Bullying: Mobbing an Schulen

- Esther Glück –

Gesteigertes Einfühlungs­vermögen hält SchülerInnen vom Mobbing ab!

„Brillenschlange!“ „Fette Kuh!“ „Blödmann!“ hallt es durch den Schulhof. Kinder boxen sich gegenseitig in die Seiten, ziehen sich an den Haaren und kreischen wild durcheinander. Die meisten von uns sind in der Schule schon einmal wegen einer Kleinigkeit aufgezogen worden. Aber wo ist die Grenze? Wann wird das Necken zu Gewalt, wann gibt es Opfer und TäterInnen? Und was können wir als Gesellschaft dagegen tun?

Mobbing an Schulen tritt in verschiedenen Formen auf und wird im Fach­jargon auch als Bullying bezeichnet. Bullying schließt verbale Formen der Gewalt wie Beleidigungen, Beschimpfungen und Verspottungen mit ein. Aber auch beziehungs­bezogene Gewalt, das heißt Rufschädigung, Ausgrenzung und Verleumdungen sowie körperliche Gewalt zählen zu Bullying. Allerdings nur dann, wenn solche Taten wiederholt ausgeführt werden und wenn die Beziehung zwischen Opfer und TäterInnen durch ein ungleiches Machtgewicht gekennzeichnet ist. Dies kann aus physischer Überlegenheit, einem höheren sozialen Status oder größerer sozialer Kompetenz des Täters oder der Täterin resultieren.

Soziale Kompetenz des Täters oder der Täterin? Ist das nicht ein Widerspruch? Müssten TäterInnen nicht über wenig soziale Kompetenz verfügen, da sie scheinbar zu drastischen Mitteln greifen müssen um ihren Willen durchzusetzen?
Nicht notwendigerweise, denn soziale Kompetenz wird von Wissenschaft­lern häufig als neutraler Begriff ohne moralische Wertung gesehen und umschreibt, wie sehr eine Person sozial be­fähigt ist, ihre Ziele zu erreichen. Dabei kann sie auch auf aggressive Verhaltensweisen zurückgreifen. In Studien wurde nun nachgewiesen, dass TäterInnen, die beziehungs­bezogene Gewalt anwenden, eine bessere Perspektivenübernahme haben als die Gruppe der Opfer oder der HelferInnen des Täters oder der Täterin. Das heißt, die TäterInnen sind durchaus in der Lage, Konsequenzen vorwegzunehmen und die Hinweisreize ihres Opfers zu interpretieren. Jedoch können oder wollen sie nicht die Gefühle des Anderen miterleben. Studien wiesen nämlich auch nach, dass beziehungs­bezogenes Bullying meistens dann auftritt, wenn die Schüler zwar sozial intelligent sind, aber keine Fähigkeit oder Bereitschaft zur Empathie zeigen. Dies gilt jedoch nur für beziehungs­bezogene Gewalt. Für die anderen zwei Formen, also verbales und körperlich gewalttätiges Bullying, konnte kein Zusammenhang mit sozialer Kompetenz festgestellt werden.

Bullying-TäterInnen scheint es also an sozialem Einfühlungs­vermögen zu mangeln. Programme wie das „fairplay.manual“ versuchen diese Er­kenntnis aus der Forschung zu berücksichtigen und sollen das Empathieempfinden der Schüler stärken. Dabei werden die gesamte Schule, Lehrer und Eltern miteinbezogen. Besonders SchülerInnen, die gut in der Klasse integriert und beliebt sind, sollen hier eine prosoziale Rolle übernehmen, denn diese SchülerInnen haben einen großen Einfluss auf die Gruppe. Außerdem laufen sie am wenigstens Gefahr, selbst Opfer von Bullying zu werden. 50 Prozent weniger Bullyingopfer gab es in den Schulen, die an dem Programm fairplay.manual teilnahmen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es erfolgreiche Strategien gegen Bullying gibt. Wenn sich alle Schulen dazu entschließen würden, solche Programme in den Schulalltag zu integrieren, wäre der Effekt wahrscheinlich noch positiver. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass Schule kein abgeschlossener Raum mehr ist, sondern sich Schüler untereinander im Internet über Foren wie SchülerVZ vernetzen können.

H. Scheithauer, T. Hayer & H. D. Bull (2007). Gewalt an Schulen am Beispiel von Bullying – Aktuelle Aspekte eines populären Themas. Zeitschrift für Sozialpsychologie 38 (3), 141–152.

© Forschung erleben 2008, alle Rechte vorbehalten

Zurück