Die (zwischenmenschlichen) Kosten finanz­ieller Anreize

- Konni Krappen –

Finanz­ielle Anreize beeinträchtigen das soziale Einfühlungs­vermögen.

Sobald Dagobert Duck Geld sieht, erscheinen Dollarzeichen in den Augen der Zeichentrick-Ente. Nichts und niemand zählt mehr, bis sie im Geld baden kann. Hier lächelt man vielleicht, aber Pendants in der Realität erscheinen verheerend – man denke an das rücksichtslose Zocken mancher Banker oder auch an Personen, die getrieben durch finanz­ielle Anreize für ihre Arbeit nicht erkennen, wie es ihren Mitmenschen geht.

Aufgrund solcher Beobachtungen beschäftigten sich die Forschenden Christine Ma-Kellams und Jim Blascovich mit der Frage, ob die Aussicht auf einen finanz­iellen Gewinn unser Einfühlungs­vermögen verschlechtert. Bisherige Forschung hat bereits belegt, dass Menschen selbst beim Gedanken an Geld verstärkt allein sein wollen und weniger hilfsbereit sind. Schließlich signalisiert Geld, dass man gut selbst zurechtkommt und weniger auf andere angewiesen ist. Ma-Kellams und Blascovich nahmen nun an, dass Menschen sich angesichts finanz­ieller Anreize verstärkt auf sich selbst konzentrieren und weniger an ihre sozialen Beziehungen denken. Folglich sollten sich Personen mit „Dollarzeichen in den Augen“ schlechter in andere Menschen hineinversetzen können – laut dem Forschungs­team sogar dann, wenn finanz­ielle Anreize ein gutes Einfühlungs­vermögen belohnen würden.

Um dies zu untersuchen, ließen sie Studierende Videos ansehen, in denen Menschen von einem emotionalen Ereignis berichteten. Im Anschluss bewerteten die Teilnehmenden das Befinden der gezeigten Personen hinsichtlich verschiedener Emotionen. Diese Einschätzungen konnten mit den tatsächlich berichteten Empfindungen der gefilmten Personen verglichen werden. Wichtig ist, dass einige Teilnehmende im Vorfeld der Studie erfahren hatten, dass sie für eine sehr akkurate Einschätzung $ 40 erhalten würden, während den anderen kein Anreiz geboten wurde. 

Wie vermutet, waren Teilnehmende, die einen finanz­iellen Anreiz hatten, schlechter darin, die Emotionen der gefilmten Personen einzuschätzen, als jene ohne einen Anreiz. Dieser Effekt konnte tatsächlich teilweise darauf zurückgeführt werden, dass sich die Teilnehmenden angesichts finanz­ieller Anreize weniger in Bezug zu anderen Personen sahen. Jetzt könnte man mutmaßen, dass einfach die Erwähnung eines Anreizes eine Ablenkung darstellte – ob finanz­iell oder in Form einer anderen Belohnung wäre in diesem Fall egal. In einer weiteren Studie konnten die Forschenden aber zeigen, dass sich niedrigeres Einfühlungs­vermögen nur bei den Teilnehmenden zeigte, denen ein monetärer Anreiz für das richtige Erkennen der Emotionen geboten wurde. Erhielten die Teilnehmenden für die gleiche Aufgabe Punkte, um am Ende einen Preis zu gewinnen, wurde das Einfühlungs­vermögen hingegen nicht beeinträchtigt.

Diese Ergebnisse erweitern frühere Forschung zu den negativen sozialen Folgen von Geld. Ironischer Weise konnten sich die Teilnehmenden angesichts eines finanz­iellen Anreizes schlechter in andere hineinfühlen, obwohl der Anreiz sie eigentlich für ein gutes Einfühlungs­vermögen belohnt hätte. Diese Einsicht mag eine weitere Erklärung dafür liefern, warum finanz­ielle Anreize nicht unbedingt leistungs­steigernd wirken (s. Hergert 2013) – was manch einen zum Nachdenken bringen sollte.

Ma-Kellams, C., & Blascovich, J. (2013). The ironic effect of financial incentive on empathic accuracy. Journal of Experimental Social Psychology, 49, 65–71. 

Hergert, S. (Juli, 2013). Geld ist manchmal ein schlechter Anreiz. Handels­blatt, 132, 052. – siehe auch: www.handels­blatt-hochschul­initiative.de/index.php/karriere-weiterbildung/2729-geld-ist-manchmal-ein-schlechter-anreiz.html ;

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