Der Ton macht die Musik – und die Motivation!

- Yalcin Abay –

Ein kontrollierend klingender Tonfall kann Widerstand statt Motivation hervorrufen.

Um andere Menschen zu motivieren, kann man eine Botschaft auf ganz unterschiedliche Art und Weise kommunizieren. Aussagen wie „Du musst das schaffen!“ können eher nach Druck und kontrollierend klingen als eine Botschaft wie „Du kannst das schaffen!“. Das Ziel zu motivieren kann dann schnell ins Gegenteil umschlagen, beispielsweise indem das „Müssen“ inneren Widerstand und Trotz auslöst. Dass Worte mächtig sein können, ist nicht neu. Aber denken wir auch daran, wie wir klingen? Vermag vielleicht sogar allein unser Tonfall, verschiedene Reaktionen auszulösen? Der Satz „Deine Noten werden sich verbessern“ könnte demnach Druck vermitteln, wenn man einen harten, bestimmten Ton anschlägt. Wenn man ihn hingegen sanfter ausspricht, könnte er eher unterstützend wirken und mehr Anklang bei den Adressierten finden.

Genau diese Idee – dass sich unterschiedliche Tonfälle auf die Empfänger*innen der Botschaft und ihre Motivation auswirken – untersuchte ein Forschungs­team um Netta Weinstein, Maarten Vansteenkiste und Silke Paulmann. Frühere Forschung zeigte bereits, dass unterstützende, Autonomie-fördernde Motivierungs­stile effektiver sind als kontrollierende. Die Forschenden stellten nun die Annahme auf, dass allein ein kontrollierender (verglichen mit einem unterstützenden) Tonfall eher Widerstand auslöst statt zu motivieren.

In den Studien wurde Teilnehmenden eine Reihe an Sätzen vorgespielt, wie unser Beispiel vom Anfang „Deine Noten werden sich verbessern“. Dabei sollten sie sich in die Rolle von Schüler*innen hineinversetzen und vorstellen, dass die Sätze direkt an sie gerichtet seien. Einer Hälfte der Teilnehmenden wurden Sätze präsentiert, die von geschulten Sprecher*innen mit kontrollierendem Tonfall eingesprochen waren. Die andere Hälfte hörte dieselben Sätze von denselben Sprecher*innen, jedoch in einem unterstützenden Tonfall. Danach gaben alle Teilnehmenden an, inwiefern sie die sprechenden Personen als eher unterstützend oder Druck-ausübend wahrgenommen hatten. Weiterhin wurde erfragt, ob sie inneren Widerstand empfanden, inwiefern die Sprechenden sie wütend machten und sie sich nicht beeinflussen lassen wollten.

Tatsächlich lösten die kontrollierend gesprochenen Sätze in den Teilnehmenden insgesamt mehr Widerstand aus als die unterstützend gesprochenen Sätze. Zudem wurden die Sprecher*innen eher als drängend wahrgenommen, was wiederum mit der „Trotzreaktion“ der Teilnehmenden zusammenhing.

Aber wie spielen Wortwahl und Tonfall zusammen? Dies sollte eine Studie klären, in der Teilnehmende entweder kontrollierende Sätze (z.B. „Es ist notwendig, dass du das machst.“) oder unterstützende Sätze, welche Bedürfnisse und Eigenständigkeit adressierten (z.B. „Triff die Entscheidung, die für dich richtig ist.“), hörten. Die Sätze waren wieder von geschulten Sprecher*innen eingesprochen worden – entweder in einem kontrollierenden oder unterstützendem Tonfall. Die Ergebnisse belegen, dass sowohl die Wortwahl als auch der Tonfall eine wichtige Rolle spielen. Waren kontrollierende Sätze mit einem kontrollierenden Tonfall gepaart, zeigte sich der stärkste empfundene Widerstand bei den Teilnehmenden. Bei der Kombination aus unterstützenden Sätzen und Tonfall fiel dieser hingegen am geringsten aus und die Sprechenden wurden auch als unterstützend sowie verständnisvoll wahrgenommen.

Laut den Studien­befunden kann nicht nur die Wortwahl, sondern auch der Tonfall entscheidend sein, um Eigenständigkeit zu unterstützen statt Druck und somit eventuell Widerstand zu erzeugen. Der Ton kann also nicht nur die Musik, sondern auch die Motivation machen.

 

Weinstein, N., Vansteenkiste, M., & Paulmann, S. (2020). Don't you say it that way! Experimental evidence that controlling voices elicit defiance. Journal of Experimental Social Psychology, 88, Article 103949. https://doi.org/10.1016/j.jesp.2019.103949

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Janin Rössel¹, Lucia Boileau

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