Bloß keine Fehler machen?

- Florian Schwarz –

Eine Frau auf einer geschlechtsuntypischen Position wird als kompetent wahrgenommen – bis sie einen Fehler macht.

Als Angela Merkel 2005 Bundes­kanzlerin wurde, erlangte sie eine Position, die bis dato nur von Männern besetzt wurde. Auch in anderen Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert.

Neue Forschungs­ergebnisse zeigen, dass Frauen,  die eine geschlechtsuntypische Position innehaben – also ein Amt besetzen, das meist von Vertretern des anderen Geschlechts bekleidet wird  – viel strenger beurteilt werden als Männer in der gleichen Position. So zeigte eine Forschungs­gruppe um Victoria Brescoll in einem Experiment, dass der Status, der mit einer hohen Position verbunden ist, viel stärker gefährdet ist, wenn die Position geschlechtsuntypisch besetzt ist.

In dem von Brescoll und KollegInnen durchgeführten Experiment bekamen männliche und weibliche Teilnehmende ein Szenario vorgelegt. In diesem Szenario wurde die Reaktion eines Polizeichefs auf die Eskalation einer Protestkundgebung beschrieben. Die eine Hälfte der Teilnehmenden las eine Version des Szenarios, in der der fiktive Polizeichef ausreichend Polizisten zu der Kundgebung sandte, so dass Ausschreitungen verhindert werden konnten und es zu keinen Verletzten kam. In einer zweiten Version des Szenarios, die die andere Hälfte der Teilnehmenden bekam, beging der Polizeichef den Fehler nicht genügend Polizisten auszusenden, weswegen die Kundgebung mit 25 Schwerverletzten endete. Zudem variierten die ForscherInnen das Geschlecht des fiktiven Polizeichefs.

Aufgabe der Teilnehmenden war es anschließend den Polizeichef hinsichtlich Kompetenz und Status zu bewerten. Die Ergebnisse zeigen, dass es keinen Unterschied machte, ob die Position von einer Frau oder einem Mann besetzt war, wenn der Polizeichef keinen Fehler gemacht hatte. Hatte er allerdings einen Fehler gemacht, spielte das Geschlecht sehr wohl eine Rolle: In diesem Fall wurden die Kompetenz sowie der Status bei einem weiblichen Polizeichef bedeutend niedriger eingestuft als bei einem männlichen.

Die gleichen Effekte waren übrigens auch zu beobachten, wenn in dem Szenario das Verhalten eines Rektors an einer Frauen-Universität beschrieben wurde. Einem männlichen Rektor wurden nach einem Fehler weniger Kompetenz und ein geringerer Status zugeschrieben als seinem weiblichen Pendant. Demnach kann man nicht schließen, dass Frauen Fehler stärker angelastet werden als Männern. Vielmehr scheinen Fehler gerade dann dazu einzuladen, einer Führungs­person ihre Kompetenz abzusprechen, wenn sie eine geschlechtsuntypische Position bekleidet – egal, ob diese Position typischerweise von Männern oder aber von Frauen besetzt wird.

Brescoll, V. L., Dawson, E., & Uhlmann, E. L. (2010). Hard won and easily lost: the fragile status of leaders in gender-stereotype-incongruent occupations. Psychological Science, 21(11), 1640-1642.

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