Geld als Quelle der Stärke und Zuversicht

- Rainer Greifeneder –

Gedanken an Geld reduzieren soziale und körperliche Schmerzen.

Während man früher ein Schwein gegen ein Wagenrad oder Kohl gegen Kräuter tauschte, bekommt man heute für das Schwein und den Kohl Geld, und mit dem Geld kann man das Wagenrad und die Kräuter kaufen. Geld ist eine universale Austauschwährung, die aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Doch Geld hat offensichtlich nicht nur eine ökonomische Funktion, sondern ist auch Quelle der Stärke und Zuversicht, die soziale und körperliche Schmerzen lindert. Dafür muss man das Geld nicht einmal besitzen – allein der Gedanke daran genügt. Ein Forschungs­team um Xinyue Zhou erklärt dies damit, dass Geld unser Vertrauen darin bestärkt, Probleme seien grundsätzlich lösbar.

In einer Studie mussten die Teilnehmenden entweder 80 Papierstreifen oder 80 Einhundert-Dollar-Noten zählen. Das Zählen der Geldnoten sollte Gedanken an Geld auslösen, das Zählen der Papierstreifen nicht. Anschließend wurde den Teilnehmenden entweder das Gefühl vermittelt, Teil einer Gruppe zu sein, oder aber von einer Gruppe ausgegrenzt zu werden. Für die meisten Menschen ist es wichtig, Teil einer Gruppe zu sein, so dass es schmerzt, wenn man nicht dabei ist. Dieser Schmerz war jedoch weniger stark ausgeprägt, wenn die Teilnehmenden zuvor Geld gezählt hatten. Gleiches fand sich auch für den Schmerz, der mit dem Eintauchen der Hand in 50-Grad heißes Wasser einhergeht. Nachdem Geld gezählt worden war, wurde das heiße Wasser als weniger schmerzhaft erlebt als nach dem Zählen von Papier.

In den Studien der Forschungs­gruppe minderten Gedanken an Geld den Schmerz. Doch wie sieht es aus, wenn die Gedanken an Geld nichts mit Besitz, sondern mit Verlust zu tun haben? Verstärken Gedanken an einen monetären Verlust Schmerzen, weil die eigene Stärke und Zuversicht dann geringer sind? Zur Prüfung dieser Frage mussten die Teilnehmenden kein Geld zählen, sondern entweder die Ausgaben der letzten 30 Tage auflisten oder aber über das Wetter der letzten 30 Tage schreiben. Die Auflistung der Ausgaben sollte Gedanken an Verlust oder fehlendes Geld hervorrufen, die Beschreibung des Wetters nicht. Nachdem über die Ausgaben geschrieben worden war, empfanden die Teilnehmenden den Gruppen­ausschluss und das heiße Wasser als schmerzhafter. Das Forschungs­team argumentiert, dass mit dem Geld auch eine Quelle der Stärke und Zuversicht fehlt und daher Schmerzen aller Art als stärker wahrgenommen werden.

In unserer Kultur hat Geld eine herausragende Bedeutung. Es ist Austausch- und Machtmittel, mit dem man alles kaufen und erreichen kann. Vielleicht gerade wegen dieser besonderen Bedeutung hat Geld für uns aber offenbar nicht nur eine ökonomische Funktion, sondern auch eine psychologische. Gedanken an Geld bestärken das Vertrauen darin, dass Probleme gelöst werden können. Ausgestattet mit solcher Zuversicht lassen sich anscheinend soziale und körperliche Schmerzen besser ertragen, und das auch, wenn man das Geld nicht tatsächlich besitzt, sondern nur daran denkt.

Zhou, X., Vohs, K. D., and Baumeister, R. F. (2009). The symbolic power of money: Reminders of money alter social distress and physical pain. Psychological Science, 20(6), 700–706.

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