Den richtigen Riecher haben?

- Bianca von Wurzbach –

Wie wahrscheinlich wir eine Person als Führungs­kraft einstellen würden, kann auch davon beeinflusst sein, ob diese Person ein typisch männliches oder ein typisch weibliches Parfüm trägt.

Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Sie arbeiten in der Personalabteilung eines Großunternehmens und suchen aktuell eine Führungs­kraft für das mittlere Management. Was sind Ihrer Meinung nach die Kriterien, die bei Ihrer Entscheidung ins Gewicht fallen? Fach­liche Kompetenz, bisherige berufliche Laufbahn und sicheres Auftreten? Hinsichtlich der Bedeutung dieser Faktoren werden Sie vermutlich zustimmen. Doch wie sieht es aus mit physikalischen Aspekten, die mit dem Geschlecht assoziiert werden, wie Gesichtsmerkmale, Stimme oder auch Geruch? Erwarten Sie hier ebenfalls einen Einfluss auf Ihre Wahl?

Untersuchungen der Geschlechterforschung zeigen konsistent, dass Männer in von Männern dominierten Berufs­bereichen wie Management und Unternehmens­führung unabhängig von der tatsächlich gezeigten Leistung als kompetenter und führungs­geeigneter eingeschätzt werden als Frauen. Zur Aktivierung dieses Geschlechtsstereotyps genügt häufig die Betonung des Geschlechts der betreffenden Person. Aber auch körperliche Merkmale wie Gesichtszüge, Stimme und Geruch können Geschlechtsstereotype auslösen. Doch bedeutet dies, dass beispielsweise von dem Geruch, der einer Person anhaftet, auf deren Führungs­kompetenz geschlossen wird?

Mit dieser Frage beschäftigten sich Sabine Sczesny und Dagmar Stahlberg von der Universität Mannheim. Sie untersuchten den Einfluss von typisch männlichem, herbem Parfüm bzw. typisch weiblichem, blumigem Parfüm auf die Personenwahrnehmung in Bewerbungs­situationen. In einem Experiment sollten sich Studierende in die Rolle von PersonalmanagerInnen hineinversetzen und Bewerbungs­gespräche für die Besetzung einer leitenden Position in einem Unternehmen führen. Dazu mussten die Teilnehmenden einer angeblich anderen Versuchsperson, die sich in der Rolle des/der sich Bewerbenden befand, einige vorgegebene Fragen stellen. Der/die sich Bewerbende – in der Hälfte der Fälle handelte es sich um einen Mann, in der anderen Hälfte um eine Frau – gehörte in Wirklichkeit jedoch zum Forschungs­team und gab allen Teilnehmenden jeweils identische Antworten. Variiert wurde, ob der/die sich Bewerbende ein typisch weiblich oder ein typisch männlich duftendes Parfüm trug. Die Studien­teilnehmenden sollten nach dem Gespräch einschätzen, wie wahrscheinlich sie die andere Person einstellen würden.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Geschlecht der sich bewerbenden Person überraschenderweise keinen Einfluss auf die Wahl hatte. Durchaus einen Unterschied machte es jedoch, welches Parfüm die Personen verwendeten: Diejenigen, die das typisch männliche Parfüm trugen, wären mit größerer Wahrscheinlichkeit von den Versuchsteilnehmenden eingestellt worden als diejenigen, denen das typisch weibliche Parfüm anhaftete. Dieser Effekt zeigte sich, obwohl die Teilnehmenden nach eigenen Angaben das Parfüm nicht wahrgenommen hatten. Insgesamt deuten die Befunde darauf hin, dass geschlechtstypisches Parfüm die Entscheidung bei der Personalauswahl beeinflussen kann.

Wenn Sie also einmal die Führungs­kompetenz einer Person beurteilen sollen, dann versuchen Sie, sich weder von deren  Parfüm noch von anderen mit dem Geschlecht assoziierten Merkmalen an der Nase herumführen zu lassen.

Sczesny, S., & Stahlberg, D. (2002). The influence of genderstereotyped perfumes on leadership attribution. European Journal of Social Psychology, 32, 815–828.

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