Der Tod raucht mit

- Johanna Fischer –

Warnhinweise auf Zigarettenschachteln können unter bestimmten Umständen sogar positive Einstellungen zum Rauchen fördern.

Rauchen kann tödlich sein – das ist weitläufig bekannt. In der Tat sterben jährlich Millionen Menschen weltweit an den Folgen ihres Tabakkonsums. Trotzdem scheinen diese Fakten viele Raucher nicht von ihrer Zigarette abzuhalten. Die Einführung des Nichtraucherschutz­gesetzes, zahlreiche Präventions­kampagnen und das Anheben der Tabaksteuer haben das Ziel, den Konsum von Nikotin und die damit verbundenen gesundheits­ökonomischen Folgen zu reduzieren. Eine weitere Strategie im Kampf gegen den blauen Dunst sind Warnhinweise wie beispielsweise „Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs“, die seit sieben Jahren auf Zigarettenschachteln zu finden sind. Doch wie wirksam sind solche Hinweise? Ein Forschungs­team um Jochim Hansen ging der Frage nach, unter welchen Bedingungen die Einstellung zum Rauchen durch Warnhinweise verändert wird.

Hansen und sein Team unterschieden in ihrer Studie zwei Arten von Warnhinweisen: auf tödliche Folgen bezogene Hinweise („Raucher sterben früher“) und lediglich bedrohliche Hinweise („Rauchen macht unattraktiv“). Die Studien­teilnehmenden waren alle Raucher und wurden zufällig zwei Bedingungen zugewiesen: Sie bekamen entweder Zigarettenschachteln mit sterblichkeits­bezogenen oder mit anderen bedrohlichen Hinweisen gezeigt. Danach wurde die Einstellung zum Rauchen über einen Fragebogen erfasst.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Wirkung von Warnhinweisen von zwei Faktoren abhängig ist: zum einen von der Art der Botschaft und zum anderen vom auf das Rauchen bezogenen Selbstwertgefühl, das heißt vom Ausmaß, in dem das Rauchen eine Quelle des Selbstwertgefühls darstellt.

Bei Personen mit einem niedrigen „rauchbezogenen“ Selbstwertgefühl zeigt sich ein intuitives Ergebnis: Sterblichkeits­bezogene Warnhinweise verursachen negativere Einstellungen zum Rauchen als andere bedrohliche Hinweise.

Bei Personen mit einem hohen rauchbezogenen Selbstwertgefühl ist es umgekehrt: Andere bedrohliche Hinweise führen zu einer negativeren Einstellung zum Rauchen als sterblichkeits­bezogene Warnhinweise.

Ein ironischer Effekt: Das Drohen mit dem Tod kann möglicherweise das „tödliche“ Rauchen verstärken. Wie kann das erklärt werden? – Die Bedrohung durch das Bewusstsein des eigenen Sterbens führt zu Stress, der durch das Aufrechterhalten eines positiven Selbstwertgefühls gemindert werden kann. Das heißt, die Angst vor dem Tod lässt Personen, die ihr Selbstwertgefühl stark über das Rauchen beziehen, noch mehr rauchen.

Wenn Warnhinweise jedoch nicht sterblichkeits­bezogen sind und Rauchen eine Quelle des Selbstwertgefühls darstellt, werden Einstellungen zum Rauchen negativer. Hansen und sein Team erklären diesen Effekt  damit, dass viele Personen, vor allem Jugendliche, rauchen um ihr Selbstbild zu verbessern. Warnhinweise wie „Rauchen macht unattraktiv“ bedrohen deshalb das Selbstwertgefühl dieser Personen in besonderem Maße. Um ihr Selbstwertgefühl aufrechtzuerhalten lehnen sie das Rauchen stärker ab.

Die gut gemeinten sterblichkeits­bezogenen Warnhinweise haben also nicht immer die beabsichtigte, abschreckende Wirkung. Bei der Gestaltung von Präventions­maßnahmen sollte deshalb auch das rauchbezogene Selbstwertgefühl mitberücksichtigt werden.

Hansen, J., Winzeler, S. & Topolinski, S. (2010). When the death makes you smoke: A terror management perspective on the effectiveness of cigarette on-pack warnings. Journal of Experimental Social Psychology, 46, 226–228.

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