Die Macht der Marke – gleicher Wirkstoff aber unterschiedliche Wirkung?
Kopfschmerzen sind für viele Menschen eine Last im Alltag. Häufig werden sie deshalb mit Schmerzmitteln bekämpft. Ein Wirkstoff, der hier oftmals zum Einsatz kommt, ist Ibuprofen. Diese Arznei wird zum Beispiel unter dem Markennamen „Nurofen“, aber auch als sogenanntes Generikum vertrieben. Ein Generikum ist ein Nachahmungspräparat, welches den gleichen Wirkstoff wie ein bereits entwickeltes, nicht mehr patent-geschütztes Medikament beinhaltet. Gleichzeitig kann es jedoch zu einem Bruchteil des Preises angeboten werden, da die Kosten für die Erforschung des Wirkstoffs entfallen.
Obwohl also in Markenpräparaten und in den dazugehörigen Generika die identischen Inhaltsstoffe vorliegen, konnte bisherige Forschung zeigen, dass Personen oftmals erwarten, dass Generika weniger wirksam sind. Diese Erwartung kann bei der Einnahme der Nachahmungspräparate wiederum zu einer Verringerung von Placebo-Effekten führen. Das bedeutet, dass diejenigen positiven Effekten der Medikamenteneinnahme geringer ausfallen, welche nicht auf den Wirkstoff zurückführbar sind, sondern auf psychologische Begleiterscheinungen wie eine Stressreduktion. Aufgrund dieser Befunde vermutete nun ein Forschungsteam um Kate Faasse, dass sowohl tatsächliche Medikamente wie auch Präparate, die nur scheinbar einen medizinischen Wirkstoff enthalten, effektiver sind, wenn sie als Markenprodukt anstatt als Generikum angeboten werden.
Um dies zu überprüfen, führten die Forschenden eine Studie durch, in der angeblich die Effektivität verschiedener Ibuprofen-Präparate getestet wurde. Hierbei erhielten Studierende jeweils vier Medikamente, bei denen zum einen die von außen ersichtliche Benennung (Nurofen vs. Generikum) und zum anderen die tatsächlichen Inhaltsstoffe (Ibuprofen vs. keine Arznei) variierten. Die Studierenden wurden nun gebeten, bei ihren kommenden vier Kopfschmerzattacken jeweils eins der vier Medikamente einzunehmen. Die Reihenfolge, in der sie die vier Präparate einnehmen sollten, wurde zufällig bestimmt. Direkt vor und eine Stunde nach der Einnahme sollten die Teilnehmenden zudem einen Fragebogen ausfüllen, in welchem die Schmerzintensität abgefragt wurde. Hierdurch konnte die Änderung des Schmerzes aufgrund der Medikamenteneinnahme ermittelt werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Präparate, die als Markenmedikament ausgewiesen waren, die Kopfschmerzen der Teilnehmenden vergleichbar stark reduzierten – unabhängig davon, ob Ibuprofen enthalten war oder nicht. Zudem war die Effektivität des Markenmedikaments ohne Wirkstoff größer als die des Generikums ohne Wirkstoff. Entgegen der Hypothese reduzierte das Generikum, welches Ibuprofen enthielt, die Schmerzen jedoch in gleichem Maße wie das entsprechende Markenprodukt.
Den Befunden zufolge lassen sich Schmerzen also einerseits durch den tatsächlichen Wirkstoff, andererseits aber auch ausschließlich durch den Placebo-Effekt des Markennamens bekämpfen. Bei echten Markenmedikamenten sollten sich diese beiden Effekte demnach addieren. Solange der Placebo-Effekt der echten Markenarznei substantiell ist (was in der vorliegenden Studie bei „Nurofen“ mit Wirkstoff scheinbar nicht der Fall war), dürfte deren Wirksamkeit gegenüber entsprechenden Generika also erhöht sein. Auch dies würde für die Verwendung von Markenprodukten sprechen. Um diese Aspekte abschließend zu klären, bedarf es jedoch weiterer Forschung.
Faasse, K., Martin, L. R., Grey, A., Gamble, G., & Petrie, K. J. (2016). Impact of brand or generic labeling on medication effectiveness and side effects. Health Psychology, 35(2), 187. doi: 10.1037/hea0000282
Redaktion und AnsprechpartnerIn*: Bianca von Wurzbach*, Sebastian Butz
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