Der Geldbeutel isst mit

- Breda Rakus –

Menschen sind spendabler, wenn sie satt sind.

Ob beim schicken Italiener, an der Würstchenbude, im Super­markt oder beim Bio-Bauern: für unser Essen müssen wir bezahlen. Die Bereiche Geld und Nahrung sind also miteinander verkoppelt. Neben dieser offensichtlichen, alltäglichen Verbindung, die zwischen Geld und Nahrung besteht, gibt es auch interessante Zusammenhänge auf neuronaler Ebene: So fanden Forscher heraus, dass sowohl die Erwartung Geld zu bekommen als auch die Erwartung und der Verzehr von Süßigkeiten die Gehirnaktivität in einem bestimmten Gehirnareal erhöhen. Geld und Nahrung haben demnach einen Einfluss auf denselben Gehirn­bereich.
Die Verbindung von Nahrung und Geld lässt sich sogar in der Partnerwahl beobachten: Männer, die arm bzw. hungrig sind, bevorzugen fülligere Frauen als Männer, die satt bzw. reich sind. Ob ein Mann eine schlanke oder eine korpulentere Frau attraktiv findet, hängt also auch von seiner Sättigung und seiner Finanz­lage ab.
Diese Beobachtungen führten die Forscher Briers, Pandelaere, Dewitte und Warlop zu der Annahme, dass die Knappheit eines Bereiches (Nahrung bzw. Geld) dazu führt, dass im anderen Bereich gespart bzw. gehortet wird. Wer hungrig ist, müsste demnach zum Geizhals werden und wer sich mehr Geld wünscht, sollte einen besonders ausgeprägten Appetit haben. Um dies zu überprüfen führten die Forscher mehrere Studien durch.

In einer Studie mussten die Teilnehmer hungrig zum Experiment erscheinen. Sie sollten zum Einen an einer Befragung zu ihrem Spenden-Verhalten teilnehmen und zum Andren einen Geschmackstest durchführen, bei dem sie einen Kuchen aßen und bewerteten. Nach dem Experiment hatten die Teilnehmer dann die Möglichkeit, Geld an Hilfs­organisationen zu spenden.
Die Forscher vermuteten, dass satte Teilnehmer mehr spenden würden als hungrige. Und tatsächlich: Teilnehmer, die durch den Verzehr des Kuchens bereits satt waren, spendeten mehr Geld als Teilnehmer, die den Kuchen erst später aßen und beim spenden noch hungrig waren.
Satte Menschen sind demnach spendabler. Wenn man sich also Geld borgen, etwas spendiert bekommen oder zu einer Spendenaktion aufrufen möchte, sollte man dafür sorgen, dass der potenzielle Geldgeber einen vollen Magen hat! Vielleicht finden wichtige Verhandlungen deshalb häufig bei „Geschäftsessen“ statt?

In einer anderen Studie wurde untersucht, ob der Wunsch nach Geld die Nahrungs­aufnahme beeinflusst. Um den Wunsch nach Geld zu variieren, wurde die eine Hälfte der Teilnehmer gebeten sich vorzustellen, sie hätten in einer Lotterie 25 000 Euro gewonnen, und aufzuschreiben, was sie sich von diesem Geld kaufen würden. Die andere Hälfte der Teilnehmer wurde gebeten, sich einen Gewinn von lediglich 25 Euro vorzustellen.
Danach nahmen die Teilnehmer an einem Geschmackstest teil, in dem sie die klassischen M&Ms mit einer anderen Sorte verglichen. Sie durften dabei so viel M&Ms essen, wie sie wollten. Wie vermutet aßen die Teilnehmer, die sich zuvor vorgestellt hatten 25 000 Euro zu gewinnen, mehr M&Ms als die Teilnehmer, die lediglich von einem 25 Euro-Gewinn träumten. Wer Geld im Kopf hat, will also nicht nur einen vollen Geldbeutel, sondern auch einen vollen Magen.

Die Befunde der Studien sprechen dafür, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Wert, den wir Geld beimessen, und dem Wert, den wir Nahrung beimessen.
Unser Sättigungs­gefühl hat einen Einfluss auf unseren Umgang mit Geld – wenn wir satt sind, sind wir eher bereit, etwas Geld zu entbehren.
Und umgekehrt hat das liebe Geld auch einen Einfluss auf unser Ess­verhalten – wenn wir gierig nach Geld sind, sind wir auch gierig nach Essen.
Der Geldbeutel isst mit und Satte ziehen lieber die Spendierhosen an.

Briers et al. (2006). Hungry for Money: The Desire for Caloric Resources Increases the Desire for Financial Resources and Vice Versa. Psychological Science, 17 (11), 939–943.

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