Die rosa-rote Brille und der Realismus

- Eliane Tröndle –

In romantischen Beziehungen schätzen Menschen ihre PartnerInnen als besonders attraktiv ein, wissen aber auch, dass andere die Attraktivität ihrer Liebsten weniger rosig sehen.

Wer kennt nicht die rosa-rote Brille, durch die der oder die Liebste in den leuchtendsten Farben erscheint? Nicht selten werden PartnerInnen dabei positiver als von außen­stehenden Personen wahrgenommen. Gleichzeitig möchte man die „zweite Hälfte“ in einer Beziehung aber auch besser kennen als andere. Wie ist das vereinbar?

Sowohl die übersteigert positive Sicht der Partnerin oder des Partners als auch das „bessere Kennen“ durch die Intimität in einer Beziehung wurden in bisheriger Forschung belegt und beides wird als wichtig anerkannt: Auf der einen Seite bewirkt eine positive Sichtweise, dass man sich in einer Beziehung wohl fühlt und motiviert ist, sie aufrecht zu halten. Auf der anderen Seite profitieren Intimität und Zufriedenheit, wenn man sich gegenseitig verstanden fühlt und in den Sichtweisen übereinstimmt – dafür bedarf es einer realistischen Einschätzung der oder des jeweils anderen. Beide Sichtweisen, „positiv“ sowie „realistisch“, können manchmal übereinstimmen. Andernfalls können PartnerInnen allgemein ein positives Bild voneinander hegen, aber bei spezifischen Aspekten auch um Makel des oder der Liebsten wissen. 

Die Forscherinnen Brittany Solomon und Simine Vazire interessierten sich aber dafür, ob und wie Menschen die „positive“ und die „realistische“ Sicht hinsichtlich einer Dimension vereinbaren – der (körperlichen) Attraktivität. Zum einen wollten sie klären, ob PartnerInnen ihre Liebsten attraktiver finden, als diese sich selbst einschätzen oder von FreundInnen eingeschätzt werden. Zum anderen sollte die Frage beantwortet werden, ob PartnerInnen wissen, wie ihre „zweite Hälfte“ von anderen betrachtet wird und ob sie die Selbstsicht ihrer Liebsten besser einschätzen können als dies beispielsweise Personen aus dem Freundeskreis tun. 

In ihrer Studie erfasste das Forschungs­team wie sich knapp 200 Personen hinsichtlich ihrer eigenen Attraktivität einschätzen. Zudem befragten Sie von diesen Personen jeweils  den Partner oder die Partnerin sowie Leute aus dem Freundeskreis. Die Ergebnisse zeigen, dass PartnerInnen in der Tat die positivste Einstellung zum Äußeren der oder des Liebsten hatten verglichen mit deren Selbsteinschätzung sowie der Einschätzung durch FreundInnen.  Ging es nun aber darum, die Selbsteinschätzung der Personen vorherzusagen, schienen PartnerInnen ihre „zweite Hälfte“ etwas besser einschätzen zu können als dies bei FreundInnen der Fall war. Des Weiteren wussten PartnerInnen trotz ihrer eigenen positiven Sicht recht gut wie andere Personen ihren Liebsten oder ihre Liebste bewerten. 

Schönheit liegt also, wie das Sprichwort schon sagt, im Auge der Betrachtenden. PartnerInnen können ihre Liebsten besonders gut kennen, aber gleichzeitig auch eine besonders positive Sicht auf sie haben. Wenn einem der Partner oder die Partnerin sagt, dass man für sie doch am schönsten ist, kann dem also ruhig Glauben geschenkt werden. 

Solomon, B. C., Vazire, S. (2014). You are so beautiful ... to me: Seeing beyond biases and achieving accuracy in romantic relations­hips. Journal of Personality and Social Psychology, 107, 516–528.

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Janin Rössel*, Svenja Seeger

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