„Es ist echt anstrengend, immer so viel besser als andere zu sein“

- Vanessa Borytzka –

„Bescheidenheitsprahlen“ ist eine Form der Selbstdarstellung, bei der sowohl die Sympathie des Gegenübers gewonnen als auch Kompetenz vermittelt werden soll – oft bewirkt es jedoch genau das Gegenteil.

Egal ob im Bewerbungs­gespräch, beim ersten Date oder in Freundschaften – Selbstdarstellung ist allgegenwärtig und stellt eine soziale Fähigkeit dar. Menschen versuchen im Allgemeinen zwei Ziele durch Selbstdarstellung zu erreichen: Zum einen sind sie darum bemüht, von anderen gemocht zu werden; zum anderen möchten Menschen zeigen, zu welcher Leistung sie imstande sind. Da Prahlerei von vielen Menschen jedoch als unsympathisch wahrgenommen wird, gestaltet es sich oft schwierig, sowohl das eine als auch das andere Ziel simultan zu erreichen. Hier kommt das so genannte Humblebragging ins Spiel, eine Strategie die im Zeitalter von Facebook und Instagram immer häufiger genutzt zu werden scheint. Wenn auch die deutsche Übersetzung „Bescheidenheitsprahlen“ nicht ganz elegant klingt, beschreibt sie die dahinterliegende Strategie dennoch sehr gut: Prahlerei, maskiert in einer Beschwerde oder in falscher Bescheidenheit („Es ist echt anstrengend, immer so viel besser als andere zu sein“). In dieser Selbstdarstellungs­strategie wird die Möglichkeit gesehen, sowohl sympathisch zu erscheinen als auch die eigene Leistung zu betonen, indem selbstdarstellerische Aussagen durch eine Beschwerde oder falsche Bescheidenheit maskiert werden. Ist das Humblebragging also eine effektive Form der Selbstdarstellung?

Ein Forschungs­team um Ovul Sezer ist genau dieser Frage nachgegangen. Zur Über­prüfung wurden echte Humblebrags aus Twitter entnommen, die entweder durch eine Beschwerde getarnt waren (z.B. „Jetzt muss ich auch noch zu zwei Emmy-Awards gehen!!… Zwei Kleider?!?!“) sowie durch Bescheidenheit maskierte Humblebrags (z.B. „Ich habe eine Auszeichnung für meine Lehre erhalten?!?! #Waaas?)“. Zum Vergleich wurden direkte Prahlereien aus den Humblebrags konstruiert, beispielsweise „Ich gehe auf gleich zwei Emmy-Awards“ bzw. „Ich habe eine Auszeichnung für meine Lehre enthalten“. Anschließend wurden US-amerikanischen Studierenden entweder die Humblebrags aus einer der beiden Gruppen (Beschwerde oder Bescheidenheit) oder die entsprechenden direkten Prahlereien gezeigt. Die Studierenden sollten die Person, die hinter diesen Aussagen steht, hinsichtlich wahrgenommener Kompetenz, Sympathie und Ehrlichkeit bewerten.

Die Ergebnisse zeigten, dass im Vergleich zu direkter Prahlerei beide Formen des Humblebraggings mit weniger Sympathie sowie mit geringerer wahrgenommener Kompetenz einhergingen. Obwohl direkte Prahlereien in Kompetenz und Sympathie insgesamt ebenfalls keine positive Bewertung erzielten, wurden diese Aussagen im Vergleich zu Humblebrags als ehrlicher empfunden. Dieser Befund spiegelt die Rolle wahrgenommener Ehrlichkeit im Zusammenhang mit Selbstdarstellungs­strategien wider: Laut dem Forschungs­team macht die wahrgenommene Unehrlichkeit Humblebragging zur noch ineffektiveren Selbstdarstellungs­strategie als direkte Prahlerei. Am Ende ist es schließlich Ehrlichkeit, die zählt.

Sezer, O., Gino, F. & Norton, M. I. (2018). Humblebragging: A distinct—and ineffective—self-presentation strategy. Journal of Personality and Social Psychology, 114, 52–74. doi: 10.1037/pspi0000108

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Selma Rudert¹, Thomas Dyllick

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