Gemüsemuffel ade! – Belohnung gegen den Gemüsefrust?!

- Ann-Kristin Wagner –

Wenn Kinder ein bestimmtes Gemüse nicht mögen, können das vermehrte Anbieten des Gemüses sowie Belohnungen die Akzeptanz und den Konsum des Gemüses steigern.

Was haben Sie als Kind am liebsten gegessen? Diese Frage dürften die wenigsten mit „Gemüse“ beantworten. Dieses Problem ist jedoch kein neues, vor allem nicht für Eltern. Um den lieben Kleinen das verschmähte Lebens­mittel schmackhaft zu machen, unternehmen Eltern vielerlei Versuche: So tun, als ob sich im Essen gar kein Gemüse befände, den Kindern einen Nachtisch oder eine andere Belohnung anbieten, wenn sie nur endlich das Gemüse probieren… Aber hilft das?

Frühere Studien wiesen immer wieder auf das Problem hin, dass Belohnungen langfristig einen negativen Effekt auf das Ess­verhalten haben können. Durch Belohnungen sollte demnach das eigene, innere Bestreben der Kinder, Gemüse zu probieren und als positiv zu bewerten, abnehmen. Ist der Einsatz von Belohnungen also falsch?

Der Frage, ob Belohnungen tatsächlich einen solchen negativen Effekt haben, ging das Forschungs­team um Lucy J. Cooke am Universitäts­college in London nach. Das Team untersuchte, ob und wie sich Belohnungen auf die Beliebtheit und den Konsum von Gemüse bei Kindern auswirken.

An der Studie nahmen 422 Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren teil. Jedes Kind wurde gebeten, ein kleines Stück eines Gemüses zu probieren, das es bisher eher abgelehnt hatte. Anschließend sollte es bewerten, wie lecker oder eklig das Gemüse war. Danach durften die Kinder so viel von dem Gemüse essen, wie sie mochten, die gegessene Menge wurde abgewogen. Für das Probieren erhielten die Kinder entweder einen Sticker als materielle Belohnung, ein Lob als soziale Belohnung oder keine Belohnung. Diese Probiersitzungen wurden vierzehn Tage lang regelmäßig wiederholt. Am letzten Termin sowie mehrere Monate später wurde erhoben, wie sich die Beliebtheit und der Konsum des Gemüses verändert hatten, ohne dass die Kinder weiterhin Belohnungen erhielten.

Die Ergebnisse zeigen, dass das wiederholte Anbieten eines zunächst nicht gemochten Gemüses die Akzeptanz gegenüber diesem Gemüse steigern kann. In allen Gruppen stieg die Beliebtheit des Gemüses über die Zeit an und zum Schluss wurde deutlich mehr davon gegessen als zu Beginn. Die konsumierte Menge an Gemüse stieg jedoch am stärksten in den beiden Gruppen, die eine Belohnung für das Probieren erhalten hatten. Am besten schnitt hier die Gruppe mit materieller Belohnung ab. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass sich Belohnungen auch längerfristig positiv auf die Beliebtheit und den Konsum von Gemüse auswirken.

Belohnungen sollten jedoch nur bei Gemüsesorten eingesetzt werden, die das Kind wirklich nicht mag. Andernfalls kann es dazu kommen, dass ein eigentlich gemochtes Gemüse nur noch in Zusammenhang mit einer Belohnung gegessen wird. Außerdem sind Lebens­mittel wie beispielsweise Süßigkeiten als Belohnungen ungeeignet, da diese die Vorliebe für das als Belohnung eingesetzte Lebens­mittel erhöhen können.

In besonders hartnäckigen Fällen darf also durchaus zu Belohnungen als Hilfsmittel gegriffen werden. In jedem Fall aber gilt das Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein. Wer seinem Kind immer wieder das Gemüse anbietet, kann bereits so zu einer Steigerung von Beliebtheit und Konsum des Gemüses beitragen.

Cooke, L. J., Chambers, L. C., Añes, E. V., Croker, H. A., Boniface, D., Yeomans, M. R., & Wardle, J. (2010). Eating for pleasure or profit: The effect of incentives on children’s enjoyment of vegetables. Psychological Science, 22(2), 190–196.

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