„Du schaffst das!“: Erfolgreiche Selbstgespräche

- Nora Frey –

Mit sich selbst in Du-Form zu sprechen beeinflusst unser Handeln und unsere Leistung.

„Los, noch einen Kilometer. Du schaffst das!“ Das oder etwas Ähnliches wird sich schon so manch ein/e Marathonläufer/in auf den letzten Metern der Strecke gesagt haben. Forschende haben herausgefunden, dass circa 96% aller Erwachsenen regelmäßig mit sich selbst sprechen, meistens lautlos. Egal ob beim Lernen, zur Motivation beim Sport oder beim Durchgehen eines Textes vor einem wichtigen Vortrag, das Selbstgespräch hilft uns in so mancher Situation. Allerdings gibt es Unterschiede darin, wie Menschen mit sich selbst sprechen. Sie können dies aus der Ich-Perspektive tun, wie zum Beispiel eine junge Person, die über ihren schwierigen Mathehausaufgaben sitzt und sich denkt „Ich sollte das doch eigentlich können“. Eine andere Möglichkeit ist es, wie unser/e Marathonläufer/in im Eingangsbeispiel, in der Du-Form mit sich selbst zu sprechen. Während die Ich-Form häufig gebraucht wird, um die eigenen Gefühle oder Zustände zu beschreiben, sprechen wir in der Du-Form mit uns, um unsere Gefühle, Gedanken oder unser Verhalten zu regulieren, d.h. gezielt zu verändern. Dadurch erhoffen wir uns eine bessere Leistung. Auch der/die Marathonläufer/in sagt sich „Du schaffst das!“, um sich selbst zu motivieren und damit vielleicht schneller zum Ziel zu gelangen. 

Die beiden US-amerikanischen Forscherinnen Sanda Dolcos und Dolores Albarracin wollten herausfinden, ob es einen Unterschied für die tatsächliche Leistung macht, wenn man Selbstgespräche in Du- anstatt der Ich-Form führt. Hierzu führten die Forscherinnen eine Studie an 143 US-amerikanischen Studierenden durch. Diese wurden in drei Gruppen eingeteilt: Die „Du-Gruppe“, die „Ich-Gruppe“ und eine Kontroll­gruppe. Alle Teilnehmenden mussten sogenannte Anagrammaufgaben lösen. Anagramme sind Folgen von Buchstaben, aus denen man durch Umsortieren sinnvolle Wörter bilden kann. Die Teilnehmenden der „Du-Gruppe“ wurden zuvor aufgefordert, Ratschläge in Du-Form aufzuschreiben, die ihnen später beim Lösen der Anagrammaufgaben helfen sollten. Die Teilnehmenden der „Ich-Gruppe“ notierten ebenfalls Ratschläge, allerdings in der Ich-Form. Die Kontroll­gruppe löste einfach nur die Anagrammaufgaben. Im Anschluss wurden alle Teilnehmenden gefragt, wie gut ihnen die Anagrammaufgabe gefallen habe und wie gerne sie eine ähnliche Aufgabe bearbeiten würden.

  

Die Ergebnisse sprechen für die Annahmen der Forscherinnen. Im Vergleich zur „Ich-Gruppe“ zeigten Teilnehmende der „Du-Gruppe“  eine bessere Leistung beim Lösen der Anagramme und mochten  sowohl die Anagrammaufgaben lieber, wie auch den Gedanken eine ähnliche Aufgaben zu bearbeiten. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die bessere Leistung und die Motivation für zukünftige, ähnliche Aufgaben durch die positivere Einstellung zur Aufgabe bei Selbstgesprächen in Du-Form vermittelt werden.

Es zeigt sich also, dass Selbstgespräche in Du-Form unsere Einstellung gegenüber aktuellen, aber auch zukünftigen, ähnlichen Aufgaben verbessern und damit zu besseren Leistungen führen können. Unser/e Marathonläufer/in hat demnach genau die richtige Perspektive gewählt, um sich selbst zu motivieren und sollte auch beim nächsten Marathon wieder mit Freude mit von der Partie sein! Auch uns können die Er­kenntnisse dieser Untersuchung weiterhelfen. Probieren Sie doch auch mal bei der nächsten schwierigen oder unangenehmen Tätigkeit, sich durch Selbstgespräche in der Du-Form zu motivieren!

Dolcos, S., & Albarracin, D. (2014). The inner speech of behavioral regulation: Intentions and task performance strengthen when you talk to yourself as a You. European Journal of Social Psychology, 44(6), 636–642.

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