Juhu, das Ende naht

- Birgit Gutzer –

Das bevorstehende Ende einer positiven Lebens­erfahrung erhöht das allgemeine Wohlbefinden und das Vergnügen an dieser.

Kennen Sie den Film „Das Beste kommt zum Schluss“ mit Jack Nicholson und Morgan Freeman? Es geht eigentlich um ein sehr trauriges Thema, nämlich um den bevorstehenden Tod durch eine unheilbare Krankheit. Doch die zwei Männer im Film zeigen, wie man die letzte verbleibende Zeit besonders genießen kann, indem man bislang unerfüllte Wünsche und Ziele realisiert. Das Bild vom Tod ist ein drastisches Beispiel, aber der Abschluss der Schul- oder Studien­zeit kann möglicherweise auch dieses „Jetzt-oder-Nie“-Gefühl auslösen. Kann das nahende Ende eines Lebens­abschnitts, den man genossen hat, das momentane subjektive Wohlbefinden tatsächlich steigern? 

Genau diese Fragestellung hat die amerikanische Forscherin Jamie Kurtz jüngst  untersucht. Sie nahm an, dass die Gewissheit um das Ende einer angenehmen Lebens­erfahrung die Motivation zu mehr Engagement und die allgemeine Zufriedenheit erhöhen kann. Denn sobald man realisiert hat, dass eine als positiv erlebte Lebens­phase bald enden wird, treten deren Vorzüge hervor und man versucht, die verbleibende Zeit so gut wie möglich zu nutzen.

Kurtz führte ihre  Untersuchung mit Studierenden der University of Virginia durch, die angaben gern zur Universität zu gehen. Die künftigen AbsolventInnen wurden ins Labor eingeladen, um von ihren Erlebnissen an der Universität zu berichten. Beim ersten Termin wurden die Teilnehmenden zufällig  in verschiedene Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe sollte sich vorstellen, dass der Universitäts­abschluss kurz bevor stehe, und eine andere, dass es bis dahin noch eine lange Zeit hin sei. Die Teilnehmenden in beiden Gruppen sollten anschließend ihr Studentenleben in Bezug auf Freunde, Campus und weitere Kategorien beschreiben. Am Abend danach und weitere dreimal in den darauf folgenden zwei Wochen machten die Studierenden Angaben zu ihrem allgemeinen Wohlbefinden. Zudem berichteten sie, an wie vielen universitäts­bezogenen Freizeitaktivitäten (wie z.B. Treffen mit Mit­studierenden oder der Besuch des Lieblingscafés) sie an dem jeweiligen Tag teilgenommen hatten. Sie sollten überdies Argumente dafür finden, warum sie dankbar für ihre Freunde an der Universität sind, wenn sie beachten, wie wenig bzw. viel Zeit sie noch an der Universität verbringen werden. 

Die Teilnehmenden der ersten Gruppe, die sich vorstellen sollten, dass ihre Graduierung kurz bevorstehe, zeigten innerhalb der zwei Wochen im Vergleich zu der anderen Gruppe einen größeren Zuwachs an Wohlbefinden. Außerdem nahmen die Studierenden in dieser Bedingung an mehr Aktivitäten teil, die mit der Universität in Verbindung standen, als die Studierenden der anderen Gruppe.

Die Studie von Kurtz zeigt Ihnen eine Möglichkeit auf, wie Sie das tägliche Leben mehr genießen können. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit darauf, dass schöne Lebens­abschnitte und angenehme Erlebnisses bald enden können. So erhöhen Sie Ihre Motivation an positiv bewerteten Aktivitäten teilzunehmen und steigern Ihr subjektives Wohlergehen.

Kurtz, J. L. (2008). Looking to the Future to Appreciate the Present. Psychological Science, 19, 1238-1241.

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