„Ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber …“

- Rainer Greifeneder –

Mit vorbeugenden „Disclaimern“ lässt sich kein Blumentopf gewinnen.

Tatort Super­markt-Kasse: Wie immer stehen Sie in der falschen Schlange (wie übrigens die meisten Menschen) und üben sich in Gelassenheit. Diese wird jedoch erheblich strapaziert, wenn sich plötzlich ein anderer Kunde mit einem knappen „Ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber wären Sie so nett und würden mich vorlassen?“ vordrängelt. Sie ärgern sich und halten den Kunden für ziemlich unhöflich! Aber warum? Schließlich hat er doch gesagt, dass er gerade das nicht sein möchte.

Mit dem vorbeugenden „Ich möchte ja nicht unhöflich sein…“ beabsichtigt der drängelnde Kunde, die Wirkung seines eigenen Verhaltens auf Sie positiv zu beeinflussen. Doch gelingt ihm das? Die Forscher­gruppe um Amani El-Alayli hat herausgefunden, dass eher das Gegenteil der Fall ist und der Kunde als noch unhöflicher wahrgenommen wird. Denn mit Halbsätzen (so genannten Disclaimern) wie „Ich will ja nicht unhöflich sein…“ oder „Ich möchte nicht arrogant erscheinen…“ wird eine Erwartung geweckt. Wir werden hellhörig für all das, was den zu vermeidenden Eindruck bestätigen könnte. Der Halbsatz „Ich bin nicht faul, aber …“ führt also beispielsweise dazu, dass wir gerade auf all das achten, was den Eindruck von Faulheit vermitteln könnte. Wenn sich jemand dann tatsächlich faul verhält, sticht dies besonders ins Auge.

Doch auch uneindeutige Verhaltensweisen interpretieren wir dann eher als Faulheit. Zum Beispiel können nicht erledigte Hausaufgaben ein Zeichen von Faulheit, Vergessen oder Krankheit sein. Die durch den Halbsatz aufgebaute Erwartung legt jedoch Faulheit als Erklärung besonders nahe, so dass der Disclaimer die Wahrscheinlichkeit erhöht (und nicht vermindert!), dass wir die nicht erledigten Hausaufgaben als Faulheit wahrnehmen.

Disclaimer bewirken also genau das Gegenteil dessen, was sie erreichen sollen.

El-Alayli, A., Myers, C.J., Petersen, T.L., Lystad, A.L. (2008). I don't mean to sound arrogant, but ... The effects of using disclaimers on person perception. Personality and Social Psychology Bulletin, 34(1), 130–143.

Dieser Artikel ist in Psychologie heute erschienen (Mai 2008). www.psychologie-heute.de

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