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Stift oder Tastatur: Welche Art des Mitschriebs verspricht den größeren Lernerfolg?

- Marius Kristian Schmidt –

Studierende, die ihre Mitschriften am Laptop anfertigen, schneiden bei der Beantwortung von Trans­fer- und Anwendungs­fragen oftmals schlechter ab als Studierende, die ihre Mitschriften handschriftlich anfertigen.

Lässt man den Blick durch einen Vorlesungs­saal schweifen, so fällt auf, dass zahlreiche Studierende für ihre Notizen nicht mehr Stift und Papier verwenden. Stattdessen nutzen viele von ihnen Laptops, um ihre Mitschrift anzufertigen. Dies hat einige praktische Vorteile. So können viele Studierende schneller tippen als sie handschriftlich schreiben können. Darüber hinaus liegt die Mitschrift digital vor. Doch welche Art des Mitschriebs ist effektiver, wenn man den Lernerfolg betrachtet?

Dieser Fragestellung ging das US-amerikanische Forschungs­team Pam Mueller und Daniel Oppenheimer nach. Seine Vermutungen begründete es insbesondere auf der Enkodierungs­hypothese. Diese besagt, dass die Informations­verarbeitung, die während des Notizenmachens erfolgt, das Lernen und Behalten der Informationen verbessert. Es gibt allerdings Unter­schiede darin, wie die Notizen gemacht werden. Im Gegensatz zum Paraphrasieren und Zusammenfassen findet beim wortwörtlichen Mitschreiben nur eine sehr oberflächliche Informations­verarbeitung statt. Die weniger tief verarbeiteten Informationen können vor allem bei der Beantwortung von Trans­fer- und Anwendungs­fragen zu einer geringeren Leistung führen. In bisherigen Studien zeigte sich außerdem, dass durch das Notizenmachen am Laptop wortwörtliches Mitschreiben begünstigt wurde. Das Forschungs­team nahm daher an, dass Studierende, die am Laptop mitschreiben, bei Trans­fer- und Anwendungs­fragen schlechter abschneiden als Studierende, die mit Stift und Papier mitschreiben.

Ihre Annahme unter­suchten die Forschenden in einem Laborexperiment. Dabei sahen 67 Studierende einen Kurzfilm und wurden gebeten, ihre Notizen entweder mit einem Laptop oder mit Stift und Papier zu machen. Nach einer 30-minütigen Unter­brechung durch eine andere Aufgabe bekamen die Studierenden einen Test vorgelegt, der sowohl faktenbezogene Fragen zum Film („Vor etwa wie vielen Jahren existierte die Indianerzivilisation?“) als auch Trans­fer- und Anwendungs­fragen („Wie unter­scheiden sich Japan und Schweden in ihren Ansätzen zur gesellschaft­lichen Gleich­berechtigung?“) enthielt. Die Forschenden konnten zeigen, dass jene Studierenden, die ihre Notizen handschriftlich anfertigten, bei der Beantwortung von Trans­fer- und Anwendungs­fragen besser abschnitten als jene, die ihre Notizen am Laptop anfertigten. Bei faktenbezogenen Fragen zeigten beide Gruppen eine vergleich­bare Leistung.

Diese Befunde replizierten die Forschenden in zwei weiteren Studien. Dabei konnten sie zudem zeigen, dass jene Studierenden, die ihre Notizen handschriftlich anfertigten, auch dann besser abschnitten, wenn der Test eine Woche später erfolgte und die Notizen vorab durchgesehen werden durften. Hier zeigte sich der Vorteil von handschriftlichen Notizen nicht nur bei der Beantwortung von Trans­fer- und Anwendungs­fragen, sondern auch bei der Beantwortung faktenbezogener Fragen.

Stift oder Tastatur? Wenn Sie vor dieser Entscheidung stehen, sollten Sie sich überlegen, welches Ziel Sie verfolgen möchten. Können Sie schneller tippen als schreiben und möchten Ihre Mitschrift digital haben, bietet sich der Laptop an. Möchten Sie hingegen durch das Mitschreiben Ihren Lernerfolg fördern, sollten Sie eher Stift und Papier den Vorzug geben.

Mueller, P.A. & Oppenheimer, D.M. (2014). The pen is mightier than the keyboard: Advantages of longhand over laptop note taking. Psychological Science, 25, 1159-1168.

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