„Dafür stehe ich mit meinem Namen.“ – per Hand oder per Mausklick, das ist hier die Frage

- Laila Nockur –

Elektronische Unter­schriften sorgen im Vergleich zu handschriftlichen Unter­schriften weniger für Ehrlichkeit.

Nur noch schnell unter­schreiben, dann ist es gültig. Mit der Unter­zeichnung eines Dokuments bestätigt man dessen Richtigkeit oder das Einverständnis mit dessen Inhalt. Die eigene Unter­schrift ist aber nicht nur rechtlich gesehen mit der eigenen Person verbunden, sondern entwickelt sich im Laufe des Lebens zu einem unverwechselbaren Kennzeichen unserer selbst. Nicht umsonst hat ein persönliches Autogramm des Lieblingsstars einen so hohen Wert. Allerdings ist die klassische Unter­schrift auf dem Rückzug – aus Effizienzgründen werden im Alltag immer öfter elektronische Unter­schriften verwendet. Während sie vor dem Gesetz der traditionellen Unter­schrift oft schon gleichgestellt sind, ist fraglich, ob sie auch psychologisch die gleiche Bedeutung erfüllen.

Die Forscherin Eileen Chou konnte bereits zeigen, dass Dokumente mit einer elektronischen im Vergleich zu einer handschriftlichen Unter­schrift als weniger glaubwürdig bewertet wurden. Chou vermutete, dass dieser Wahrnehmung ein Körnchen Wahrheit zu Grunde liegen könnte. In dem Maße, in dem elektronische Unter­schriften (im Gegensatz zu handschriftlichen Unter­zeichnungen) weniger mit der eigenen Person verbunden sind, sollten sie weniger Verbindlichkeit schaffen. Folglich könnten Menschen bei „bloßer“ elektronischer Unter­schrift zu weniger ehrlichen Angaben tendieren.

Eine Studien­serie sollte diese Annahmen prüfen. Die Forscherin gab den Studien­teilnehmenden einen Anreiz zur Unehrlichkeit (ähnlich wie im Alltag, z.B. bei Steuer­erklärungen, geschönte Angaben einen Vorteil bringen können): Beispielsweise sollten die Teilnehmenden selbst angeben, wie viele Matheaufgaben sie gelöst hatten, und bekamen für jede korrekte Lösung ein Los mit der Chance auf einen Geldgewinn. Unbemerkt wurde dabei auch die Anzahl der tatsächlich gelösten Aufgaben erfasst, wodurch der Anteil unehrlicher Angaben gemessen werden konnte. Bei allen Studien sollte ein Großteil der Teilnehmenden am Anfang bestätigen, dass sie die Aufgabe verstanden haben und wahre Informationen angeben würden – und zwar entweder per Handschrift oder elektronischer Unter­schrift (durch Eintippen des Namens am Computer, dem Eingeben einer PIN oder dem Anklicken einer Checkbox). Die anderen Teilnehmenden mussten keine solche Erklärung unter­schreiben.

Tatsächlich zeigte sich, dass eine klassische Unter­schrift per Hand – selbst wenn sie mit dem Maus-Cursor ausgeführt wurde – unehrliches Verhalten unter­band, während nach einer elektronischen Unter­schrift öfter falsche Angaben gemacht wurden (ähnlich zu der Gruppe, die keine Erklärung zur Richtigkeit der Angaben unter­schreiben musste). Zwei weitere Studien zeigten zudem, dass Teilnehmende sich tatsächlich stärker mit ihrer handschriftlichen Unter­schrift verbunden fühlten. Wurde diese Identifikation mit der Unter­schrift unter­bunden (wie bei elektronischen Varianten), neigten sie eher zu unehrlichem Verhalten.

Diesen Studien nach scheint eine elektronische Unter­schrift kein gleichwertiger Ersatz für die klassische Unter­schrift zu sein, da sie womöglich nicht die gewünschte Verbindlichkeit schafft. Die Vorstellung, dass ein einfacher Mausklick uns vor dem Gesetz vertreten soll, ist wohl gewöhnungs­bedürftig. Elektronische Unter­schriften, die eine stärkere Identifikation hervorrufen (wie das Unter­schreiben per Maus), mögen dem entgegenwirken.

Chou, E. Y. (2015). What’s in a name? The toll e-signatures take on individual honesty. Journal of Experimental Social Psychology, 61, 84–95. doi:10.1016/j.jesp.2015.07.010

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Janin Rössel*, Anna Bruk

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