Manipulier mir meine Meinung!

- Anne Landhäußer –

Medien können durch die Erwähnung von Stereotypen politische Einstellungen beeinflussen.

„Wir haben zu viele junge kriminelle Ausländer“ – Schlagzeilen wie diese tauchen in den Boulevard-Medien so häufig auf, dass sie keinen mehr überraschen. Dabei gibt es für das von manchen Medien so gerne genährte Stereotyp, dass junge Migranten überwiegend kriminell seien, kaum wissenschaft­liche Belege. Egal, ob in Stereotypen ein Kernchen Wahrheit steckt oder ob sie mit der Realität nichts zu tun haben – ihre mediale Verbreitung hat einen Einfluss darauf, wie wir als LeserInnen die stereotypisierte Gruppe wahrnehmen. Dass dadurch möglicherweise auch politische Einstellungen und Meinungen verändert werden könnten, darauf weisen Studien eines Forschungs­teams um James Johnson hin.

Die amerikanischen Forscher untersuchten die Wirkung von stereotyper Medienbericht­erstattung beispielsweise am Fall des Hurrikans Katrina, der im Herbst 2005 New Orleans verwüstete. In Folge dieser Naturkatastrophe hatten zahlreiche Medien Bilder von dunkelhäutigen Plünderern gezeigt und so das Stereotyp vom Schwarzen Kriminellen genährt, was bei Medienkritikern und Politikern heftige Empörung auslöste.

Im Zuge einer Studie lasen Teilnehmende einen Bericht über Schwarze oder Weiße Opfer des Hurrikans Katrina. Im Anschluss daran sollten sie unter anderem angeben, inwiefern die Regierung für eine finanz­ielle Unterstützung der Opfer aufkommen sollte. Bei einem Teil der ProbandInnen war im Vorfeld mit entsprechenden Bildern von Plünderungen das Stereotyp vom Schwarzen Kriminellen aktiviert worden. Diese Bilder hatten keinerlei Einfluss auf das Antwort­verhalten von Teilnehmenden, die einen Bericht über Weiße Bedürftige gelesen hatten. War jedoch von Schwarzen Bedürftigen die Rede gewesen, machte es einen eklatanten Unterschied, ob die Teilnehmenden vorher Bilder von Plünderern gesehen hatten: Wenn ja, forderten sie von der Regierung weit weniger Unterstützung für die Opfer. Die Aktivierung des Stereotyps vom Schwarzen Kriminellen führte also zu einer Einstellungs­änderung den Opfern gegenüber.

Erklären lässt sich dieses Ergebnis damit, dass die Teilnehmenden, die an die Plünderungen dachten, für die dunkelhäutigen Opfer – anders, als für die hellhäutigen – keine Empathie empfanden. Und das, obwohl die auf den Bildern gezeigten Plünderer mit den im Bericht beschriebenen Opfern keinesfalls identisch waren.

In der Studie von Johnson und Kollegen führete das Stereotyp eines dunkelhäutigen Kriminellen dazu, dass von einem Schwarzen auf andere Schwarze generalisiert wurde. Analog dazu können reißerische Meldungen in der Presse ungeahnte Wirkung entfalten: Demnach ist es möglich, dass Berichte über von jungen Migranten begangene Verbrechen zu geringer Empathie gegenüber MigrantInnen im Allgemeinen – und damit zum Beispiel auch Flüchtlingen –führen. Wer diesem automatischen Prozess entgegen wirken möchte, sollte versuchen sich vor Augen zu führen, dass Zeitungen in der Regel über wenige Einzelne schreiben. Rückschlüsse auf die ganze Gruppe (z.B. Ausländer, Bayern, etc.) sind auf dieser Basis nicht möglich.

Johnson, J. D., Olivo, N., Gibson, N., Reed, W., & Ashburn-Nardo, L. (2009). Priming media stereotypes reduces support for social welfare policies: The mediating role of empathy. Personality and Social Psychology Bulletin, 35, 463–476.

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