Geschlechts­spezifische Schönheitsideale spiegeln sich auf Gehaltszetteln wider

- Axel Burger –

Bei Arbeitnehmern lässt sich ein Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Einkommen feststellen.

Täglich werden wir in den Medien mit Bildern schöner Menschen konfrontiert. Untersuchungen zeigen, dass die so vermittelten Schönheitsideale im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer extremer geworden sind. Besonders in Bezug auf Körpergewicht macht das in westlichen Kulturen bestehende Schönheitsideal strenge Vorgaben.

Die Forscher Timothy Judge (University of Florida) und Daniel Cable (London Business School) sind der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen es für Arbeitnehmer­Innen haben kann, gültigen Schönheitsidealen nicht zu entsprechen. Sie haben untersucht, ob sich bei berufstätigen Menschen ein Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Einkommen feststellen lässt und inwiefern dieser Zusammenhang geschlechts­spezifische Schönheitsideale widerspiegelt. Die Forscher nutzten für ihre Analysen die Daten groß angelegter Befragungen, bei denen deutsche und amerikanische Arbeitnehmer­Innen Angaben über ihr Einkommen und ihr Körpergewicht gemacht hatten.

Dabei ließ sich ein klarer Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Einkommen feststellen, und zwar unabhängig vom sozialen Status, der allgemeinen Gesundheit und der Ausbildung der Arbeitnehmer­Innen. Besonders interessant ist dabei, dass dieser Zusammenhang ein unterschiedliches Muster für Männer und Frauen aufwies.

Bei Frauen war ein negativer Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Einkommen zu beobachten, d.h. je höher das Körpergewicht war, desto geringer fiel das Einkommen aus. Diese Tendenz war vor allem im Bereich unterhalb des durchschnittlichen Körpergewichts besonders stark ausgeprägt. Dieser Befund entspricht dem, was die Forscher aufgrund des bestehenden Schönheitsideals für Frauen erwartet hatten: Sehr schlanke Frauen, die dem extremen Schönheitsideal sehr nahe kommen, sind selten, fallen positiv auf und werden mit höherem Einkommen belohnt.  Je weiter das Körpergewicht jedoch bereits vom Idealbild abweicht, desto weniger wirkt sich jedes weitere Kilo auf das Gehalt aus.

Bei Männern hingegen war ein positiver Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Einkommen festzustellen:  je höher das Körpergewicht, desto höher das Einkommen. Dieser Zusammenhang kehrte sich jedoch um, wenn das Körpergewicht die Grenze zu Übergewicht überschritt. Auch dieses Muster entspricht dem, was die Autoren aufgrund des bestehenden Schönheitsideals erwartet hatten: Sehr schlanke Männer weichen stark vom Schönheitsideal des muskulösen männlichen Körpers ab, werden eher negativ wahrgenommen und bekommen tendenziell niedrigere Gehälter. Gewichtszunahmen bis zur Grenze zu Übergewicht werden als positiv wahrgenommen und gehen mit höherem Einkommen einher. Starkes Übergewicht wird jedoch auch bei Männern negativ beurteilt  daher mit einem geringeren Gehalt bestraft.

Wie diese Ergebnisse zeigen, besteht ein Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Einkommen. Obwohl man anhand dieser Daten nicht eindeutig bestimmen kann, welche Mechanismen diesen Zusammenhang erzeugen, sprechen die Ergebnisse stark dafür, dass geschlechts­spezifische Schönheitsideale eine wichtige Rolle spielen… dabei sollten beim Gehalt doch eigentlich Leistung und Kompetenz zählen.

Judge, T. A. & Cable, D. M. (in press). When it comes to pay, do the thin win? The effect of weight on pay for men and women. Journal of Applied Psychology.

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