Apfel oder Schokoriegel?

- Karin-Daniela Dudescu –

Menschen, die sich an eine unmoralische anstelle einer moralischen Handlung erinnern, entscheiden sich häufiger für ein gesundes Nahrungs­mittel.

Ungesunde Ernährung ist einer der Hauptrisikofaktoren für Krankheiten wie Übergewicht oder Herz­probleme. Daher wird auch von der Weltgesundheits­organisation empfohlen, mehr Obst und Gemüse sowie weniger Zucker zu essen. Doch wovon hängt es ab, ob wir uns zum Beispiel im Super­markt für einen Apfel oder einen Schokoriegel entscheiden? Wie können wir also zu gesunder Ernährung motiviert werden?

Bisherige Forschung hat gezeigt, dass Personen gesunde Ernährung als moralischer erachten als ungesunde Ernährung. Darüber hinaus konnte bereits dargelegt werden, dass Menschen, die eine unmoralische Handlung vollzogen haben, dazu neigen, sich darauffolgend eher moralisch zu verhalten. Umgekehrt zeigen Personen, die sich moralisch verhalten haben, im Anschluss häufig unmoralischeres Handeln. Erklärt wird dieser Befund mit dem menschlichen Streben nach Gleichgewicht: Wenn wir das Gefühl haben, unmoralisch gehandelt zu haben, möchten wir unseren Selbstwert durch moralisches Handeln wieder herstellen. Sind wir demgegenüber der Ansicht, dass wir bereits ein hohes Level an Moralität gezeigt haben, gehen wir davon aus, zu unmoralischem Handeln berechtigt zu sein. 

Auf diesen Befunden aufbauend entwickelte das Schweizer Forschungs­team um Christian Weibel die Annahme, dass die Erinnerung an eine eigene unmoralische Handlung Personen aufgrund des Bedürfnisses nach Gleichgewicht dazu veranlassen sollte, gesunde im Gegensatz zu ungesunder Nahrung zu bevorzugen. Die Erinnerung an eigenes moralisches Verhalten sollte Menschen demgegenüber zur Wahl eines ungesunden Nahrungs­mittels verleiten. Somit sollten Personen, die sich an eine unmoralische Tat erinnern, eher ein gesundes Nahrungs­mittel wählen als Personen, die sich an eine moralische Tat entsinnen.

Um diese Annahmen zu überprüfen, wurden die Teilnehmenden eines Experiments gebeten, entweder über eine eigene egoistische (also unmoralische) oder altruistische (also moralische) Handlung aus der Vergangenheit nachzudenken und dazu einen kleinen Aufsatz zu schreiben. Im Anschluss daran mussten die Teilnehmenden mehrmals zwischen gesunder (z.B. Apfel) und ungesunder (z.B. Schokoriegel) Kost wählen. Als zweites Maß für die Präferenz der Teilnehmenden wurde erfasst, wie viel diese bereit wären, für die einzelnen Nahrungs­mittel zu zahlen.

Die Ergebnisse stützen die Annahmen des Forschungs­teams. Personen, die eine egoistische Handlung erinnert hatten, wählten häufiger eine gesunde Nahrungs­alternative als Personen, die an eine altruistische Handlung gedacht hatten. Ein ähnliches, wenn auch weniger deutliches Ergebnis war bezüglich der Zahlungs­bereitschaft der Teilnehmenden gegeben. So waren Personen, die an eine egoistische Handlung gedacht hatten, gewillt, etwas mehr für die gesunden als die ungesunden Alternativen zahlen. Bei Personen, die an eine altruistische Handlung gedacht hatten, ließ sich tendenziell der entgegengesetzte Trend verzeichnen.

Die Befunde deuten darauf hin, dass wir zum Beispiel im Super­markt dazu motiviert werden können, uns für einen Apfel anstelle eines Schokoriegels zu entscheiden, wenn wir unser unmoralisches Handeln vor Augen haben. Unser Bedürfnis nach Gleichgewicht kann so also förderlich für unsere Gesundheit sein. Gerade nach dem weihnachtlichen Festessen lässt sich dieser Effekt für die guten Vorsätze im neuen Jahr zunutze machen. 

Weibel, C., Messner, C., & Brügger, A. (2014). Completed egoism and intended altruism boost healthy food choices. Appetite, 77, 38–45.

World Health Organization. (2013). Diet. Retrieved from www.who.int/topics/diet/en/Accessed June 7, 2013

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Bianca von Wurzbach, Anna Bruk

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