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Kleines Zeichen, große Wirkung! Wenn Ausrufezeichen einen bestimmten Eindruck über uns erwecken

- Vivien Seibel –

Ausrufezeichen steigern den positiven Gesamteindruck und die wahrgenommene Wärme, mindern aber die Wahrnehmung von Macht und analytischem Denken.

 

“Ich melde mich später.” oder “Ich melde mich später!” – ein Satzzeichen, das die Wirkung einer Aussage stark verändern kann. In der schriftlichen digitalen Kommunikation fehlen Stimme, Mimik und Gestik. Jene Signale, die sonst Gefühle vermitteln, werden digital über andere Wege ersetzt, zum Beispiel durch Satzzeichen. Besonders das “!” macht verstärkte Gefühle sichtbar und erhöht die wahrgenommene Echtheit der Nachricht. So vermittelt “Ich melde mich später!” echte Begeisterung und Interesse für den bevorstehenden Kontakt. Beeinflusst das Ausrufezeichen nur, wie eine Nachricht klingt, oder auch, wie wir die schreibende Person wahrnehmen? Und zeigen sich dabei Unter­schiede zwischen Frauen und Männern, etwa darin, wie häufig sie Ausrufezeichen verwenden und welche Wirkung es hat?

Diesen Fragen gingen die Forschenden Yidan Yin, Gil Appel und Cheryl Jan Wakslak in fünf Studien nach. Sie wollten wissen, ob das Nutzen von Ausrufezeichen mit Geschlechterrollen zusammenhängt und ob Ausrufezeichen die soziale Wahrnehmung beeinflussen. Laut der Sozialrollentheorie führen soziale Rollen zu geschlechter­spezifischen Erwartungen, wie sich Männer und Frauen verhalten sollten. Daraus entstehen Stereotype, nach denen Frauen als warm und empathisch gelten und Männer als sachlich und durchsetzungs­stark. Auf dieser Grundlage nahm das Forschungs­team an, dass sich auch in scheinbar kleinen Kommunikations­entscheidungen wie der Nutzung von “!“ geschlechter­spezifische Erwartungen widerspiegeln. Zudem vermuteten die Forschenden, dass Ausrufezeichen verändern, wie die schreibende Person wahrgenommen wird.

In einer ersten Studie lasen die Teilnehmenden kurze E-Mails, die sich nur in der Zeichensetzung unter­schieden. Enthielt die Nachricht mehrere “!”, hielten über 60% der Teilnehmenden die schreibende Person für eine Frau, beim Gebrauch von “.” nur rund 20%. Weitere Unter­suchungen zeigten, dass Männer und Frauen unter­schiedlich mit Satzzeichen umgingen: Frauen nutzten Ausrufezeichen häufiger als Männer. Zudem machten sich Frauen mehr Gedanken darüber, wie ihre Zeichensetzung auf andere wirken könnte.

Wie wirken Ausrufezeichen jedoch tatsächlich? Sind die Sorgen berechtigt? In weiteren Studien fanden die Forschenden, dass Nachrichten mit “!” positiver bewertet wurden. Die schreibende Person wirkte wärmer, enthusiastischer und sympathischer. Gleich­zeitig sanken aber Einschätzungen von Macht und analytischem Denken. Diese Effekte zeigten sich unabhängig vom Geschlecht der schreibenden Person.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Ausrufezeichen oft mit weiblicher Kommunikation assoziiert werden. Männer setzen Ausrufezeichen sparsamer ein, vermutlich um nicht zu emotional zu wirken. Frauen reflektieren den Gebrauch von Ausrufezeichen stärker, weil sie sich Sorgen um mögliche soziale Konsequenzen machen. Jedoch zeigt sich, dass die Wirkung von Ausrufezeichen unabhängig vom Geschlecht ist: Egal ob Mann oder Frau, die schreibende Person erscheint positiver und wärmer, zugleich jedoch weniger analytisch und machtvoll. Frauen erleben somit keine stärkeren negativen sozialen Konsequenzen als Männer.

Ein “!” mag wie ein Detail wirken, es verdeutlicht jedoch, wie stark Geschlechterrollen selbst kleine Entscheidungen wie das Setzen von Satzzeichen prägen.
 

Yin, Y., Appel, G. & Wakslak, C. J. (2025). Nice to meet you.(!) Gendered norms in punctuation usage. Journal of Experimental Social Psychology, 121, Article 104812. https://doi.org/10.1016/j.jesp.2025.104812 

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Lea Nahon¹, Jana Berkessel

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