene Produkte zu kaufen. In jeder Produktkategorie sollten die Teilnehmer zwischen einer ökologischen und einer unökologischen Option wählen. Die Ergebnisse zeigten, dass Männer, deren Geschlechtsidentität zuvor durch den stereotypisch femininen Gutschein bedroht worden war, ökologische Produkte stärker vermieden als Männer, die die geschlechtsneutrale Karte erhalten hatten.
Für Männer spielt also der Schutz der Geschlechtsidentität bei der Entscheidung für oder gegen ökologisches Verhalten eine Rolle. Aber angesichts der Dringlichkeit von Klimaproblemen sollte Umweltfreundlichkeit keine Geschlechterfrage sein. Denn Umweltschutz betrifft alle – Frauen und Männer.
Brough, A. R., Wilkie, J. E. B., Ma, J., Isaac, M. S., & Gal, D. (2016). Is eco-friendly unmanly? The green-feminine stereotype and its effect on sustainable consumption. Journal of Consumer Research, 43, 567–582. doi.org/10.1093/jcr/ucw044
Redaktion und AnsprechpartnerIn*: Selma Rudert*, Sabine Scholl
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