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Wenn Neid nicht grün, sondern motiviert macht

Es ist ein hässliches Gefühl und doch ist es allen vertraut: Neid – die Unzufriedenheit, dass andere etwas haben, was man selbst nicht hat. Es sind Gedanken wie „Tina hat schon wieder als Beste in der Prüfung abgeschnitten!“, die dieses Gefühl entstehen lassen. Als Folge wird man den Beneideten gegenüber oft unfair und sucht nach Gleichgesinnten zum Lästern. Über eines scheinen sich die meisten Menschen dabei einig zu sein: Neid ist schlecht und unerwünscht. Wird man beneidet, so leidet man. Neidet man, so leidet man auch. Doch ist Neid wirklich durch und durch schlecht oder hat dieses Gefühl auch eine positive Seite?
Dieser Frage gingen die Forscher Niels van de Ven, Marcel Zeelenberg und Rik Pieters von der Tilburg University in den Niederlanden nach. Als mögliche Reaktion einer Person auf einen Vergleich mit anderen, die besser dran sind als die Person selbst, stellen sie Neid Bewunderung gegenüber. Bewunderung ist das Gefühl der besonderen Anerkennung der Erfolge oder des Charakters einer anderen Person. Im Gegensatz zu Neid sollte sich Bewunderung positiv anfühlen und inspirieren, jedoch auch eher mit Passivität verbunden sein. Neid zu empfinden sollte dagegen frustrierend sein, dafür aber Energie liefern, die zu besseren Leistungen motivieren kann.
Das Forscherteam hatte zudem in vorherigen Untersuchungen zwei verschiedene Formen von Neid ausgemacht: böswilligen und gutartigen Neid. Böswilliger Neid entsteht, wenn man glaubt, dass die beneidete Person ihren Erfolg nicht verdient. Gutartiger Neid entsteht demgegenüber, wenn man glaubt, dass die beneidete Person ihren Erfolg verdient. Die Forscher nahmen an, dass böswilliger Neid bewirkt, dass Menschen darauf abzielen, die beneidete Person herabzusetzen. Gutartiger Neid sollte dagegen motivieren, die eigene Leistung zu steigern. Die Vermutung der Forscher war letztlich also, dass gutartiger Neid im Gegensatz zu Bewunderung oder böswilligem Neid dazu führen kann, dass Personen motiviert sind, ihre Leitung zu verbessern.
Um dies zu testen wurde folgende Studie durchgeführt: Die Teilnehmenden sollten sich eine Situation ins Gedächtnis rufen, in der sie entweder Bewunderung, böswilligen Neid oder gutartigen Neid empfunden hatten. Daraufhin bearbeiteten die Teilnehmenden einen Test. Das Leistungsergebnis hierbei konnte durch Motivation verbessert werden. So war es beispielsweise möglich, bessere Ergebnisse zu erzielen, wenn mehr Zeit in die Bearbeitung der Aufgaben investiert wurde.
Tatsächlich zeigte sich, dass die Teilnehmenden, die sich an Situationen erinnert hatten, in denen sie gutartigen Neid empfunden hatten, bessere Leistungen erbrachten als die anderen Teilnehmenden. Das Forscherteam schloss daraus, dass gutartiger Neid im Gegensatz zu Bewunderung oder böswilligem Neid tatsächlich motivieren kann.
Beneidet man also beispielsweise Tina für ihr Prüfungsergebnis, kann dies über eine Zunahme der Motivation durchaus leistungssteigernd wirken. Das wird höchstwahrscheinlich aber nur dann der Fall sein, wenn man Tinas Erfolg als verdient ansieht. Interessanterweise kann so auch eher ein Motivationsschub herbeigeführt werden als durch die Bewunderung der Prüfungsbesten.
Van de Ven, N., Zeelenberg, M., & Pieters, R. (2011). Why envy outperforms admiration. Personality and Social Psychology Bulletin, 37, 784–795.
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