Sind NarzisstInnen sexy?

- Annika Schenkluhn –

NarzisstInnen wirken aufgrund ihrer hohen physischen Attraktivität und Kühnheit besonders anziehend auf potentielle Liebes­partnerInnen.

Narzissus ist in der griechischen Mythologie ein junger Mann, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt, bei dessen Betrachtung in einen See fällt und ertrinkt. Er ist der Namensgeber für NarzisstInnen. Dar­unter versteht man Personen, die zur Selbstverliebtheit neigen, einen starken Selbstfokus aufweisen und ständig nach Bewunderung streben. Dies spiegelt sich auch in ihrem Liebesleben wider. So prahlen NarzisstInnen nicht nur häufig über die Anzahl ihrer möglichen und tatsächlichen Sexual­partnerInnen, sondern auch, wie leicht es ihnen falle, neue Partnerschaften einzugehen. Diesen Angaben zufolge müssten NarzisstInnen eine besondere Anziehungs­kraft auf potenzielle PartnerInnen haben. Doch kann man diesen Aussagen Glauben schenken, wo NarzisstInnen doch häufig zu einer verzerrten, positiven Selbsteinschätzung neigen? Und falls diese Aussagen tatsächlich zutreffen, wie lässt sich der erhöhte Erfolg bei der Suche nach PartnerInnen objektiv erklären? 

Um auf diese Fragen eine Antwort zu finden, versuchte ein Forschungs­team um Michael Dufner, das subjektiv positive Selbstbild von NarzisstInnen objektiv zu untersuchen und die Gründe für die vermeintlich hohe Anziehungs­kraft herauszufinden. Die ForscherInnen mutmaßten, dass NarzisstInnen tatsächlich über eine hohe körperliche Attraktivität verfügen, da sie viel Wert auf ihr Äußeres legen. Des Weiteren sollten sie andere aber auch dadurch beeindrucken, dass sie unerschrocken, ausdrucksstark und mit großer Selbstsicherheit, also kühn, auftreten.

Um ihren Vermutungen nachzugehen, führten die ForscherInnen eine Studie mit heterosexuellen männlichen Singles durch. Zu Beginn füllten die Teilnehmer Fragebögen zu ihrem Narzissmus aus. Anschließend sollten sie auf offener Straße Frauen ansprechen und diese nach ihren Kontaktdaten fragen. Im Nachhinein bat man die Frauen, die Anziehungs­kraft der Männer zu bewerten. Anhand dieser Bewertungen und der Anzahl der erhaltenen Kontaktdaten wurde die Anziehungs­kraft der Teilnehmenden letztlich festgemacht. Zusätzlich bewerteten unabhängige BeobachterInnen die tatsächliche physische Attraktivität der Männer. Mitarbeiterinnen des Forschungs­teams schätzten zudem deren Kühnheit bei der Interaktion mit den Frauen ein.

Die Ergebnisse der Studie untermauern die Annahmen des Forschungs­teams. Je stärker die Männer zu Narzissmus neigten, desto höher wurde ihre körperliche Attraktivität und Kühnheit eingeschätzt. Eine höhere Attraktivität und Kühnheit führte wiederum zu einer erhöhten Anziehungs­kraft auf die Frauen. 

Die Studie kann aufgrund der rein männlichen Stichprobe nur Aussagen über männliche Narzissten treffen. Diese schaffen es aber offenbar zu Beginn einer Bekanntschaft, mit ihrem Aussehen und ihrer Kühnheit zu beeindrucken und somit anziehend auf potentielle Liebes­partnerinnen zu wirken. Es ist jedoch anzunehmen, dass mit zunehmendem Zeitraum ihre Defizite im sozialen Kontext deutlicher werden. Aufgrund ihres starken Selbstfokus‘ mangelt es narzisstischen Menschen nämlich häufig an Gemeinschafts­gefühl, Einfühlungs­vermögen und Treue. Es bleibt also zu hoffen, dass ihnen ihre Selbstverliebtheit – anders als bei ihrem Namensgeber – nicht zum Verhängnis wird.

Dufner, M., Rauthmann, J., Czarna A., & Denissen, J. (2013). Are narcissists sexy? Zeroing in on the effect of narcissism on short-term mate appeal. Personality and Social Psychology Bulletin, 39, 870–882.

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