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Studien­anfänger, zeigt her eure Gefühle!

- Susanne Weigl –

Wer seine Gefühle zeigt, knüpft leichter neue Kontakte.

Es ist wieder einmal Semesterbeginn, und alleine an der Universität Mannheim beginnen rund 2600 Abiturientinnen und Abiturienten ihr Studium. Diese sogenannten Erstsemester stecken mitten in einer aufregenden Zeit, denn für die meisten von ihnen geht mit dem Studien­beginn der Auszug von zu Hause sowie der Abschied von Familie und Freunden einher. Gleich­zeitig gilt es, am Studien­ort neue Kontakte zu knüpfen und Anschluss zu finden, denn eine Vielzahl von Forschungs­arbeiten zeigt, dass ein stabiles soziales Netz ein wichtiger Faktor für den Erfolg im ersten Studien­jahr ist.

Beim Studien­beginn handelt es sich also um eine turbulente Zeit, in der die Gefühle schon mal verrückt spielen können: Nervosität und Unsicherheit mischen sich mit Neugierde und Vorfreude. Es gibt unter­schiedliche Möglichkeiten mit diesem Gefühlschaos umzugehen: Die einen zeigen ihre Gefühle offen nach außen, andere behalten sie lieber für sich und unter­drücken sichtbare Gefühlsregungen. Aber kann sich das Unter­drücken von Gefühlen auf das Entstehen und die Qualität sozialer Kontakte auswirken?

Das Forscher­team um Sanjay Srivastava ging dieser Frage in einer aktuellen Studie mit 278 amerikanischen College-Erstsemestern auf den Grund. Bezüglich der Unter­drückung von Emotionen mussten die Teilnehmenden Fragen beantworten wie „Wenn ich positive (bzw. negative) Gefühle habe, zeige ich sie nicht nach außen“ oder „Ich behalte meine Gefühle für mich“. In Hinblick auf das Sozialleben betrachtete das Forschungs­team drei Aspekte: Erstens das Ausmaß der sozialen Unter­stützung, das die Erstsemester von anderen erhielten, zweitens den Grad der Nähe in ihren sozialen Beziehungen und drittens das Ausmaß, in dem die Erstsemester mit ihrem eigenen sozialen Leben zufrieden waren.

Das zentrale Ergebnis der Studie war, dass Erstsemester, die ihre Gefühle unter­drückten, weniger Unter­stützung von anderen erfuhren, eher distanzierte Beziehungen zu anderen unter­hielten und auch weniger mit ihrem Sozialleben zufrieden waren als solche Erstsemester, die ihre Gefühle stärker nach außen zeigten.

Das Team um Srivastava sieht drei Gründe als Ursachen für dieses Ergebnis: Zum einen verhindern wir die kommunikative Funktion von Gefühlen, wenn wir sie unter­drücken. Andere bemerken dann nicht mehr, wie es uns geht und können somit nicht darauf reagieren und beispielsweise Unter­stützung anbieten. Ein zweiter Grund könnte sein, dass das Unter­drücken von Gefühlen meist nicht vollständig gelingt. Wer seine Gefühle unter­drückt, wirkt eventuell weniger authentisch und nicht an sozialen Kontakten interessiert, so dass sich andere als Reaktion darauf eher zurückziehen. Eine dritte Möglichkeit wäre, dass Menschen, die ihre Gefühle unter­drücken, dafür viel Energie aufwenden müssen. So können sie sich weniger gut auf soziale Interaktionen konzentrieren und einlassen und sind deshalb dabei auch weniger erfolgreich.

Um stabile und zufriedenstellende soziale Kontakte aufzubauen ist es also wichtig, Gefühle nicht zu unter­drücken. Vielmehr erscheint es sinnvoll,  anderen wissen zu lassen, dass man Sorgen hat oder sich über etwas freut. Und das gilt sicher nicht nur für Erstsemester.

Srivastava, S., Tamir, M., McGonigal, K. M., John, O. P., & Gross, J. J. (2009). The social costs of emotional suppression: A prospective study of the trans­ition to college. Journal of Personality and Social Psychology, 96(4), 883–897.

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