Dating: Die Qual der Wahl

-Verena Weihberg-

Eine zu hohe Anzahl potenzieller Partner*innen auf Dating-Plattformen kann überlasten, die Angst vor dem Singledasein steigern und zu einem niedrigeren Selbstwertgefühl führen.

Dating-Apps sind heutzutage eine gängige Art der Suche nach Partner*innen. Ob Tinder, Bumble oder Lovoo – es gibt zahlreiche Plattformen, die mit einer hohen Anzahl potenzieller Matches werben. Auf Basis eigener Präferenzen wie beispielsweise dem Alter, Hobbys oder Beziehungs­zielen werden Personen vorgeschlagen, mit denen man dann nach Wunsch in Kontakt treten kann.  Je mehr Partner*innen man nun zur Auswahl hat, umso vorteilhafter sollte dies doch sein – oder?

Was auf den ersten Blick plausibel scheinen mag, hat sich in anderen Bereichen der Forschung zur Entscheidungs­findung als etwas komplizierter herausgestellt. In verschiedenen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass eine höhere Auswahl nicht immer besser ist, sondern sich im Gegenteil recht schnell negativ auf die Konsumierenden im Sinne einer Überforderung auswirken kann – das sogenannte Auswahlparadox.

Analog zu diesem Paradox stellte ein Team um Marina F. Thomas die Hypothese auf, dass eine höhere (im Vergleich zu einer niedrigeren) Auswahl an Partner*innen sich negativ auf die Dating-App-Nutzenden auswirken könnte. Zu viel Auswahl kann nicht nur überlasten, sondern auch zu weniger Zufriedenheit mit der eigenen Auswahl führen. Schließlich könnte es immer noch ein besseres Match geben. Die mögliche Überforderung und Un­zufriedenheit kann zudem die Angst vor dem Singledasein fördern. So könnten Singles daran zweifeln, ob sie in der Lage sind, eine richtige Entscheidung zu treffen. In der Folge könnte auch das eigene Selbstwertgefühl leiden.

Im Rahmen eines Experimentes mit Erwachsenen zwischen 18 und 38 Jahren variierte das Forschungs­team die Anzahl der verfügbaren Dating-App-Profile. Nach der Beantwortung einiger vorgeblicher Matching-Fragen, wurde den Teilnehmenden angezeigt, dass es 11, 31 oder 91 „passende“ Profile für sie gibt. Diese konnten die Teilnehmenden dann wie bei einer echten Dating-App bewerten. Sie dachten dabei, es ginge um die Attraktivität der Profile.

In Übereinstimmung mit dem Auswahlparadox berichteten die Teilnehmenden mit zunehmender Anzahl verfügbarer Profile ein stärkeres Gefühl von Überforderung durch die Anzahl möglicher Partner*innen. Entsprechend der Annahmen zeigte sich weiterhin ein geringeres Selbstwertgefühl und eine höhere Angst vor dem Singledasein, wenn sehr viele im Vergleich zu wenigen Profilen angeboten wurden.

Die Ergebnisse zeigen die potenziellen negativen Aus­wirkungen von Dating-Apps. Die Redewendung „Die Qual der Wahl haben“, trifft also auch in diesem Falle zu.

Offen bleibt jedoch, wie sich eine höhere Anzahl potenzieller Partner*innen auf die Menge und Qualität der letztlich zustande kommenden Dates auswirken würde. Entsprechend des Auswahlparadoxes lässt sich auch hier vermuten, dass bei einer höheren Auswahl die tatsächlichen Dates ebenfalls negativer wahrgenommen werden könnten, da das Wissen über die Vorteile anderer potenzieller Partner*innen die Zufriedenheit mit der gewählten Person reduziert.

Fazit: Dating-Apps sind mit ihrer Möglichkeit, schnell und bequem neue Menschen kennenzulernen, wohl nicht ohne Grund eine gängige Art der Partner*innen-Suche. Jedoch bleibt es im Hinterkopf zu behalten, dass die hohe Auswahl an potenziellen Partner*innen in Dating-Apps auch Nachteile haben kann.

Thomas, M. F., Binder, A., Matthes, J. (2022). The agony of partner choice: The effect of excessive partner availability on fear of being single, self-esteem, and partner choice overload. Computers in Human Behavior, 126, Article 106977. https://doi.org/10.1016/j.chb.2021.106977

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Janin Rössel¹, Tobias Ebert

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