Fotos für Facebook und Instagram schießen oder den Urlaub genießen?
„Sommerurlaub 2018“ – So nennen Julia und Tim nicht ihr privates Fotoalbum, sondern das öffentliche Facebook-Album, in dem sie Bilder ihres gemeinsamen Urlaubs auf Sylt hochladen, um sie mit anderen zu teilen. Sie posten Fotos von sich am Strand, auf einem Schiff und vor dem Hotelbuffet, und andere können die Fotos betrachten und kommentieren.
Ein Erinnerungsfoto ist schnell geschossen und gibt uns die Möglichkeit, uns auch Monate nach dem Ereignis wieder an den Moment zu erinnern. Zudem ermöglicht es uns, unser Erlebnis mit anderen zu teilen. Dies ist vor allem in Zeiten von Facebook und Instagram bereits während des Ereignisses möglich. Mit wenigen Klicks ist das Foto sofort in ein soziales Netzwerk geladen. Ein Forschungsteam um Alixandra Barasch stellte sich nun die Frage, wie sich diese unterschiedlichen Absichten beim Fotografieren auf das Erleben des Ereignisses auswirken. Dabei vermuteten die Forschenden, dass wir eine Erfahrung weniger genießen können, wenn wir uns währenddessen vornehmen, sie im Anschluss mit anderen Menschen zu teilen, als wenn wir sie für unser privates Fotoalbum festhalten wollen.
In einer ersten Studie wurden Studierende gebeten, während der Weihnachtszeit in ihrer Heimat Fotos zu machen. Der Hälfte der Studierenden wurde erklärt, dass sie diese Fotos für ein persönliches Fotoalbum machen sollen. Die andere Hälfte sollte die Fotos für ein öffentliches Facebook-Album machen. Zwei Tage nach dem Weihnachtsfest machten alle Studierenden Angaben dazu, wie viel Spaß sie an ihrem „Weihnachtsfotos-Erlebnis“ hatten.
Es zeigte sich, dass Studierende, die die Fotos angeblich für ein öffentliches Album gemacht hatten, weniger Freude an dem Erlebten berichteten.
In weiteren Studien konnte gezeigt werden, dass dieser Effekt vor allem dadurch zustande kommt, dass Personen, die vorhaben ihre Fotos zu teilen, sich vermehrt darum sorgen, den Bewertungen anderer Menschen ausgesetzt zu sein und sich vor diesen besonders gut darstellen möchten. Diese Sorge kann dazu führen, dass man nicht mehr ganz und gar im Moment verweilt, sondern sich mehr Gedanken darüber macht, wie die Fotos von anderen Personen wahrgenommen werden und als Folge dessen das eigentliche Ereignis weniger genießt. Dieser Effekt hängt unter anderem von dem Publikum ab, für welches die Fotos gemacht werden. So scheint der Druck, im wahrsten Sinne des Wortes ein gutes Bild abgeben zu müssen, gegenüber Menschen, die uns nahestehen, geringer zu sein. Ebenfalls spielen persönliche Eigenschaften eine wichtige Rolle. Haben wir ein starkes Bedürfnis, uns gut darzustellen, so steigt der Druck ein gutes Bild zu liefern und die Freude an dem Erlebten ist geringer, wenn das Bild mit anderen geteilt werden soll.
Wenn wir also vorhaben, unsere Erfahrungen im Nachhinein mit anderen zu teilen und somit davon ausgehen müssen, in Bezug auf unser Erlebtes beurteilt zu werden, verweilen wir weniger im Moment und genießen unser Erleben weniger. Ganz anders, wenn wir die Fotos nur für uns selbst machen: Dies kann sogar dazu führen, dass wir mehr Spaß an positiven Ereignissen haben, da wir stärker in das Erlebnis „eintauchen“.
Mit diesem Wissen werden Julia und Tim vielleicht bewusst die nächsten Urlaubsfotos für ein eigenes, privates Album machen um mehr in ihr Erlebnis einzutauchen und es mehr genießen zu können.
Barasch, A., Zauberman, G., & Diehl, K. (2017). How the intention to share can undermine enjoyment: Photo-taking goals and evaluation of experiences. Journal of Consumer Research, 44, 1220-1237. doi: 10.1093/jcr/ucx112
Redaktion und AnsprechpartnerIn*: Selma Rudert*, Matt Keller
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