Von Zickenkriegen und Blutsbruderschaft

- Mareike Wickop –

Männer führen häufig tolerantere und engere Freundschaften als Frauen.

Dem Klischee nach sind Frauen zuverlässige, herzliche und loyale Freundinnen, die über alles offen reden und immer für einander da sind. Männer hingegen kommen anscheinend nur dann gut mit ihren Kumpels aus, wenn sie zusammen vor dem Fernseher sitzen, Fußball schauen und gemeinsam ein kühles Bier trinken können. Treten Probleme auf, stellt man sich Männer leicht in aggressiven Auseinandersetzungen vor. Wirklich wahre Männerfreundschaft existiert demnach nur in Winnetou-Filmen oder in der Bibel.

Stimmt das wirklich? Die Klischees über Männer- und Frauenfreundschaften beschreiben in überspitzter Weise, einen Mythos, den viele für die Wahrheit halten und der in der Vergangenheit auch durch entsprechende Forschungs­ergebnisse unterstützt und genährt wurde. Joyce Benenson und ihr amerikanisch-kanadisches Forscherteam führten nun ebenfalls Untersuchungen zu dem Thema durch und erhielten dabei Ergebnisse, die in eine ganz andere Richtung weisen.

Das Forscherteam befragte männliche und weibliche Studierende in den USA über deren ZimmerkollegInnen, die sie hinsichtlich verschiedener Faktoren einschätzen sollten, wie beispielsweise geteilte Interessen, Vorstellungen von Hygiene und Sauberkeit und Unterschiede zur eigenen Werthaltung. Interessanterweise beurteilten Männer ihre Mitbewohner selbst dann deutlich wohlwollender als Frauen, wenn sie sich mit ihnen in einer Konfliktsituation befanden. Ein Wechsel des Zimmers während des Studien­jahres aufgrund von Konflikten mit der Zimmernachbarin kam bei Frauen in allen drei untersuchten Universitäten signifikant häufiger vor als bei Männern. Zudem scheinen Männerfreundschaften den Ergebnissen des Forscherteams zufolge viel fester zu sein, während es bei Frauen schneller wegen Kleinigkeiten zum Streit kommt. So fanden die ForscherInnen, dass das einmalige Verletzen von Regeln der Freundschaft bei Männern weniger starke Aus­wirkungen hatte als das gleiche Vergehen bei Frauen.

Das Klischee, dass Frauen die besseren Freundinnen sind, gehört den beschriebenen Ergebnissen zufolge der Vergangenheit an. Vielleicht liegt dies daran, dass Männer – wieder einem Klischee nach – häufiger die ruhigeren Gemüter sind, die sich gegenseitig schneller verzeihen und leichter über Schwächen des anderen hinwegsehen können. Ob sich die Befunde zur Interaktion zwischen Zimmernachbarn auch auf Männerfreundschaften außerhalb des Campus übertragen lassen, bleibt an dieser Stelle offen. Ebenfalls offen bleibt die Frage nach den Gründen für den stärkeren Zickenkrieg zwischen Frauen.  Kleine Streitereien bedeuten natürlich nicht, dass es echte Freundschaften zwischen Frauen gar nicht geben kann. Viele gehen gemeinsam durch dick und dünn und unterstützen sich ein Leben lang – auch wenn es auf dem Campus schnell mal zu Konflikten kommt.

Benenson, J.F., Markovits, H., Fitzgerald, C., Geoffroy, D., Flemming, J., Kahlenberg, S., Wrangham, R.W. (2009). Males’ Greater Tolerance of Same-Sex Peers. Psychological Science, 20 (2), 184–190.

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