Ehrenamtliches Engagement fördern

- Anne Landhäußer –

Verbundenheit zu einer Organisation resultiert unter anderem aus dem Stolz auf die eigene Mitgliedschaft.

Jeder Dritte in Deutschland ist ehrenamtlich tätig – das belegt eine von der Bundes­regierung in Auftrag gegebene Studie zu bürgerschaft­lichem Engagement. Nun könnte man sich fragen: Warum nur jeder Dritte? Wir sind doch (fast) alle für Umweltschutz, für die Heilung von Kranken, für die Integration von Ausländern, für einen liebe- und respektvollen Umgang mit alten Menschen und ganz jungen – oder ganz allgemein: für eine bessere Welt. Warum belassen es so viele bei wohlproportionierten Spenden nach Naturkatastrophen oder einem Karteileichen-Dasein bei Greenpeace? Man könnte aber auch fragen: Was bringt jeden dritten Deutschen dann doch dazu, sich zu engagieren? Es gibt schließlich kein Geld dafür, und es kostet manchmal sogar – vor allem Zeit.

Eine Antwort auf diese zweite Frage geben Edwin Boezeman und Naomi Ellemers, die an der Universität Leiden in den Niederlanden forschen. Die beiden Psychologen weisen auf die Bedeutung eines Konzepts hin, das in ihrer Disziplin seit jeher eine große Rolle spielt: Commitment. Unter Commitment versteht man das Ausmaß der Identifikation einer Person mit einer Organisation, einer Clique oder sonstigen Gruppe von Menschen. Hohes Commitment signalisiert eine starke Verbundenheit mit dieser Gruppe, sowohl auf emotionaler Ebene (man fühlt sich wohl und aufgehoben) als auch auf normativer Ebene (die eigenen Werte stimmen mit den Werten der Gruppe überein). Laut Boezeman und Ellemers ist Commitment der Kleber, der eine Gruppe zusammen hält, denn wer „commitet“ ist, der fühlt sich den anderen gegenüber verantwortlich und engagiert sich für die Gruppe.

Damit wird Commitment zum Wirtschafts­faktor. Jeder Organisations­vorstand sollte sich letztlich nicht nur fragen, wie er Mitglieder gewinnen, sondern auch, wie er sie halten kann. Das gilt vor allem innerhalb solcher Organisationen, die sich von ihren Mitgliedern Engagement wünschen, dafür aber nicht bezahlen können. Bei Mitgliedern einer solchen Organisation fragten Boezeman und Ellemers nun genauer nach. Fast neunzig Personen, die auf freiwilliger Basis Spenden für die Krebsforschung sammeln, beantworteten einige Fragen zu ihrer Tätigkeit und ihrer Organisation. Ihre Antworten lassen auf Folgendes schließen: Es sind der Stolz auf die eigene Mitgliedschaft und der Respekt, der einem innerhalb der Organisation entgegengebracht wird, die zu einem hohen Commitment führen.

Die Forscher fanden mit ihrer Studie auch heraus, was gegeben sein muss, damit Stolz entsteht und Respekt wahrgenommen wird. Demzufolge sollten Vorstände ehrenamtlicher Organisationen dafür sorgen, dass ihre Mitglieder die große Bedeutung ihrer freiwilligen Arbeit erkennen. Nur so kann sich Stolz auf die Tätigkeit entwickeln. Respekt nehmen Ehrenamtliche dann wahr, wenn sie das Gefühl haben, innerhalb der Organisation sowohl in emotionaler als auch in praktischer Hinsicht – also bei ihrer Arbeit – Unterstützung zu finden.

Wer ehrenamtliches Engagement fördern möchte, sollte freiwilligen Helfern also immer mit einem offenen Ohr und der Bereitschaft zur Unterstützung begegnen. Außerdem sollte der besondere Wert der freiwilligen Arbeit betont werden. Dann bringt eine ehrenamtliche Tätigkeit nämlich nicht nur denjenigen etwas, denen sie gilt, sondern auch demjenigen, der sie ausführt: Stolz auf das eigene Tun und ein Gefühl der Verbundenheit mit der Gemeinschaft.

E. Boezeman & N. Ellemers (2008): Pride and respect in volunteers' organizational commitment. European Journal of Social Psychology, 38, 159–172.

© Forschung erleben 2008, alle Rechte vorbehalten

Zurück