Schön, schlank, schlau sucht ...

- Anne Landhäußer –

Nutzer von Single-Börsen neigen zu kleinen Lügen bezüglich ihres Gewichts und ihrer Größe.

Traditionelle Partnersuche, das heißt: Raus aus den vier Wänden und rein ins Getümmel. Die große Liebe kann überall lauern: auf jeder Party, in jeder Disco, im Eiscafé nebenan. Heutzutage jedoch verlassen viele überhaupt nicht mehr die Wohnung, während sie sich auf die Suche nach dem Mann oder der Frau fürs Leben machen. Nötig ist einzig ein Internetzugang. Auch wenn es vielen noch immer unglaublich scheint, dass sich die große Liebe in den Weiten des World Wide Web entdecken lässt – laut Studien sind monatlich über sechs Millionen Deutsche auf Single-Portalen unterwegs. Im Jahr 2007 investierten sie 85 Millionen Euro in die virtuelle Partnersuche.

Im Vergleich zum Flirt in der Disco hat ein Kennenlernen im Internet allerdings einen gewichtigen Nachteil: Im Internet kann man viel erzählen – beispielsweise von langen Beinen und Modell-Maßen. Wer einen Partner finden möchte, ist schließlich bestrebt, sich in einem möglichst positiven Licht darzustellen. Dumm allerdings, wenn man sich letztlich für ein Treffen entscheidet und es sich nicht mehr verbergen lässt, dass die Modellfigur eher dem mittelalterlich üppigen Geschmack entspricht und die langen Beine eigentlich kurze Krautstampfer sind. Wer sich im Internet vorstellt, steht demnach im Konflikt zwischen dem Wunsch, sich möglichst attraktiv darzustellen, und der Notwendigkeit, doch so ehrlich zu bleiben, dass es letztendlich nicht peinlich wird. Es gilt also, zwischen positiver Selbstdarstellung und Authentizität abzuwägen. Für welche Strategie sich der typische Nutzer von Singlebörsen entscheidet, dieser Frage gingen die amerikanischen Psychologen Catalina Toma, Jeffrey Hancock und Nicole Ellison nach.

Sie befragten 80 Nutzer von Singlebörsen über ihre Online-Dating-Aktivität, stellten sie auf die Waage, maßen ihre Größe, erfassten ihr Alter durch einen Blick auf den Führerschein  – und verglichen diese Daten dann mit den Angaben, die die Teilnehmer in ihren Internet-Profilen gemacht hatten. Dabei stellte sich heraus, dass sowohl Männer als auch Frauen im Internet zwar zu kleinen Unehrlichkeiten neigen, dass allzu dreiste Lügen jedoch eher selten sind.

So machten zwei Drittel der Befragten in ihrem Online-Profil falsche Angaben zu ihrem Gewicht und fast die Hälfte gab eine falsche Körpergröße an. Bezüglich des Alters logen fast zwanzig Prozent. Dabei waren es in erster Linie die Frauen, die sich schlanker machten, während es eher die Männer waren, die ihre Körpergröße übertrieben. Nun ließe sich die Möglichkeit einräumen, dass solche kleinen Lügen unabsichtlich sein könnten – schließlich kennen wenige ihr exaktes Gewicht. Allerdings gestanden gerade die Teilnehmer, bei denen Diskrepanzen zwischen realen und berichteten Maßen auftraten, in ihrem Profil keine allzu genauen Angaben zu machen. Dies deutet daraufhin, dass die Diskrepanzen keine zufälligen Fehler, sondern beabsichtigte kleine Schummeleien sind. Ein Zwerg macht sich online also nicht zum Riesen, aber vielleicht absichtlich ein paar Zentimeter größer.

Alles in allem ist also die Gefahr, bei einem Blind Date den Schock fürs Leben zu erleiden, nicht so groß, wie viele meinen. Wenn dann sind es kleine Schummeleien, keine faustdicken Lügen, die sich hinter dem Sixpack-Bauch und dem Echtblondhaar verbergen. Besonders ehrlich scheinen diejenigen Nutzer zu sein, die in ihrem Profil auch ein Bild von sich zeigen. Dennoch gibt es sicherlich auch in den Online-Kontaktbörsen schwarze Schafe – und die machen bei einer Studie zu Online-Dating vermutlich lieber nicht mit.

Toma, Hancock & Ellison (2008). Separating fact from fiction: an examination of deceptive self-presentation in online dating profiles. Personality and Social Psychology Bulletin, 34 (8), 1023-1036.

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