Bloß nichts verschwenden?

- Julia Gann –

Wir wählen etwas Unattraktives, wenn jemand anderes schon darin investiert hat.

Stell dir vor, du hast dir ein teures Stück Schokoladentorte gekauft in einer besonderen Bäckerei, für die du auch noch ans andere Ende der Stadt fahren musstest. Nachdem du die Hälfte gegessen hast, bist du allerdings schon so satt, dass du eigentlich nicht mehr weiter essen kannst. Würdest du das Stück Torte trotzdem aufessen?

Vermutlich würden die meisten von uns das tun, da wir so viel in die Torte investiert haben. Uns wird schlecht, wenn wir den Kuchen aufessen, aber wir essen ihn trotzdem, da wir Zeit und Geld investiert haben, um ihn zu bekommen. Dieser „Effekt der versunkenen Kosten“ (versunken, da die Kosten unwiederbringlich investiert sind) wurde in der Sozialpsychologie schon viel untersucht. Aber würden wir den Kuchen auch essen, wenn eine andere Person ihn uns gekauft hätte?

Der Wissenschaft­ler Christopher Olivola nahm an, dass es auch einen „Sozialen Effekt der versunkenen Kosten“ gibt. Seine Vermutung war, dass wir uns auch dann für etwas weniger Attraktives entscheiden, wenn jemand anderes und nicht man selbst Ressourcen investiert hat. Er führte verschiedene Experimente durch, um dies zu überprüfen. Hierfür ließ er Teilnehmende sich in verschiedene Szenarien hineinversetzen, in denen sie zum Schluss eine Entscheidung treffen sollten. Eins dieser Szenarien war das oben beschriebene Beispiel mit der Schokoladentorte.

Olivola fand heraus, dass Teilnehmende sich eher entschieden, einen Kuchen aufzuessen, wenn sie dachten, dass er teuer und bei einer weit entfernten Bäckerei gekauft worden war, als wenn er günstig war und von einer Bäckerei um die Ecke stammte (wobei der Kuchen immer der gleiche war). Das galt auch, wenn die Teilnehmenden sich vorstellen sollten, dass ein anderer und nicht sie selbst den Kuchen gekauft hatten. Ob die Person, die den Kuchen gekauft hatte, ihnen nahe stand oder ihnen fremd war, machte dabei keinen Unterschied. Ebenfalls machte es keinen Unterschied, ob die andere Person überhaupt von der Entscheidung erfuhr. Wenn also mehr Zeit und Geld investiert wird, entscheiden wir uns eher dafür, dieses Investment zu ehren und etwas zu wählen, das uns eigentlich weniger gefällt – in diesem Beispiel weiter zu essen anstatt aufzuhören. Warum handeln Menschen so? Olivola geht davon aus, dass wir Verschwendung vermeiden wollen, egal wer diese Verschwendung verursacht hat.

Fest steht aber, dass eigentlich niemand gewinnt, wenn wir etwas tun, das uns keinen Spaß macht oder uns nicht gut tut. Rational ist so eine Entscheidung nicht, und auch andere Personen haben nichts davon, wenn wir dadurch ihren Einsatz ehren wollen. Andere sollten eigentlich wollen, dass wir die Alternative wählen, mit der wir glücklicher sind – und nicht die, in die sie etwas investiert haben. Vielleicht bedenken wir dies also das nächste Mal, bevor wir uns den letzten Bissen Kuchen reinzwängen, nur weil Oma so lange in der Küche dafür stand.

Olivola, C. Y. (2018). The Interpersonal Sunk-Cost Effect. Psychological Science, 29, 1072–1083. doi:10.1177/0956797617752641

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Maria Douneva¹, Thomas Dyllick

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