Eine Stimme macht den Unterschied

- Jessica Russow & Kristin Schuka –

Wenn ein rassistischer Beitrag auf einer Online-Plattform offen konfrontiert wird, wird er von anderen Personen als anstößiger wahrgenommen und mit höherer Wahrscheinlichkeit gemeldet.

Soziale Medien sind aus unserem täglichen Leben kaum mehr wegzudenken. Auf der einen Seite geben uns Plattformen wie Facebook und Twitter die Möglichkeit uns auszutauschen, einen Einblick in das Leben anderer zu erhalten und unsere Gedanken zu teilen. Auf der anderen Seite sind rassistische Aussagen in sozialen Medien leider keine Seltenheit. Die richtige Reaktion auf solche Beiträge zu finden ist schwer. Denn oft sind solche Beiträge sehr subtil, vieldeutig oder gar als harmloser Witz getarnt. Im Prinzip gibt es immer zwei Möglichkeiten zu reagieren: ignorieren oder konfrontieren. Eine Konfrontation kann dabei unterschiedliche Ausmaße annehmen. Man kann versuchen, die Situation zu entschärfen, indem man beispielsweise ablenkt und andere Themen aufbringt (indirekte Konfrontation) oder man kann den Rassismus offen kritisieren (direkte Konfrontation).

Eine Konfrontation ist nicht nur für die Verfassenden des Beitrags, sondern auch für alle Lesenden sichtbar, dar­unter auch die von Rassismus betroffenen Personen. Beeinflusst die Konfrontation eines Beitrags, wie betroffene Personen den Rassismus im Internet wahrnehmen? Wie wird die konfrontierende Person wahrgenommen, und spielt es eine Rolle, auf welche Weise konfrontiert wird?

Ein Forschungs­team um Chanel Meyers widmete sich im Rahmen von drei Studien mit US-Amerikaner*innen asiatischer Herkunft diesen Fragen. Sie vermuteten, dass rassistische Online-Beiträge als anstößiger eingeschätzt und eher gemeldet werden, wenn diese direkt konfrontiert wurden. Weiterhin nahmen sie an, dass die Teilnehmenden konfrontierende Personen positiver bewerten als Personen, die den rassistischen Beitrag nur indirekt konfrontieren. Hierfür wurden den Teilnehmenden 16 nachgestellte Facebook Posts vorgelegt, die jeweils eine rassistische Aussage (z.B. „Ich will nicht in asiatischen Restaurants essen, die kochen doch alle Hunde.“) und begleitend einen direkt konfrontierenden Kommentar (z.B. „Unfassbar, dass du so etwas schreibst. Das ist einfach nur rassistisch.“) oder indirekt konfrontierenden Kommentar (z.B. „Es gibt genug andere Restaurants. Iss doch einfach woanders.“) enthielten. Anschließend sollte die Anstößigkeit der Aussagen eingeschätzt und die Einstellung gegenüber der konfrontierenden Person angegeben werden. Wie angenommen zeigte sich, dass die Online-Beiträge als anstößiger empfunden und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von den Teilnehmenden gemeldet wurden, wenn sich unter den Kommentaren zu dem Beitrag eine direkt konfrontierende Reaktion befand. Weiterhin wurden Personen, die den Rassismus direkt konfrontierten, positiver eingeschätzt.

Die Ergebnisse legen nahe, dass wir anderen Menschen signalisieren können, dass rassistisches Verhalten nicht akzeptabel ist, indem wir online auf solche Inhalte reagieren und die Verfassenden öffentlich zurechtweisen. Einen rassistischen Beitrag direkt zu konfrontieren braucht manchmal Überwindung. Doch die Studien­ergebnisse zeigen, dass wir dadurch nicht nur mit einer positiven Bewertung unseres Verhaltens belohnt werden, sondern, dass unsere Reaktion einen signifikanten Unterschied bewirken kann. Ein Kommentar kann bereits als hilfreicher Wegweiser dienen und andere für Rassismus in online Beiträgen sensibilisieren, sowie zu Gegenmaßnahmen motivieren. Mit einer direkten Konfrontation können wir damit Standards setzen für eine tolerantere online Kommunikation.

 

Myers, C. A., Leon, A. & Williams, A. (2020). Aggressive confrontation shapes perceptions and attitudes toward racist content online. Group Processes & Intergroup Relations, 23, 845–862. https://doi.org/10.1177/1368430220935974

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Sebastian Butz¹, Selma Rudert

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