Erklärt dem Krebs nicht den Krieg!

- Michael Wagner –

Die Verwendung der Metapher „Kampf gegen den Krebs“ kann die Motivation zu gesundheitlich sinnvollen Verhaltenseinschränkungen (z.B. den Verzicht auf Alkohol) verringern, obwohl diese wirksame Faktoren in der Krebsprävention darstellen.

Krebstherapie und Krieg haben einige Gemeinsamkeiten, so stehen beide Themen im Zusammenhang mit starkem Leid und berühren Fragen nach Leben und Tod. Es ist also nicht überraschend, dass im öffentlichen Diskurs zum Thema Krebsprävention häufig die Metapher „Krebs als Feind“ verwendet wird, dem es den Krieg zu erklären gilt. „Liebe das Leben. Bekämpfe den Krebs“, lautet beispielsweise der Slogan der niederländischen Krebs­gesellschaft. Im Allgemeinen helfen Metaphern dabei abstrakte Konzepte  durch konkrete Inhalte greifbar zu machen und haben einen Einfluss darauf, wie über ein abstraktes Konzept (hier: Krebsprävention) nachgedacht wird. Man kann nun vermuten, dass Empfänger/innen präventiver Ratschläge durch die Wahl von Kriegsmetaphern motiviert werden, aktive Verhaltensweisen umsetzen, die dazu dienen dem „Feind“ Krebs entgegenzutreten, wie z.B. jeden Tag mindestens 30 Minuten Sport zu treiben.

Doch neben aktiven Verhaltensempfehlungen, wie z.B. mehr Gemüse zu essen oder Sport zu treiben, sind bei der Krebsprävention auch Verhaltenseinschränkungen wichtig. Dar­unter fallen zum Beispiel Empfehlungen, wenig Alkohol zu trinken und nicht zu rauchen, die durch die Metapher vom Krebs als Feind allerdings weniger gut abgebildet werden. Die Forscher David Hauser und Norbert Schwarz vermuteten darum, dass Kriegsmetaphern die mentale Zugänglichkeit von verhaltenseinschränkenden Präventions­maßnahmen verringern, da diese inhaltlich nicht zur Metapher passen.

Um diese Annahme zu testen, führten die Forscher ein Experiment durch. Die Teilnehmenden lasen einen Text, der Informationen darüber enthielt, wie Krebs entstehen kann und welche Risikofaktoren relevant sind. Durch die Verwendung von Wörtern wie „feindseliges Wachstum“ wurde einer Hälfte der untersuchten Personen Krebs über eine Feindesmetapher präsentiert, der Kontroll­gruppe hingegen nicht. Im Anschluss sollten die Teilnehmenden eine Liste an Verhaltensabsichten anfertigen, die  ihre Chance an Krebs zu erkranken reduzieren würden. Bei der Auswertung der Listen wurden diese Absichten von unabhängigen Gutachtern den Kategorien Verhaltenseinschränkung und aktive Verhaltensempfehlung zugeordnet.

Im Vergleich zur Gruppe, der die Krebs­informationen neutral dargeboten wurden, produzierten die Teilnehmenden, denen der Text mit Feindesmetapher präsentiert wurde, wie erwartet weniger Ratschläge aus der Kategorie Verhaltenseinschränkung. Interessanterweise unterschieden sich die beiden Gruppen nicht hinsichtlich der Anzahl an aktiven Verhaltensempfehlungen.

Die Verwendung von kriegerischen Metaphern scheint sich dementsprechend nicht für die Vermittlung von präventiven Krebs­informationen zu eignen und kann sogar zu einer geringeren Zugänglichkeit wirksamer selbsteinschränkender Verhaltensabsichten  führen. In zwei weiteren Studien konnte zudem gezeigt werden, dass Kriegsmetaphern auch Intentionen für verhaltenseinschränkende Krebspräventions­maßnahmen negativ beeinflussen. Institutionen, die Präventions­ratschläge gegen Krebs verbreiten, sollten demzufolge überdenken, ob sie kampfbetonte Metaphern verwenden wollen – oder ob eine andere Metapher eine erfolgreichere Kampagne für die Krebsprävention verspricht.

Hauser, D. J., & Schwarz, N. (2015). The War on Prevention: Bellicose cancer metaphors hurt (some) prevention intentions. Personality and Social Psychology Bulletin, 41, 66–77. doi:10.1177/0146167214557006

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Selma Rudert*, Sebastian Butz

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