Du hast mich gerade überzeugt, weil du mich letzte Woche noch für das Gegenteil gewinnen wolltest!

- Tobias Wolf –

Die eigene Meinung zu wechseln kann mehr überzeugen als konsistent eine Ansicht zu vertreten, wenn die neue Botschaft starke Argumente beinhaltet und man als vertrauenswürdig wahrgenommen wird.

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie möchten einen Flatscreen kaufen und lassen sich in einem Fach­geschäft beraten. Die verkaufende Person empfiehlt Ihnen ein bestimmtes Gerät. In der Woche darauf besuchen Sie nochmals den Laden. Nun erzählt Ihnen die Person genau das Gegenteil und rät zu einem anderen Produkt. Könnte Sie Ihr Gegenüber für den neu angepriesenen Flatscreen gewinnen? Sowohl nach gängiger Meinung als auch bisheriger Forschung wirken Menschen, die ihre Meinung bezüglich einer Thematik ändern, weniger überzeugend als solche, die konsistent eine Ansicht vertreten. Aber ist dies tatsächlich immer der Fall oder kann es manchmal sogar überzeugender sein, sich selbst zu widersprechen?

Dieser Frage ging eine Forscher­gruppe um Taly Reich nach. Ihre Annahme war, dass widersprüchliche Aussagen einer Person überraschen. Dies sollte dazu führen, dass darüber nachgedacht wird, warum die Person ihre Meinung geändert haben könnte. Beispielsweise könnte sie neue, wichtige Informationen gesammelt haben. Nach einer solchen Überlegung sollte die zweite Botschaft verstärkt überzeugen. Andererseits könnte das Gegenüber aber auch einfach ein „Fähnchen im Wind“ sein, was zu einer weniger positiven bis ablehnenden Haltung gegenüber der Botschaft führen könnte. Die Annahme beinhaltete weiter, dass sowohl die Qualität der Argumente als auch die Vertrauenswürdigkeit der Person beeinflusst, zu welcher der beiden Überlegungen der oder die Zuhörende kommt.

Um diese Annahmen zu überprüfen sollten sich Teilnehmende einer Studie vorstellen, dass sie von einer nahestehenden Person über ein neues Programm an der Universität aufgeklärt würden, das Studierende zur Übernahme bestimmter universitärer Aufgaben verpflichtet. Bei einem Teil der ProbandInnen befürwortete die Person das Programm, bei dem anderen Teil war sie GegnerIn desselben. In dem Szenario befürwortete Tage später dieselbe Person nun bei allen Teilnehmenden das Projekt und untermauerte diesen Standpunkt mit starken Argumenten (wie Erhöhung der Job­chancen) oder schwachen Argumenten (wie Verringerung des schlechten Benehmens auf dem Universitäts­gelände). Am Ende der Studie sollten die ProbandInnen ihre Einstellung gegenüber dem neuen Programm abgeben.

Gemäß der Hypothesen befürworteten die Teilnehmenden bei inkonsistenter Meinung der anderen Person das Programm stärker als bei konsistenter, wenn die neuen Argumente stark waren. Waren diese jedoch schwach, blieb die Zustimmung im Vergleich zur konsistenten Bedingung unverändert. In weiteren Experimenten konnte aufgezeigt werden, dass inkonsistente Informationen darüber hinaus nur dann überzeugen, wenn die Quelle als vertrauenswürdig angesehen wird.

Die Studien legen dar, dass die Meinung zu wechseln überzeugender sein kann als konsistent eine Ansicht zu vertreten. Dies ist allerdings meist nur dann der Fall, wenn gute Argumente angeführt werden und der Quelle der Botschaft Vertrauen geschenkt wird. Sie würden sich in der Verkaufssituation also vermutlich nur dann von ihrem Gegenüber und dem zweiten Flatscreen überzeugen lassen, wenn die Person ihren Meinungs­wechsel stichhaltig begründen könnte und von Ihnen als vertrauenswürdig eingestuft würde.

Reich,T., & Tormala, Z. L. (2013). When contradictions foster persuasion: An attributional perspective. Journal of Experimental Social Psychology, 49, 426–439. 

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